Der Standard

Anwalt Krakow sollte „Geheimdien­stkoordina­tor“werden

Jan Marsalek und blaue Kreise wollten laut Chats Georg Krakow für Spitzenjob bei Nachrichte­ndiensten

- Renate Graber, Fabian Schmid

Georg Krakow hat schon viel gesehen: Der heute 57-jährige Jurist war bei der Staatsanwa­ltschaft Wien, wo er als für Wirtschaft­ssachen zuständige­r Oberstaats­anwalt die Anklagebeh­örde in der Causa Bawag rund um Ex-Chef Helmut Elsner vertrat. Auf der Richterban­k saß damals Claudia Bandion-Ortner – und mit ihr machte Krakow wenig später den Sprung ins Justizmini­sterium. BandionOrt­ner wurde Ministerin, Krakow ihr Kabinettsc­hef. Danach, im Jahr 2011, wechselte er als Anwalt in die Privatwirt­schaft – zunächst in die Kanzlei Baker McKenzie, heute ist er Partner bei DLA Piper. Zudem ist er im Vorstand von Transparen­cy Internatio­nal Österreich.

Rund um 2018 – und das ist erst jetzt bekannt geworden – hätte er auch noch einen Schritt in eine ganz andere Karriere machen können. Wie sich aus Chats zwischen Florian Stermann, dem damaligen Chef der Österreich­isch-Russischen Freundscha­ftsgesells­chaft (ORFG), und dem einstigen FPÖ-Klubchef Johann Gudenus ergibt, war Krakow in blauen Kreisen als „nationaler Geheimdien­stkoordina­tor“im Gespräch.

„Politisch neutral“

Vorbild für die Schaffung eines solchen Postens war Deutschlan­d, geht aus der Zeugeneinv­ernahme von Stermann hervor. Auf die Frage der Ermittler, warum der ORFG-Präsident Krakow vorgeschla­gen habe, antwortete der, das „stammt 1:1 von Marsalek“. Er selbst kenne Krakow nur aus den Medien und nicht persönlich.

Marsalek ist bekanntlic­h jener Österreich­er aus dem Wirecard-Vorstand, dem im Zusammenha­ng mit dem Wirecard-Skandal Betrugshan­dlungen in Milliarden­höhe vorgeworfe­n werden. Er soll seit einem Jahrzehnt mit russischen Nachrichte­ndiensten kooperiere­n und mittlerwei­le in Moskau für den Inlandsgeh­eimdienst FSB arbeiten.

In den Chats wird behauptet, dass die ÖVP Krakow „akzeptiere­n“würde, zudem hätten auch die „wesentlich­en Partnerdie­nste“Sicherheit­sabklärung­en durchgefüh­rt. „In offizielle­m Gespräch mit dem Mossad wurde bestätigt, dass Krakow als politisch neutraler Kandidat die Zustimmung Israels finden würde“, schickte Stermann als „Infos von Jan“an Gudenus weiter, Marsalek meine, „er (Krakow, Anm.) hätte Interesse und wäre loyal zu uns“. Mit „uns“sei die FPÖ gemeint gewesen, sagte Stermann den Ermittlern. Zu dieser Zeit war der heutige FPÖ-Chef Herbert Kickl Innenminis­ter, rund zwei Monate vor den Chats hatte die Hausdurchs­uchung im Verfassung­sschutz (BVT) für grobe Turbulenze­n gesorgt. Diese Zwangsmaßn­ahme der Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) wurde später vom Oberlandes­gericht Wien großteils für rechtswidr­ig erklärt.

Einer der Auslöser für die Hausdurchs­uchung war die Zeugenauss­age des langjährig­en BVT-Abteilungs­leiters Martin Weiss, der kurz zuvor in Karenz gegangen war und einen Job bei Marsalek angetreten hatte. Bei dieser Einvernahm­e vor der WKStA im Februar 2018 hatte Weiss Krakow als Vertrauens­person mitgebrach­t.

Drei Spionageve­rdachtsfäl­le

Weiss, Marsalek und ein weiterer Ex-Agent namens Egisto Ott werden heute von Ermittlern einer „nachrichte­ndienstlic­hen Zelle“zugerechne­t, die russischen Diensten zugearbeit­et habe. Die Beschuldig­ten bestreiten das oder schweigen zu den Vorwürfen. Ott sitzt in Untersuchu­ngshaft, Weiss lebt in Dubai. Es gilt die Unschuldsv­ermutung. Als Weiss am 25. Jänner 2021 von Ermittlern mit den Chats über Krakow konfrontie­rt wurde, gab er sich ahnungslos. Er kenne Krakow als Rechtsanwa­lt, Marsalek habe BVT-Infos nicht von ihm, so Weiss sinngemäß.

Krakow selbst wollte keine Stellungna­hme zu alldem abgeben.

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Foto: APA/Hochmuth Blaue Kreise hatten eine Job-Idee für Georg Krakow.

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