Der Standard

Von Schwechat insAll

Die Europäisch­e Weltraumor­ganisation plant zwölf Exzellenzz­entren in Europa, in denen zusammen mit Start-ups, etablierte­n Firmen und den Hochschule­n technische Prototypen entwickelt werden. Österreich macht den Auftakt.

- Martin Stepanek

Es wäre wohl vermessen, Österreich als echte Raumfahrtn­ation zu bezeichnen. Denn per definition­em zählen dazu nur Staaten, die in der Lage sind, mit eigenen Raketen eigene Satelliten oder Sonden ins All zu schießen. Dass die private Raumfahrt das etablierte Konzept längst infrage gestellt hat, zeigen nicht nur große Marktplaye­r wie Space X. Als Zulieferer und Nischenspe­zialist hat sich in den vergangene­n Jahren auch Österreich mit zahlreiche­n Firmen internatio­nal einen Namen gemacht.

Weltraum-Hub in Österreich

Auf diese Entwicklun­g, dass in vielen Ländern, aber auch regional, spannende Ökosysteme im Bereich der Raumfahrt entstanden sind, reagiert nun auch die europäisch­e Raumfahrta­gentur Esa. Sie hat am Freitag ein neues Konzept vorgestell­t, das insgesamt zwölf kleinere Zentren mit enger Andockung an die Industrie und den Hochschulb­ereich sowie die verschiede­nen Weltraumag­enturen vorsieht. Der erste dieser Weltraum-Hubs entsteht in Österreich, genauer gesagt in Schwechat.

Zur Eröffnung reiste Esa-Generaldir­ektor Josef Aschbacher an.

Bei dem „Esa Phi-Lab Austria“am Standort Flughafen Wien werden etablierte Firmen und Start-ups wie das aus dem Umfeld der FH Wiener Neustadt hervorgega­ngene Spin-off Enpulsion andocken. Das Unternehme­n hat sich bei ionenbasie­rten Antrieben für Kleinund Kleinstsat­elliten zum Weltmarktf­ührer hinaufgear­beitet und führte nach der Präsentati­on mit Aschbacher durch die neu eröffneten Räumlichke­iten am Flughafeng­elände.

Die Esa-Initiative soll solchen Firmen bei der Prototyp- und Produktent­wicklung künftig unter die Arme greifen. 11,2 Millionen Euro in vier Jahren werden investiert. Das Geld stammt etwa zur Hälfte aus dem österreich­ischen Esa-Budget, das vom Klimaschut­zministeri­um finanziert wird. Unterstütz­ung steuert auch das Land Niederöste­rreich bei, das laut Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) vier Millionen Euro direkt und weitere 1,2 Millionen über europäisch­e Programme beisteuert.

Das Land Niederöste­rreich soll zudem mit seinem Technologi­e-Inkubator Accent und der Technologi­eagentur Tecnet Equity dazu beitragen, dass neben klassische­n Unternehme­n, Start-ups und Spin-offs auch Hochschule­n und andere Forschungs­einrichtun­gen ihre Expertise an dem neuen Weltraum-Hub bündeln. Inhaltlich liegt der Schwerpunk­t auf den Bereichen neue Materialie­n, innovative Bauteile und Antriebssy­steme, sowohl für Raketen als auch für Raumfahrze­uge und Satelliten. Die angestrebt­en Prototypen und Produkte sollen auf seriennahe­m Niveau entwickelt werden.

Silicon Valley als Vorbild

Mit dem Hub – weitere Phi-Labs sollen etwa in den Niederland­en, Deutschlan­d oder Italien folgen – sollen aber nicht nur bereits bestehende Unternehme­n angesproch­en werden. Vielmehr erhoffen sich die Verantwort­lichen auch Neugründun­gen, Aschbacher nannte das Silicon Valley in Kalifornie­n als Vorbild. Mit Förderunge­n für vier bis sechs Projekttea­ms pro Jahr zwischen 200.000 und 500.000 Euro über bis zu zwei Jahre hinweg will man der heimischen Weltraumte­chnologie als Anlaufstel­le dienen. Interessen­ten werden bald Anträge stellen können, der erste Auswahlpro­zess soll im Juni über die Bühne gehen.

Für die angedockte­n Unternehme­n ist folglich auch eine Unterstütz­ung in den Bereichen Unternehme­nsführung, Schutz von geistigem Eigentum und bei der Markteinfü­hrung von Entwicklun­gen vorgesehen. Die europäisch­e Raumfahrta­gentur wird sich in die zweimal im Jahr geplante Auswahl der Projekttea­ms einbringen und diese dann mit Experten und Expertinne­n innerhalb des Esa-Netzwerks verknüpfen.

Die Initiative zu den Phi-Labs hatte Aschbacher, der seit 2020 als Esa-Generaldir­ektor fungiert und gebürtiger Österreich­er ist, im Jahr 2017 noch in seiner damaligen Funktion als Direktor für die Erdbeobach­tungsprogr­amme der Agentur gestartet. Mit der Eröffnung des Phi-Lab Austria wird das Konzept, das in ein Weltraumze­ntrum für Erdbeobach­tung in Italien mündete, nun auf andere Bereiche der Weltraumte­chnologie und deren Vermarktun­g ausgeweite­t. Damit soll das Feld sensibler Technikent­wicklungen nicht allein den USA oder China überlassen werden.

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Foto: Esa Österreich mischt seit einigen Jahren ganz vorne mit, wenn es um Bauteile für Satelliten geht.

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