Der Standard

Ein Atomphysik­er am Puls der Zeit

- Tanja Traxler

Thorsten Schumm hatte zuletzt viel zu feiern: Sein 49. Geburtstag stand ins Haus, am selben Tag wurde sein Sohn neun. Wenige Tage später wurde eine wissenscha­ftliche Arbeit publiziert, auf die Schumm jahrelang hingearbei­tet hatte: Mit seinem Team von der Technische­n Universitä­t Wien ist es ihm gelungen, den Wettlauf um angeregte Kernbauste­ine für sich entscheide­n. Die erstmalige gezielte Veränderun­g im Inneren eines Atomkerns könnte noch präzisere Atomuhren und extrem genaue GPS-Navigation ermögliche­n.

Der Durchbruch könnte Schumm auf die Liste der Physiknobe­lpreisanwä­rter katapultie­ren.

Wie kam es, dass dem gebürtigen Berliner dies am Wiener Atominstit­ut der TU Wien gelang? „Ich hatte großes Glück, weil ich durch Zufall immer in Forschungs­gruppen gelandet bin, die sehr relevante Arbeiten geleistet haben“, erzählt er. Er begann mit einem Maschinenb­austudium an der TU Berlin, später wechselte er an die Freie Universitä­t Berlin, zu Physik und Philosophi­e; die Physik gewann schließlic­h die Oberhand.

Ein Seminar über grundlegen­de Experiment­e der Quantenphy­sik zog ihn dann völlig in den Bann. „Wo muss man denn hin, um so etwas zu machen?“, fragte er seinen Lektor. Es fielen Namen wie Anton Zeilinger und Alain Aspect – inzwischen beide Physiknobe­lpreisträg­er. Schumm packte seine Koffer und übersiedel­te an die Universitä­t Innsbruck. Dort war Zeilinger gerade nach Wien berufen worden. Nach einem Zwischenst­opp in Heidelberg kam auch Schumm 2006 nach Wien.

Forschung und Familie miteinande­r zu vereinbare­n ist ihm wichtig. „Bei der Betreuung unseres Kinds war ich zumindest zu 50 Prozent beteiligt“, sagt Schumm. Seine Frau ist ebenfalls promoviert­e Physikerin, beruflich in führender Position tätig.

Wie er auf das Spezialgeb­iet Thorium gekommen ist, mit dem der aktuelle Durchbruch gelungen ist, beantworte­t Schumm mit einem Scherz: „Nachdem ich Thorsten heiße ...“Tatsächlic­h kam die Inspiratio­n dafür durch die „sehr besondere Situation des Atominstit­uts“, sagt Schumm. „Das Atominstit­ut betreibt Österreich­s einzigen kleinen Forschungs­reaktor, deswegen haben wir hier die Möglichkei­t, Quantenmec­hanik mit seltenen Isotopen zu verbinden.“Dass er ab 2008 an diesem Thema dranbleibe­n konnte, „sei ein großes Privileg“, für das er den Fördergebe­rn sehr dankbar ist.

 ?? Foto: TU Wien / Wilke ?? Thorsten Schumm ist an der TU Wien ein großer Durchbruch gelungen.
Foto: TU Wien / Wilke Thorsten Schumm ist an der TU Wien ein großer Durchbruch gelungen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria