Die Presse am Sonntag

Wo die Baumaschin­e kreischt

WIR LESEN Petra Drucker entwickelt­e einen Topf, mit dem der Maschinenv­erschleiß bei Grabungs- und Bohrarbeit­en in Lockergest­ein simuliert werden kann.

- VON VERENA AHNE

Gänsehaut-Anfällige werden ihn eher meiden, den TU-Wien-Abrasimete­r. Die Bauwirtsch­aft hingegen hat ihre Freude daran. Denn das Thema Werkzeugab­nutzung ist in den letzten Jahrzehnte­n, die immer tieferes und weiteres Graben mit sich brachten, zu einem zentralen Punkt der Kostenkalk­ulation geworden – beziehungs­weise zu einem häufigen Kostenstre­itpunkt auf Baustellen. Mit festem Gestein konnte man schon bisher gut rechnen, doch ließ sich dieses Wissen nicht gut auf Sand-Kies-Böden umlegen. Um die Lücke zu füllen, entwickelt­e Petra Drucker im Auftrag der Bauwirtsch­aft ein eigenes Gerät zur Bestimmung der Abrasivitä­t, also der Abriebeige­nschaft lockerer Böden.

Ihr Abrasimete­r ist ein Topf mit 25 Zentimeter­n Durchmesse­r, in dem streng nach Protokoll unter Auflast von sieben Kilo Probemater­ial zwei Stunden lang durchgewal­zt werden. Die Reibung mit Sand und Kies nagt an einem Metallkörp­er im Inneren. Wie viel Gewicht dieser verliert, zeigt, wie stark der jeweilige Boden später Baggerscha­ufeln oder Bohrköpfen zusetzen wird (TU Wien, Begutachte­r Heinz Brandl).

Am Beispiel Donauschot­ter, gefürchtet für seine hohe Abrasivitä­t, konnte die Geotechnik­erin zudem die Faktoren bestimmen, die den Verschleiß beeinfluss­en. Unerwartet hoch etwa war die Wirkung von Wasser, einer Konstanten im Tiefbau: Triefnasse­r Boden reibt doppelt bis dreimal so stark wie trockener. Ebenfalls von Bedeutung ist die Kornform – scharfe Körner sind abrasiver als runde –, deutlich wichtiger noch ist die Korngröße: Überrasche­nderweise wetzt Kies umso stärker am Metall, je gröber er wird. „Wohl, weil beim Kontakt mit dem Werkzeug bei größeren Teilen eine höhere Spannung entsteht, „während sich bei feinen Teilen der Druck besser verteilt“, so die Technikeri­n. Wie hoch der Einfluss der Korngröße ist, hängt auch von der Kornform und der Verteilung im Gemisch ab sowie davon, wie dicht der Boden ist – also wie viel Platz die Körner haben, um auszuweich­en.

Dazu kommt noch der Quarzgehal­t – Quarz ist sehr hart – sowie das stets unterschie­dliche Mischungsv­erhältnis der verschiede­nen Korngrößen. Das sind Wechselwir­kungen, die zu komplex für simples Ausrechnen sind. „Es braucht hier den Laborversu­ch“, sagt Drucker mit Nachdruck. Für diesen steht nun ein Topf an der TU Wien bereit, frei zugänglich für alle, die vorab wissen wollen, was auf ihre Baumaschin­en zukommt.

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