Die Presse am Sonntag

Die neue Ära, der alte Schlager

Rapid gegen Salzburg ist mehr als nur ein Bundesliga-Spitzenspi­el. Der neue Rapid-Präsident, Michael Krammer, erlebt damit heute eine besondere Premiere.

- VON WOLFGANG WIEDERSTEI­N

In Hütteldorf hat eine neue Ära begonnen. Rudolf Edlinger ist nicht mehr Präsident, er geht heute erstmals wieder als ganz normaler Rapid-Sympathisa­nt in das Stadion. Auf dem Platz, den der ehemalige Finanzmini­ster in den vergangene­n Jahren eingenomme­n hat, wird Michael Krammer zu finden sein. Der 53-Jährige ist mit großer Mehrheit zum neuen Klub-Boss bestellt worden, über 92 Prozent haben dem ehemaligen Mobilfunkm­anager das Vertrauen ausgesproc­hen. Damit ist auch der Wechsel von Rot auf Schwarz an der Spitze des Vereins vollzogen worden. Aber Politik, so betonen alle Beteiligte, spielt doch bei Rapid keine Rolle. Darum hat man auch Christoph Peschek, den SPStadtpol­itiker, mit ins Boot geholt. Und zu einem der beiden Vizepräsid­enten gemacht. Der zweite ist Nikolaus Ro-

»Wenn jemand die Salzburger schlagen kann, dann sind wir das.«

senauer, der Jurist soll sich um die Themenbere­iche Personal, Marketing, Akquisitio­n und Organisati­on kümmern. Er hat auch Bernd Fisa, durchaus als Medienprof­i zu bezeichnen, in das Präsidium geholt. Rosenauer zählte schon unter Edlinger zu einem der wichtigste­n Präsidiums­mitglieder.

Als die neue Vereinsfüh­rung im Wiener Gasometer mit großem Applaus gewählt wurde, lauschte auch die Mannschaft interessie­rt. Sie bekam zu hören, dass Michael Krammer in Zukunft regelmäßig im Europacup spielen will. Und in den nächsten zehn Jahren sollen ungefähr drei Titel gefeiert werden. Und bis 2019 soll in Europa der Sprung unter die Top 50 gelingen.

Zukunftsmu­sik, wie auch die Stadionplä­ne. Michael Krammer will jedenfalls am Standort Hütteldorf nicht rütteln, und das war bei den Fans letztlich auch ausschlagg­ebend. Ob das alles überhaupt realisierb­ar ist, steht auf einem anderen Blatt. Eine Entscheidu­ng hat der neue Präsident bereits für März/April angekündig­t. Wer das alles finanziert? Laut Krammer würde es mehrere Möglichkei­ten geben. Fest steht für ihn nur, dass sich auch die öffentlich­e Hand am Stadionpro­jekt beteiligen müsse. Und fest steht auch, dass der Name des Stadions nach internatio­nalem Vorbild verkauft wird. Herz und Kommerz. Das Los hat es so gewollt, dass die erste Partie, die Michael Krammer als Rapid-Präsident erlebt, gleich eine ganz besondere ist. Mit Salzburg kommt der Tabellenfü­hrer in das Hanappista­dion, der Ligakrösus gilt seit der Übernahme von Red Bull als großes Feindbild. In Hütteldorf spricht man gern vom Duell „Herz gegen Kommerz“. Wer dem Glauben schenkt, der lügt sich selbst in den Sack. Ohne Kommerz wird es auch bei Rapid kein Morgen geben, unter Michael Krammer schon gar nicht. Dort, wo die Salzburger sind – dort wollen die Rapidler auch hin. Nur anders eben. Aber eben auch sportlich und wirtschaft­lich erfolgreic­h. Die Mannschaft von Roger Schmidt ist obendrein bereits für die K.-o.-Phase der Europa League qualifizie­rt. Die Hütteldorf­er hingegen stehen eher vor dem Aus in der Gruppenpha­se. Im Heimspiel am kommenden Donnerstag gegen den FC Thun will man allerdings einen Heimsieg landen.

Das Thema Thun ist noch tabu in Hütteldorf. Die volle Konzentrat­ion gilt dem heutigen Schlager. „Wenn jemand die Salzburger schlagen kann“, sagt Terrence Boyd, der US-Teamspiele­r, der am Dienstag noch Gegner der österreich­ischen Nationalma­nnschaft war, „dann sind wir das!“Rapid bezeichnet er als „wilde Bande, die unbekümmer­t spielt. Wir haben nichts zu verlieren, und wir werden uns den Arsch aufreißen.“Das hören die grünweißen Fans gern, mit einem unbekümmer­ten Spiel allein wird man die Salzburger aber kaum in die Knie zwingen können. Da wird es schon mehr brauchen. Und zwar viel mehr.

Die Salzburger spielen mit einer schönen Regelmäßig­keit, verfügen in der heimischen Liga über die besten Einzelspie­ler. Die Niederlage vor der Länderspie­lpause gegen die Admira muss als eine Art Betriebsun­fall (zuvor 33 Ligaspiele ungeschlag­en) eingestuft werden. „Wir wollen es der Admira natürlich nachmachen“, sagt Trainer Zoran Barisiˇ c.´ „Aber es wird schwierig werden – und ein ganz ein anderes Spiel.“Der ehemalige Freistoßkö­nig zeigt großen Respekt vor dem Gegner. „Sie sind auf allen Positionen sehr stark. Auch internatio­nal ist die Mannschaft auf einem sehr guten Weg.“

Der Tabellenfü­hrer kommt nicht in Bestbesetz­ung, Barisiˇ c´ erwartet die Salzburger sehr aggressiv in den Zweikämpfe­n. „Der Gegner hat eigentlich keine Schwächen.“Dennoch sei Rapid dazu verpflicht­et, daheim dominant aufzutrete­n. Bedingungs­lose Offensive sei jedoch nicht angebracht. „Wir dürfen nicht in das offene Messer rennen, Salzburg ist im Konter einfach zu stark.“ Nicht ohne Risiko. Auch Roger Schmidt sieht in Rapid eine harte Nuss. „Es ist nie einfach, in Hütteldorf zu spielen“, sagt der Deutsche. „Das ist sicher eine der schwierigs­ten Aufgaben in der Meistersch­aft.“Die Hütteldorf­er haben allerdings in der Tabelle bereits einen Rückstand von zehn Punkten. Das wiederum habe aber für Schmidt keine allzu große Bedeutung – zumindest nicht für heute. Der Gegner sei immerhin seit fünf Runden ohne Niederlage. „Wenn wir gewinnen wollen, dann werden wir schon etwas riskieren müssen.“

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