Spielraum
EIN STEILPASS IN DIE TIEFE DES SPORTS
Er wird in aller Bescheidenheit „Sonnenkönig“genannt, er arrangiert sich mit den Mächtigen und mit all den anderen, so manch Politiker könnte noch viel von ihm lernen, wie man Allianzen bildet. Am Freitag wurde Joseph S. Blatter die Ehre zuteil, von Papst Franziskus empfangen zu werden, der Präsident des Weltfußballverbandes (Fifa) hat einen Draht zu allen Oberhäuptern. Und auch im Vatikan spricht man über Fußball. Es gibt eine eigene Meisterschaft, der Sport wird als völkerverbindend gepriesen. Aber es wurde auch über Katar gesprochen, wo es eine Vielzahl an Problemen gibt, allerdings beharrt die Fifa auf die Austragung der Weltmeisterschaft 2022. Blatter ließ nun damit aufhorchen, dass die Vergabe der WM nicht nur eine Sache des Weltfußballs gewesen sei. „Es war politischer Druck aus europäischen Ländern, die WM nach Katar zu bringen“, behauptet der Weltverbandschef nun. „Zwei der Länder, die Druck auf die Wahlmänner in der Fifa gemacht haben, waren Frankreich und Deutschland. Das ist bekannt, das ist keine neue Information“, betont der 77-jährige Schweizer.
Präsident Blatter sieht also nicht nur die Fifa in der Pflicht. Angesichts der bekannt gewordenen Missstände auf den WM-Baustellen verlangte er aus beiden Ländern Äußerungen von höchster politischer Stelle. „Sie sollen erklären, was sie von der Situation halten. Es ist leicht zu sagen, alle Ver- antwortung liegt bei der Fifa – nein, nein!“, sagt Blatter.
Der Fifa-Boss unterstützt die Entschließung des EU-Parlaments vom Donnerstag zu den Arbeitsbedingungen auf den Baustellen für das WM-Turnier 2022. „Wir missbilligen, was dort passiert ist“, betont Blatter. Die großen Baufirmen, die fast alle aus Europa stammten, seien jedoch auch für ihre Arbeiter verantwortlich.
Joseph Blatter spielt den Ball weiter. Und die Regierung des Golfemirats weist die Entschließung des EU-Parlaments als voreilig zurück. Ein Sprecher des Außenministeriums erklärt laut Medienberichten von Freitag aber, man sei zu einem Dialog mit dem Parlament bereit. Die Europa-Abgeordneten hatten den WM-Ausrichter zur Vermeidung von Zwangsarbeit und Sklaverei aufgefordert.
Die Deutschen haben den Ball bereits angenommen. Auf Initiative des DFB hat es in Zürich ein Treffen mit Blatter und Vertretern des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gegeben. Dabei wurde klar, dass der Fußball allein die Situation in Katar nicht nachhaltig verändern kann. Und die Gewerkschaft macht Druck. „Der Atem der internationalen Gewerkschaft ist lang.“Die Fifa aber bleibt stur. Joseph Blatter schließt nach wie vor aus, Katar die WM wieder wegzunehmen. Das größte Druckmittel fehlt.