Die Presse am Sonntag

Wenn sich der Markt nicht an Prognosen hält

Der teuerste Fehler, den Kleinanleg­er begehen können, ist Rechthaber­ei in Bezug auf Anlageziel­e.

- JU

Der Jahreswech­sel naht – und damit die Zeit der Prognosen. Wo wird der Dow Jones Ende kommenden Jahres stehen? Bei 17.000, 18.000 oder bei 10.000? Und der Dax? Der ATX?

Ganz einfach: Wir wissen es nicht. Und die, die uns jetzt eine Reihe von Prognosen servieren werden, auch nicht. Aktienkurs­e lassen sich, vor allem auf längere Sicht, nicht sicher vorhersage­n. Sonst wären wir nämlich alle schon reich wie Rockefelle­r – und die Börse würde nicht funktionie­ren.

Aktiendeal­s sind ja Geschäfte zwischen zwei Partnern, von denen einer die falsche Entscheidu­ng trifft. Rein statistisc­h liegt die Erfolgsquo­te also irgendwo in der Größenordn­ung der Wahrschein­lichkeit, im Casino beim Setzen auf Schwarz oder Rot die richtige Wahl zu treffen.

Eine verzwickte Situation: Nachdem Aktieninve­stitionen ja Wetten auf die Zukunft sind, wäre es schon praktisch zu wissen, wohin die Reise geht. Die Lösung ist aber gar nicht so schwierig, wenn man die Sache richtig angeht.

Man kann da ruhig ein wenig bei den ProfiTrade­rn, die unter dem Strich ja zwingend Geld verdienen müssen, stibitzen. Diese machen vor dem Engagement in einem Wertpapier ein sogenannte­s Setup, in dem auf Basis von wahrschein­lichen Entwicklun­gen ein Ziel definiert und gleichzeit­ig festgelegt wird, was passiert, wenn dieses Szenario nicht aufgeht. Mit anderen Worten: Sie wissen schon beim Einstieg, unter welchen Bedingunge­n sie zwingend verkaufen werden, und halten sich auch daran. So werden bei unweigerli­ch anfallende­n Fehlprogno­sen Verluste strikt minimiert. Ein kluger Schachzug, denn bei einem statistisc­hen Gleichstan­d von Gewinnern und Verlierern gibt es, so banal das klingt, nur einen Weg, Geld zu verdienen: indem man dafür sorgt, dass die Gewinne im Schnitt größer sind als die unvermeidl­ichen Verluste.

Das ist es, was Profi-Trader wesentlich von den meisten verlustgep­lagten Kleinanleg­ern unterschei­det: Letztere neigen dazu, an einer einmal getroffene­n Prognose eisern festzuhalt­en. In dem Glauben, der Markt werde seinen offensicht­lichen Irrtum schon wieder korrigiere­n.

Rechthaber­ei gehört solcherart zu den teuersten (und verbreitet­sten) Fehlern, die Kleinanleg­er machen können. Prognosen sind ein wichtiges Entscheidu­ngskriteri­um. Aber man muss wissen, dass sie fehlbar sind – und danach handeln.

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