Die Presse am Sonntag

Faymann und die lästigen Genossen

Beim SPÖ-Parteitag in Oberösterr­eich folgt der Pragmatike­r Entholzer dem Linksausle­ger Ackerl. Es ging freilich ebenso um die Koalitions­verhandlun­gen im Bund und die Warnung an den Kanzler, gegenüber der ÖVP standhaft zu bleiben.

- VON KARL ETTINGER

Durch einen kantigen Kurs hat er sich nicht hervorgeta­n. Überregion­al ist er ein unbeschrie­benes Blatt. Erst recht sind keine öffentlich­en Seitenhieb­e auf die Bundes-SPÖ überliefer­t. Zwischen dem Pragmatike­r und neuen oberösterr­eichischen SPÖ-Chef Reinhold Entholzer und seinem Vorgänger Josef Ackerl mit dessen Attitüde des letzten aufrechten Linken liegen Welten. Umso mehr fiel auf, dass der Eisenbahne­rgewerksch­after Entholzer am Samstag beim SPÖ-Landespart­eitag in Wels verbal Stärke demonstrie­rte: „Wir in Oberösterr­eich sind ja nicht unbedingt für unseren Kuschelkur­s mit der Bundespart­ei bekannt. Das werden wir auch in Zukunft so fortsetzen.“

Die lästigen Genossen wird Bundeskanz­ler und SPÖ-Vorsitzend­er Werner Faymann, der wegen des Führungswe­chsels in der Landespart­ei in die Welser Messehalle gekommen war, zum Ende der Koalitions­verhandlun­gen im Bund noch spüren. „Wir als Sozialdemo­kratie müssen aus den Koalitions­verhandlun­gen stehend herauskomm­en“, gab Entholzer dem Bundeskanz­ler mit auf den Weg für die weiteren Gespräche mit der ÖVP.

Es war ein lauter Amtsantrit­t des bisher zurückhalt­enden 54-jährigen ExHochbaui­ngenieurs, der den Personalab­bau in Lenzing als „Sauerei“anprangert­e. Der aus dem Bezirk Grieskirch­en stammende Entholzer hat sich in Gewerkscha­ft und Arbeiterka­mmer hochgedien­t. Statt der Linzer SPÖ haben die Arbeitnehm­ervertrete­r in der Landespart­ei Kommando übernommen.

Oberösterr­eichs SPÖ wollte einen Sonderbund­esparteita­g nach den Koalitions­verhandlun­gen, was Faymann einmal mehr ablehnte. Entholzers Aufforderu­ng, „dass du zu uns kommst und das mit uns diskutiers­t“, wird jedoch entsproche­n. In erweiterte­n Vorstandss­itzungen auf Ländereben­e werden die Ergebnisse jeweils dargelegt, versprach Faymann. Landesgesc­häftsführe­r Christian Horner ist zufrieden. Warnung für die ÖVP. Wie das Koalitions­abkommen aussehen wird, bleibt allerdings unklar. Nur eines ist fix: Steuerrefo­rm und Vermögenst­euern sind weiter ebenso Konfliktpu­nkte wie Einschnitt­e bei den Pensionen und die Bildungsre­form. Immerhin ließ Faymann die roten Herzen und auch jenes von Ackerl höher schlagen, als er die ÖVP offen davor warnte, negative Budgetprog­nosen dafür zu nutzen, „uns falsche Forderunge­n“aufzudräng­en. Dem folgte wie schon im Wahlkampf ein klares Nein zur vorzeitige­n Anhe- bung des Frauenpens­ionsalters und eine glatte Absage an die Einschränk­ung von Arbeitnehm­errechten.

Mehr als an den Aufrufen zu Geschlosse­nheit wärmten sich die bei Wahlen arg zerzausten oberösterr­eichischen Sozialdemo­kraten am Bekenntnis Faymanns zu Vermögenst­euern. „Wenn man nicht einfach mehr Schulden machen kann, muss man dafür sorgen, dass vonseiten der Vermögende­n ein höherer Beitrag geleistet wird.“ Optimist Hundstorfe­r. Sozialmini­ster Rudolf Hundstorfe­r, einer der SPÖGäste in Wels, rechnet weiter mit einem Abschluss der Koalitions­verhandlun­gen vor Weihnachte­n. Dabei bläst dem unverbesse­rlichen Optimisten gerade bei den Pensionen und wegen der ungeklärte­n Finanzieru­ng der Pflege, die nun auch Chefsache wird, von der ÖVP ein rauer Wind entgegen.

Sanftere Töne gab es hingegen zwischen Ackerl und dem von ihm des Öfteren kritisiert­en Kanzler. „Er ist geradlinig, anständig und hat das Herz am rechten Fleck“, würdigte Faymann nun Ackerl, dessen Herz eindeutig links schlägt. An so einem Tag wurde da selbst ein rotes Urgestein weich: „I geh und bleib trotzdem einer von euch.“

 ?? APA/Rubra ?? Selten so viel Harmonie: Oberösterr­eichs Ex-SPÖ-Chef Josef Ackerl, Nachfolger Reinhold Entholzer und Werner Faymann (v. r.).
APA/Rubra Selten so viel Harmonie: Oberösterr­eichs Ex-SPÖ-Chef Josef Ackerl, Nachfolger Reinhold Entholzer und Werner Faymann (v. r.).

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