Zwischen Ghana und Österreich
TheresŻ AsŻre Arko pendelt zwischen zwei Welten – in Linz ãetreiãt sie seit 1995 ein Gesch´ft, in GhŻnŻ ãŻut sie gerŻ©e ein RestŻurŻnt Żuf.
Die Österreicher sind ein unglückliches Volk“, sagt Theresa Asare Arko. „Sie haben im Leben keine Zeit zum Tanzen.“Wie die Österreicher sind, das beobachtet die 48-Jährige schon, seit sie vor mehr als zwei Jahrzehnten mit ihrem Mann aus Ghanas Hauptstadt Accra nach Österreich kam. 1995 eröffnete sie das erste afrikanische Geschäft in Linz. Österreich ist zu ihrer zweiten Heimat geworden, trotzdem kehrt sie immer wieder für einige Monate nach Ghana zurück – und sie kann sich auch ihre Zukunft nur so vorstellen.
In ihrer Heimat hätte die Regierung nur auf sich selbst geachtet. Und alle, die die Möglichkeit hatten, versuchten, in eine bessere Zukunft zu flüchten. Österreich gewährte ihr damals politisches Asyl. Mittlerweile ist sie österreichische Staatsbürgerin und gehört als gebürtige Ghanaerin zur viertgrößten Gruppe afrikanischer Einwanderer in Österreich. (Die größte Gruppe bilden Nigerianer, gefolgt von Ägyptern und Tunesiern.) Nach wie vor versuchen jedes Jahr tausende Afrikaner nach Europa zu kommen, obwohl die Asylquote seit Jahren rückläufig ist. Motiv für die Auswanderung ist oft eine Vorstellung von Europa als Paradies, in dem es Arbeit, Geld und ein gutes Leben für jeden Menschen gibt.
Europa werde in Afrika immer übertrieben schön dargestellt, Schwierigkeiten und Ernüchterung erfahren viele erst hier. Von Afrika hingegen, meint Arko, werden nur negative Seiten wie Krieg und Armut, gezeigt – was auch nicht der Wahrheit entspricht. Nur selten Deutsch. Die Geschäftsfrau erzählt ihre Geschichte auf Twi, der offiziellen Sprache Ghanas. Diese Mischung aus Afrikanischem und Englischem übersetzt ihr Sohn ins Deutsche. In der Familie wird Twi gesprochen, in der Bar öfter Englisch, Deutsch nur selten. Sie verstehe zwar alles, spreche es aber nicht so gern. Auch habe sie nicht so viele Gelegenheiten, Deutsch zu üben, da nur wenige Gäste Österreicher sind. Bei den Behördengängen sei es allerdings wichtig gewesen, über Grundkenntnisse zu verfügen. Nach der Einreise habe sie einige Kurse besucht.
Der Einstieg ins Erwerbsleben ist nicht ausschließlich aus sprachlichen Gründen eine der größten Herausforderungen für Immigranten. In Ghana arbeitete Arko als Friseurin. In Linz fing sie dagegen an, Kleinigkeiten zu verkaufen. Ihr heutiges Geschäft bietet geprüfte Produkte von einem Großhändler aus Wien an – von Kochbananen und riesigen Jamswurzeln (afrika- nischen Kartoffeln) bis zu hierzulande kaum bekannten Gewürzen.
Arko erinnert sich, wie schwierig es war, in Österreich ein Geschäft zu gründen. Bürokratische Abläufe wie das Beantragen eines Gewerbescheins kannte sie aus ihrer Heimat nicht. In Ghana eröffnet man einen Stand auf der Straße – schon ist man Unternehmer. Zwar empfiehlt der Expertenrat im Integrationsbericht 2013 die Beseitigung rechtlicher Hürden, um eine Erhöhung der Selbstständigenquote von Migranten zu erreichen. Aber damit allein wäre es wohl nicht getan, denn die Geschäftsfrau nennt einen weiteren großen Unterschied: „In Ghana sind grundsätzlich alle schwarz – und kommen natürlich ohne Weiteres ins Geschäft.“Obwohl der Bevölkerungsanteil von Schwarzafrikanern in Oberösterreich gering ist, sind die meisten ihrer Kunden schwarz. Nur vereinzelt kommen Weiße zu ihr.
Viele Migranten wählen auch deswegen den Weg in die Selbstständigkeit, erklärt Gudrun Biffl, Integrationsexpertin an der Donau-Universität Krems, weil sie sich als Unselbstständige auf dem Arbeitsmarkt massiven Diskriminierungen ausgesetzt sehen.
Ob Theresa Arko mehr in Ghana oder mehr in Österreich zu Hause ist, kann sie selbst nicht wirklich sagen. Sie hat sich als Unternehmerin einen Namen gemacht und fühlt sich sowohl als Österreicherin als auch als Ghanaerin. Das Pendeln zwischen beiden Ländern findet sie ganz normal. Zumindest ein- mal jährlich fährt sie nach Ghana und versucht, möglichst lange bei ihren zwölf Geschwistern zu bleiben. Vor jeder Reise lässt Arko einen 40-TonnenContainer mit europäischen Qualitätsprodukten verschiffen, darunter meist Haushaltsgeräte. Diese seien in Ghana wegen der Ausbreitung chinesischer Waren kaum zu bekommen. Restaurant in Gahan. Zurzeit ist Arko in Ghana auch mit dem Aufbau eines Restaurants beschäftigt. Allerdings nicht, um dann für immer dort zu bleiben. Sie will schon wieder nach Österreich zurück – in Ghana hat sie viele Verwandte, in Österreich einen über 20 Jahre gewachsenen Freundeskreis. Das Leben zwischen zwei Welten ist für sie nichts Außergewöhnliches. Wie für viele andere Migranten auch.
Anja Malenˇsek
(22), aus Slowenien, schloss das Bachelorstudium Fennistik ab und studiert derzeit Publizistik.
Billel Hammani
(26) aus Algerien, seit 2012 in Österreich, studierte Journalismus, arbeitet in der algerischen Botschaft.