Vegan ist nicht genug: Die Fallobstdiät
Die Frutarier essen nur Früchte, ãei ©enen ©ie PflŻnze nŻch ©er Ernte weiterleãt.
Steve Jobs war einer von ihnen. Der Apple-Gründer hat sich laut eigenen Angaben in den 1970er-Jahren ausschließlich von Obst ernährt. Der Name seiner Firma sowie das AppleLogo sollen auch vom Frutarismus inspiriert worden sein. Allein, ob das stimmt oder nur Legende ist, ist nicht ganz klar. Ebenso unklar ist, wie viele Menschen es überhaupt auf der Welt gibt, die diese Art der Ernährung auserkoren haben. Und ob es sie überhaupt gibt . . .
Für Frutarier haben Pflanzen dieselbe Daseinsberechtigung wie Menschen oder Tiere. Gegessen werden dürfen demnach nur jene Sorten Obst, bei denen nach der Ernte die Pflanze weiterlebt, also beispielsweise Äpfel, Orangen, Zitronen, Mangos, Limetten, Kiwi, Avokado, Melonen, Papaya, Bananen, Beeren, aber auch einige wenige Gemüsesorten wie Gurken, Paprika und Tomaten.
Der Verzehr von Wurzelgemüse (etwa Karotten oder Kartoffeln) ist verboten, da mit dem Ausreißen der Wurzel die Stammpflanze geschädigt wird. Tierische Produkte oder gar Fleisch sind sowieso tabu, genau wie der Verzehr von Brot, Pasta und Reis. Zusätzlich ernähren sich Anhänger des Frutarismus noch von Samen und Nüssen. Aber es geht noch strenger: Eine besonders außergewöhnliche Form der Frutarier ernährt sich ausschließlich von Fallobst – von Früchten, die schon vom Baum gefallen sind.
Nicht nur im Bezug auf Ernährung, auch in anderen Lebensbereichen wollen Frutarier im Einklang mit der Natur leben: Für Möbel sollte also kein Holz vernichtet werden, außer es stammt von einem umgestürzten Baum. Risiko des Nährstoffmangels. Natur und Einklang hin oder her – Experten raten von dieser extremen Diät ab. Wegen der einseitigen Ernährung drohen Blutarmut, Nährstoffdefizite und etliche Vitaminmängel. „Das Risiko eines Nährstoffmangels ist desto höher, je mehr die Lebensmittelauswahl eingeschränkt ist“, sagt Ernährungswissenschaftlerin Kornelia Hammerl. „Da Frutarier eine stark eingeschränkte Lebensmittelpalette zur Verfügung haben, sind sie dem Risiko eines Nährstoffmangels verstärkt ausgesetzt.“Weil vor allem Kinder wegen ihres Wachstums und ihrer fortlaufenden psychischen Entwicklung speziell auf eine hohe Nährstoffdichte in Lebensmitteln an- gewiesen sind und teilweise einen höheren Bedarf an verschiedenen Nährstoffen haben, rät Hammerl von einem Verzicht auf tierische Produkte während dieser Lebensphase ab – und von einer frutarischen Lebensweise ganz besonders. Auch anderen Gruppen mit erhöhtem oder speziellem Nährstoffbedarf, wie etwa Schwangeren, Stillenden und kranken Personen, empfiehlt sie die frutarische Lebensweise nicht.
Frutarier, die das Risiko minimieren wollen, sollten „eine gute Kenntnis der Nährstoffzusammensetzung und -verfügbarkeit in den von ihnen verzehrten Lebensmitteln haben“, meint Hammerl. „Nur durch eine gut überlegte Kombination verschiedener Lebensmittel kann eine ausreichende Versorgung stattfinden.“Außerdem rät Hammerl, nährstoffangereicherte Lebensmittel und in manchen Fällen Nährstoff-Supplemente in Betracht zu ziehen. Kutcher brach zusammen. Wie sich eine frutarische Ernährung niederschlagen kann, musste zuletzt Hollywood-Schauspieler Ashton Kutcher miterleben. Für seine Rolle im Film „jOBS“, in dem er Apple-Gründer Steve Jobs spielt, stieg er für einige Zeit auf eine frutarische Diät um. „Zwei Tage vor dem ersten Drehtag musste ich ins Krankenhaus“, sagte Kutcher gegenüber „USA Today“. „Ich krümmte mich vor Schmerzen. Meine Bauchspeicheldrüse war vollkommen aus dem Gleichgewicht. Es war wirklich erschreckend.“Zumal Steve Jobs selbst 2011 an Bauchspeicheldrüsenkrebs verstarb.
Doch Ernährungswissenschaftlerin Hammerl betont, dass alternative Ernährungsformen durchaus auch positive Aspekte haben – da „klassische Ernährungsfehler“vermieden werden. Beispielsweise werden mehr Obst und Gemüse und weniger tierisches Fett, ja weniger Fett im Allgemeinen verzehrt. „Und in der heutigen Zeit sollte sich jeder Gedanken über die aufgebrachten Ressourcen machen, die nötig sind, unsere Lebensmittel herzustellen.“
Maryam Saleh
(25) ist Dolmetscherin für Deutsch, Englisch, Arabisch, studiert Int. Relations in Berlin.
Aleksandra Tulej
(21) studiert Transkulturelle Kommunikation an der Uni Wien, arbeitet beim Magazin ,,das biber“.