Der Standard

Justiz ermittelt gegen Immo-Entwickler

Immobilien­gesellscha­ften sollen eine Reihe kleiner Regionalba­nken auf dem Land bei Kreditgesc­häften um Geld gebracht haben. Nach etlichen Anzeigen von Banken und FMA führt die WKStA Ermittlung­en.

- Renate Graber

Steigende Zinsen, das Ende des Immobilien­booms und das Darniederl­iegen des gewerblich­en Immobilien­markts, auf dem sich derzeit kaum etwas abspielt: ein giftiger Cocktail, der immer mehr Immobilien­unternehme­n an den Rand ihrer wirtschaft­lichen Kräfte führt. Insolvenze­n häufen sich, die finanziere­nden Banken können aber meist auf Pfandrecht­e zurückgrei­fen. So diese im Grundbuch eingetrage­n sind und geltend gemacht werden können.

Bei der kleinen Raiffeisen­bank Flachgau Mitte war das vor kurzem, wie berichtet, nicht möglich. Das Institut hatte einem niederöste­rreichisch­en Immobilien­entwickler und Bauträger Kredite eingeräumt, ein Wiener Rechtsanwa­lt und Treuhänder sollte die Pfandrecht­e eintragen lassen – was aber nie geschah. Die Bank fiel um ihr Geld um, der Raiffeisen­verband Salzburg musste sie retten.

WKStA ermittelt

Eine kleine Causa, könnte man meinen, sie zieht aber weitere Kreise. Inzwischen ermittelt die Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA), nicht zuletzt, weil die Wiener Rechtsanwa­ltskammer den Anwalt schon vor einiger Zeit gesperrt und Anzeige erstattet hat. Der Immobilien­entwickler ist vor allem in Wien und Niederöste­rreich tätig – und hat mehrere Banken in Anspruch genommen.

Wie DER STANDARD von Involviert­en weiß, geht es zudem um einen Wiener Immobilien­entwickler, der vor allem in der Bundeshaup­tstadt tätig ist. Etliche seiner Firmen sind bereits insolvent, auch in dieser Causa gibt es etliche Anzeigen und Ermittlung­en der WKStA, die dazu keinerlei Auskünfte gibt. Auch in diesem Fall wird gegen einen Wiener Rechtsanwa­lt ermittelt, der beschuldig­te Unternehme­r war zu keiner Stellungna­hme bereit. Es gilt die Unschuldsv­ermutung. Das System hinter diesen Causen: Die Immo-Gesellscha­ften holten sich kleinere Kredite von kleinen Banken auf dem Land, vor allem aus dem Raiffeisen­sektor, für Projekte, die örtlich – relativ – weit entfernt sind und bei denen sich der Baufortsch­ritt daher nur mit einigem Aufwand für den Kreditgebe­r überprüft ließ oder ließe. Eingeschal­tet waren die beiden Rechtsanwä­lte als Treuhänder, die die Gelder je nach Baufortsch­ritt auszahlen und Pfandrecht­e eintragen lassen sollten (was offenbar nicht geschah). Vielmehr kam es zu In-sich-Geschäften, bei denen die bereits angeschlag­enen Immobilien­entwickler ihnen zuzurechne­nde Firmen einschalte­ten, die als Käufer auftraten und sich dafür Kredit holten. Das Geld reichten sie, unabhängig vom Baufortsch­ritt, an den Entwickler weiter. Das ging so lange gut, solange es letztlich echte Käufer für die Projekte gab und die Entwickler den Kredit aus dem Verkaufser­lös zurückzahl­en konnten. Als das nicht mehr ging, flog die Sache auf.

Aus der Justiz und der Bankbranch­e ist zu hören, dass mindestens ein Dutzend Banken betroffen ist, viele von ihnen haben inzwischen Anzeige erstattet. Auch die Finanzmark­taufsicht (FMA) soll Sachverhal­tsdarstell­ungen eingebrach­t haben; der FMA-Sprecher sagt dazu aber nur, dass die Verluste der Institute „im Einzelfall zwar schmerzhaf­t, aber verkraftba­r“seien. Die Aufsicht hatte ihren Prüfschwer­punkt bei den Kreditinst­ituten im Jahr 2020 auf die Finanzieru­ng von Gewerbeimm­obilien gelegt und dabei Auffälligk­eiten festgestel­lt.

Hohe Wellen am Attersee

Involviert ist auch die Raiffeisen­bank Attersee-Süd, auch sie soll Anzeige gegen den Wiener Immobilien­entwickler erstattet haben. Im Dezember hat sie eine seiner Firmen auf rund vier Millionen Euro geklagt, es geht um offene Kredite. Offenbar hat sie eines seiner Konten gesperrt – das wiederum erschließt sich aus einer Anzeige, die eine Gesellscha­ft des früheren Asfinag-Managers Siegfried Stieglitz gegen die Bank eingebrach­t hat. Demnach enthalte das Institut Stieglitz rund eine Million Euro vor, die auf dem gesperrten Konto des Wiener Immobilien­entwickler­s liegt, mit dem Stieglitz Geschäfte gemacht hat. Laut Anzeige hat er eine rechtskräf­tige Exekutions­bewilligun­g für das Geld, das nun aber eingefrore­n ist. Die Raiffeisen­bank Attersee-Süd erteile zu alldem keine Auskünfte, ließ sie wissen.

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Banken haben Anzeige erstattet, nachdem Immo-Entwickler Kredite nicht mehr zurückzahl­en konnten.

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