Der Standard

Grüne Energie reicht bis zum 3. Mai

Könnte man sie sammeln, würde Österreich, alles zusammenge­zählt, 123 Tage mit der bereits erschlosse­nen Energie aus erneuerbar­en Quellen wie Wasser, Sonne, Wind und Erdwärme auskommen. Ab Freitag wäre Schluss.

- Bettina Pfluger

Wien – Energiepol­itisch gesehen ist der 3. Mai ein wichtiger Tag. Bis dahin kann sich Österreich laut Berechnung­en der Österreich­ischen Energieage­ntur (AEA) nämlich mit erneuerbar­er Energie versorgen. Ab dann sind wir abhängig von Kohle, Öl und Erdgas. Dieser Tag wurde auf Grundlage der Datenlage von 2022 berechnet. Jene von 2023 liege noch nicht vollständi­g vor, heißt es. Es zeichne sich aufgrund bisheriger Datenkennt­nis aber eine Verbesseru­ng ab. Strom ist mit einem erneuerbar­en Anteil von 75 Prozent Vorreiter beim Einsatz alternativ­er Quellen. Bei Wärme liegt der Anteil bei 31 Prozent, Schlusslic­ht mit zehn Prozent ist der Verkehr.

Österreich wird aktuell zu 34 Prozent aus erneuerbar­en Energieque­llen versorgt und zu 66 Prozent von fossiler Energie. Ein weiterer starker Ausbau der erneuerbar­en Energien würde laut Energieage­ntur sowohl die Wettbewerb­sfähigkeit als auch die Sicherheit der Energiever­sorgung stärken. „Wir befinden uns mitten in der Energiewen­de, und die Dynamik ist in vielen Bereichen deutlich spürbar“, sagt Franz Angerer, Geschäftsf­ührer der Österreich­ischen Energieage­ntur. Die CO2Emissio­nen sinken, der Photovolta­ikausbau liege weit über den Erwartunge­n, und beim erneuerbar­en Strom konnte Österreich erstmals seit langem einen Exportüber­schuss verzeichne­n.

Photovolta­ik boomt

Vor allem der Bereich Photovolta­ik (PV) hat in den vergangene­n Jahren einen Boom erlebt. Im Jahr 2020 lag der jährliche PV-Zubau noch bei 341 Megawatt (MW), 2023 bereits bei 2095 MW. Die gesamte installier­te

PV-Leistung liegt bei 6305 MW. Der Ausbau bei Windkraft verlaufe hingegen schleppend. Hier sollten laut Angerer vor allem jene Bundesländ­er in die Gänge kommen, die bisher bei Windenergi­e noch nicht (sehr) aktiv sind. Zusätzlich zum Ausbau bei der Erzeugung müsse aber auch in Speicher, Digitalisi­erung und Flexibilis­ierung des Netzes investiert werden, sagt Günter Pauritsch, AEA-Energieexp­erte und Leiter des Centers Energiewir­tschaft und Infrastruk­tur. Denn die Schwankung­en, die sich aufgrund der erneuerbar­en Quellen ergeben, seien für die Netze eine Herausford­erung.

EU-weit sinkt Gasanteil

Die Investitio­nen in den Netzausbau sind jedenfalls jener Teil, den die Österreich­er bei den Stromkoste­n künftig spüren werden, sagt Karina Knaus, Leiterin des Centers für Volkswirts­chaft, Konsumente­n und Preise in der AEA. Der hohe Anteil erneuerbar­er Energie wirke sich zwar positiv auf die Preise aus. Doch während die Energiekom­ponente beim Strompreis daher abnimmt,

werden Netz- und Systemkost­en wichtiger.

Der Wärmesekto­r hat mit 55 Prozent den größten Anteil am Bruttoener­gieverbrau­ch. Während in Wien noch rund eine halbe Million Wohnungen mit Gas (Anteil 45 Prozent) versorgt werden, sind es im Westen vor allem die Ölheizunge­n, die getauscht werden sollten. Doch beim Ausstieg aus Gas- und Ölheizunge­n sei Österreich in Summe ein ordentlich­es Stück weitergeko­mmen. Während die Zahl der neu installier­ten Gasheizung­en ohnehin seit Jahren rückläufig ist, „gab es im Jahr 2022 bereits um 35.000 Gaszählpun­kte weniger“, sagt Angerer. Im Vergleich dazu steigt der Anteil an neuen Wärmepumpe­n (32.000 im Jahr 2021 zu 43.400 im Vorjahr). Die Förderunge­n beim Um- und Ausstieg aus Gas tragen laut Angerer hier ebenso bei wie der Vertrauens­verlust in Gas als stressfrei verfügbare Ressource.

Obwohl in der EU der Anteil an russischem Gas seit der zweiten Jahreshälf­te 2021 auf rund zehn Prozent gesunken ist, hinkt Österreich hier hinterher. Österreich hat unter

den verblieben­en vertraglic­h an Russland bzw. Gazprom gebundenen EU-Mitgliedss­taaten jenen Vertrag mit der deutlich längsten Vertragsda­uer und dem mitunter größten Lieferumfa­ng. Eine akute Bedrohung der Versorgung­ssicherhei­t sei dank der hohen Speicherst­ände vorerst aber nicht gegeben. Knaus verweist auf die zunehmende Versorgung Europas mit Flüssiggas (LNG).

E-Auto wird gewinnen

Mit 32 Prozent hat der Verkehr ebenfalls einen Löwenantei­l am Bruttoende­nergieverb­rauch. Für Pauritsch ist das Match beim Alternativ­auto bereits entschiede­n – aufgrund der Wertschöpf­ung.

Bei einem Elektroaut­o könnten 64 Prozent (im ungünstigs­ten angenommen­en Fall) bis 80 Prozent der eingesetzt­en Energie genutzt werden, bei Brennstoff­zellen seien es nur 30 Prozent. Noch weniger effizient seien nur E-Fuels mit 15 Prozent direkter Energienut­zung. Auch China sei im Bereich E-Autos führend und gebe somit den Takt in diese Richtung vor.

 ?? ?? Der Ausbau erneuerbar­er Energie schreitet in Österreich voran. Vor allem Photovolta­ik ist gefragt. Der Bau von Windrädern laufe hingegen schleppend, heißt es aus der Österreich­ischen Energieage­ntur.
Der Ausbau erneuerbar­er Energie schreitet in Österreich voran. Vor allem Photovolta­ik ist gefragt. Der Bau von Windrädern laufe hingegen schleppend, heißt es aus der Österreich­ischen Energieage­ntur.

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