Wenn die Millionen aus Brüssel kommen
ERC-Präsidentin Helga Nowotny zieht Bilanz über die EU-Forschungsförderung.
„Österreich liegt im guten Mittelfeld.“Mit dieser knappen Expertise deutet ERC-Präsidentin Helga Nowotny zugleich an, dass Österreich bei der Förderung der Grundlagenforschung sicher noch besser abschneiden könne. Jahr für Jahr heben Universitäten und andere Forschungseinrichtungen wie IST Austria und die Akademie der Wissenschaften (ÖAW) stolz hervor, wenn Männer und Frauen aus ihren Institutionen eine der begehrten Anerkennungen aus Brüssel erhält.
2002 starteten Helga Nowotny – damals im Emeritierungsstadium an der ETH Zürich – und eine Handvoll anderer Wissenschaftler in Kopenhagen ihre Initiative. „Es gab damals keine Möglichkeit, Grundlagenforschung auf europäischer Ebene zu fördern“, sagt sie über die seinerzeitige Motivation. Es folgte Lobbyingarbeit bei den EU-Mitgliedstaaten und der Kommission, 2007 konnte schließlich der European Research Council (ERC) seine Tätigkeit aufnehmen. Nowotny war eines der 22 Gründungsmitglieder und ab 2007 Präsidentin des EU-Forschungs- rates (bis Jahresende 2013). Schon im ersten Jahr langten rund 9000 Förderansuchen ein, rund zwölf Prozent erhielten den Zuschlag: Für einen ERC Starting Grant werden bis zu zwei Millionen, für den Advanced Grant 3,5 Millionen Euro vergeben. Später der Nobelpreis. Einer der Preisträger des ersten Jahres, Konstantin Novoselov, erhielt 2010 den Physiknobelpreis. „Es war ein gutes Gefühl zu sehen, dass wir einen Richtigen ausgewählt haben“, sagt Nowotny. Bisher sind vier Nobelpreisträger aus dem Kreis der ERC-Geförderten hervorgegangen. Pro Jahr werden derzeit 1,7 Milliarden Euro an Förderungen vergeben (künftig 1,6 Mrd.) – rund 17 Prozent des gesamten EU-Forschungsbudgets. Angesichts der ständig steigenden Zahl an Ansuchen wird die Genehmigungsrate auf zehn Prozent sinken müssen. Für Österreich hebt die ERC-Präsidentin hervor, dass mehrere im Land tätige ausländische Forscher einen ERC Grant erhielten. „Ohne diese Internationalität würde Österreich nicht so gut liegen.“Unter den Trägern eines Advanced Grant sind z. B. der Grazer Biochemiker Rudolf Zechner für seine Forschungen zum Fettstoffwechsel, die Informatikerin Monika Henzinger von der Uni Wien für ihre Arbeiten im Algorithmenbereich oder Ulrike Diebold von der TU Wien für ihre Erforschung der Oberflächenphysik. Die Liste der Gewinner umfasst, wie Nowotny feststellt, vor allem die Bereiche Physik und Life Sciences; unterrepräsentiert sind die Geisteswissenschaften. Sollte sich übrigens eine Expertimentreihe als nicht durchführbar erweisen, so kann man – nach einer Überprüfung – zu einem anderen Forschungsziel wechseln.
Von 2007 bis 2013 erhielten exakt 100 Forscher in Österreich einen Starting oder Advanced Grant, fünf weitere eine Förderung unter dem Titel „Proof of Concept“. 138 Millionen Euro sind damit nach Österreich geflossen. 2013 gab es fünf Advanced und zehn Starting Grants. Einige Zuerkennungen gingen auch an Österreicher, die an einer ausländischen Institution forschen.