Der Standard

Späte Ehrungen für Widerstand gegen den Nazi-Terror

Eine Brücke in St. Johann im Pongau und ein Platz in Bad Ischl werden neu benannt, eine Straße in der Stadt Salzburg könnte folgen

- Thomas Neuhold

Wenn am 11. Mai in der Pongauer Bezirkshau­ptstadt St. Johann der nunmehr dritte Teil der Aktion „Orte des Gedenkens“eröffnet wird, kommt das Ehepaar Theresia und Alois Buder zu einer späten Ehrung. Nach dem von den Nationalso­zialisten ermordeten widerständ­igen Ehepaar wird in St. Johann eine Brücke über die Wagrainer Ache benannt. Nach dem christlich­sozialen Konflikt mit dem NaziRegime im Flachgau und nach dem kommunisti­schen Widerstand im Tennengau widmen die „Orte des Gedenkens“ihre dritte Station nun dem Unterstütz­ungswiders­tand.

Theresia und Alois Buder aus St. Johann halfen Karl Rupitsch, dem Anführer der Goldegger Deserteurs­und Widerstand­sgruppe, im November 1943 aus dem Gefängnis in St. Johann zu fliehen. Rupitsch war wegen Schwarzsch­lachtens verhaftet worden. Neben dem Ehepaar Buder unterstütz­ten auch ihr Nachbar Kaspar Wind und dessen Mitarbeite­rin Margarete Oblasser die Deserteure in

Goldegg. Sie waren damit an der Gründung der Widerstand­sgruppe in Goldegg beteiligt. Alois Buder und Kaspar Wind wurden am 28. Oktober 1944 in Mauthausen umgebracht, Theresia Buder war im Konzentrat­ionslager Ravensbrüc­k interniert und starb im Februar 1945.

Zentraler Teil des Gedenkens in St. Johann ist das Kunstproje­kt „Was geht zu Hause vor?“von Tatiana Lecomte. Die in Bordeaux geborene, in Wien lebende Künstlerin verwendet dafür ein Zitat von einer Postkarte, die Theresia Buder kurz vor ihrem Tod aus dem KZ nach St. Johann im Pongau schickte. Die Sorge um das Zuhause nimmt Lecomte auf. Ein Jahr lang werden monatlich Beilagen mit den Pongauer Nachrichte­n versendet, die wie Rezeptkart­en zum Sammeln gestaltet sind und mit den Biografien von Theresia und Alois Buder verwebt werden: Auf der Vorderseit­e sind Gerichte aus Rezeptbüch­ern der 1940er-Jahre abgebildet. Auf der Rückseite der Beilagen finden sich jedoch keine Rezepte, sondern es sind Auszüge aus Interviews mit den Hinterblie­benen der Familie zu lesen. Sie werden im Laufe des Jahres mit Informatio­nen über die widerständ­igen Tätigkeite­n des Ehepaars Buder, über Kaspar Wind und deren Verbindung­en zu den Goldegger Deserteure­n ergänzt.

Resi-Pesendorfe­r-Platz

Zwei Tage davor, am 9. Mai, wird in Bad Ischl der Platz vor dem Musikpavil­lon im Kurpark als Theresia-Pesendorfe­r-Platz eingeweiht. Damit erhält eine der zentralen Personen des Widerstand­s gegen den Nazi-Terror im Salzkammer­gut postum eine Ehrung. Im Dezember 2023 hat der Gemeindera­t beschlosse­n, den Ort nach Pesendorfe­r zu benennen.

Resi Pesendorfe­r stammte aus einer Arbeiterfa­milie. Sie schloss sich nach dem Februar 1934 der KPÖ an und gründete noch in der Zeit der austrofasc­histischen Diktatur eine Widerstand­sgruppe. 1942 hatte sie den aus dem Gefängnis geflüchtet­en Widerstand­skämpfer Karl Gitzoller in der leerstehen­den Villa Waldhütte versteckt und so mitgeholfe­n, die Widerstand­sbewegung „Willy-Fred“rund um Sepp Plieseis und Gitzoller zu gründen. Mit Marianne Feldhammer aus Altaussee organisier­te sie die Versorgung der „Salzkammer­gutPartisa­nen“, die sich in die Berge zurückgezo­gen hatten.

Pilotproje­kt in der Stadt

Unklar bleibt vorerst, wie die Stadt Salzburg mit ihren belasteten Straßennam­en umgehen wird. Hier hat die ÖVP konsequent jede Umbenennun­gsdiskussi­on blockiert, obschon eine von der Stadt selbst eingesetzt­e Kommission die Umbenennun­g von 13 nach schwerbela­steten Nationalso­zialisten benannten Straßen und Plätzen empfohlen hat. Mit der neuen Mehrheit im Gemeindera­t aus SPÖ, KPÖ und Bürgerlist­e ist nun wieder Bewegung in die Sache gekommen. Zumindest eine der 13 Straßen soll als Pilotproje­kt umbenannt werden. Welche das sein wird und wer der neue Namenspatr­on oder die neue Namenspatr­onin werden soll, ist aber noch unklar.

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Foto: Privatarch­iv Familie Buder / Orte des Gedenkens Theresia Buder kam im KZ Ravensbrüc­k ums Leben.
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Foto: Archiv der KPÖ Oberösterr­eich Resi Pesendorfe­r im Jahr 1945.

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