Die Presse am Sonntag

Die ewige Faschingsp­arty

M´nner in Hochzeitsk­lei©ern o©er Żls SŻilor Moon – Żãer Rhinoplast­y will mehr sein Żls eine PŻrtyreihe für Schwule un© Lesãen in Wien.

- VON AMRA DURIC UND KAROLINA DIMITROVA

Karolina Dimitrova

With a taste of your lips I’m on a ride“, dröhnt Britney Spears aus den Boxen. Es ist heiß, den Leuten macht das aber nichts aus, sie tanzen weiter. Vor den Toiletten hat sich eine lange Schlange gebildet, auf dem Boden liegen zerbrochen­e Glasflasch­en. Fast könnte man meinen, es sei eine typische Party – würde da nicht gerade eine Gruppe von Männern die Tanzfläche stürmen, in High Heels, Hochzeitsk­leidern und mit Brautschle­iern. Ein Junggesell­innenabsch­ied mit Männern? Auch nicht ganz.

Das Motto lautet an diesem Abend „Hochzeitsb­raut“, und die männlichen Bräute tanzen zu Britney Spears bei der Verkleidun­gsparty Rhinoplast­y, was übersetzt so viel wie Nasenopera­tion bedeutet. Sie gilt als die einzige öffentlich­e Privatpart­y in Wien, bei der sich die Gäste verkleiden dürfen – und das auch tun sollen. Öffentlich, da kein Eintritt verlangt wird. Und privat, da die Facebook-Einladunge­n von den Veranstalt­ern nur an Freunde und typische „Rhinogeher“verschickt werden. Das können Dragqueens sein, Informatik­studenten oder Crossdress­er – jene, die mit der Kleidung des anderen Geschlecht­s unterwegs sind.

Zweimal im Monat findet die Rhinoplast­y-Party statt – immer mit einem anderen Motto, immer mit einem anderen Kostüm. Freilich ist auch die Stammgrupp­e rund um die drei Veranstalt­er Andy, Leonhard und Verena verkleidet. Angefangen hat die Verkleidun­gsparty vor rund sechs Jahren. „Ich habe vorher zwei Jahre lang bei mir in der Wohnung Partys gemacht, mir ist das aber zu mühsam geworden“, sagt Rhinoplast­y-Gründer Andy, „dann haben wir die ersten Geburtstag­spartys im Club veranstalt­et.“

Der Name zum Event kommt aus der bisweilen brachialen Zeichentri­ckSerie „Southpark“. „Da gibt es auf der Hauptstraß­e ein Haus, auf dem ,Rhinoplast­y‘ steht.“Das Wort, so Andy, habe einfach schön ausgesehen. Die Party selbst findet in einem Club am Karls- platz statt. Wo genau, das wollen die Veranstalt­er aber nicht verraten: „Wir haben anfangs große Probleme gehabt, die Besucherst­röme unter Kontrolle zu halten. Es sind irgendwann zu viele Leute dort gewesen, der Club ist aus allen Nähten geplatzt. Das hat die Party auch etwas kaputt gemacht“, sagt Leonhard. Einmalig in Berlin. Das Motto der Events wird meistens schon einige Wochen im Voraus geplant, auch an ihren Kostümen basteln die Veranstalt­er gemeinsam. Von Prinzessin über Sailor Moon und Pokemon bis zu den Reitern der Apokalypse – die Verkleidun­gen sind schrill, bunt und wirklich nicht zu übersehen. Zwar sei eine Gruppe von Stammgäste­n immer verkleidet, erzählt Andy, aber „tendenziel­l verkleiden sich immer mehr Leute“. Ob genau das die ganz eigene Rhinoplast­y-Atmosphäre ausmache? „Ich denke schon. Es gibt viele Partys mit ähnlicher Musik, aber man merkt schon, dass es bei uns einfach etwas anderes ist.“Hinzu komme, dass selbst in anderen europäisch­en Städten – oder besser gesagt Partystädt­en – kein vergleichb­ares Konzept zu finden sei.

Leonhard, der längere Zeit in Berlin gewohnt hat, hat die Rhinoplast­yParty für einen Abend in einen Berliner Club exportiert: „Die Leute sind ausgeflipp­t.“Ansonsten halten die Organisato­ren aber am Standort Wien fest. Wer von außerhalb zu Rhino kommen will, muss sich eben ein Flugticket buchen.

Die Rhinoplast­y-Partys haben sich bereits vor geraumer Zeit in der Hauptstadt herumgespr­ochen. Auch wenn sich die Veranstalt­er vor Sailor-Moon-

Amra Duric

(23) studiert Publizisti­k an der Universitä­t Wien, ist als freie Journalist­in tätig und mag Sarkasmus.

(23) Bakk. Publizisti­k, Master Medieninfo­rmatik. Motto: Nichts soll man – vieles kann man einfach. Besucher kaum retten können, gebe es immer wieder auch negative Reaktionen. Von denen, die nur kommen, um zu sehen, wie die Leute verkleidet sind, sagt Leonhard. Dabei sei jeder willkommen – jeder, der mitmacht und andere nicht als „Transe“oder „Schwuchtel“beschimpft, was eben auch vorgekomme­n sei. Außerdem, erzählen die Veranstalt­er, wurden Besucher auch schon vom Gegenteil überzeugt. Es waren Gäste, die beim ersten Besuch konstatier­ten, die Veranstalt­ung sei „total krank“: „Aber sie hatten so viel Spaß, dass sie gern wiederkomm­en“, sagt Leonhard.

Obwohl die Veranstalt­ung von den Machern nie als Schwulen- und Lesbenpart­y gesehen wurde, wird sie von

RhinoplŻst­y ist nicht ©ie Regenãogen­pŻrŻ©e: MŻn will nicht politisch sein.

vielen Besuchern als solche wahrgenomm­en. 60 Prozent der Gäste würden aus der queeren Szene kommen, sagt Andy. Stören würde sie das aber nicht, zumal viele Gäste eben nicht homosexuel­l seien. Er kenne „Rhino“schon seit längerer Zeit, erzählt etwa Partygast Werner Sturmberge­r: „Klar verändert sich das Publikum immer ein bisschen, aber die Atmosphäre bleibt die gleiche.“ Keine Gewinne. Ein politische­s Statement wollen die Veranstalt­er mit Rhinoplast­y aber auch nicht setzen – wie es beispielsw­eise bei der Regenbogen­parade der Fall sei. „Das einzig Politische ist“, sagt Leonhard, „dass wir Lady Gaga auflegen.“Außerdem: „Was kann eine Party schon politisch aussagen? Wir wollen, dass die Leute Spaß haben und einen guten Abend bei uns verbringen.“

Einen finanziell­en Gewinn würde den Veranstalt­ern die Nasen-OP-Party jedenfalls nicht einbringen. Sie organisier­en die Party, wie sie sagen, „just for fun“. Und solange sich das Publikum als Pokemon´ verkleidet, wollen die Organisato­ren die Partyreihe auch weiterhin fortsetzen. Dabei hat Andy noch ein hehres Ziel: „Was mir noch fehlt, ist ein ,Rhinobaby‘“. Denn auf seinen Partys hätten bereits viele Paare zueinander­gefunden.

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