Die Presse am Sonntag

Das darf man als Migrant nicht machen

Witze üãer Österreich­er mŻchen? Proãleme Żnsprechen? Geãil©eter sein, Żls mŻnche es wŻhrhŻãen wollen? Lieãer nicht . . . Denn für Menschen mit Wurzeln im Ausland gelten in Österreich oft etwŻs Żn©ere Regeln.

-

Migrant sein – was bedeutet das überhaupt? Dass man aus einem anderen Land kommt, sich in Österreich zurechtfin­den muss? Auch. Aber nicht nur. Als Migrant zählt auch, wer in Österreich geboren wurde – aber Eltern hat, die keine Österreich­er sind. Und hinter dem Begriff verbergen sich unzählige Varianten – von Menschen, die schon als kleines Kind ins Land ge- Weisen Menschen mit Migrations­hintergrun­d auf Probleme oder Ungerechti­gkeiten in Österreich hin, sorgt das für Unmut. (Besonders ausgeprägt ist dieses Phänomen, wenn es um Integratio­ns- oder Asylpoliti­k geht, aber nicht nur dort.) Zu hören bekommt man häufig Meldungen a` la „Wenn’s ihnen nicht passt, können sie ja nach Hause gehen.“Allein, für viele sogenannte Migranten ist Österreich ja deren Zuhause. Sonst würde sie die Situation ja wohl nur peripher interessie­ren. Schon gar nicht darf ein Migrant über Österreich schimpfen – selbst dann nicht, wenn es die Wahrheit ist, und auch, wenn es nur um die Öffnungsze­iten der Geschäfte geht. Bei einem Onlinemaga­zin regte sich etwa ein deutscher Arbeitskol­lege darüber auf, dass in Österreich die Geschäfte so früh schließen. Viele User meldeten sich, dass man ihn gern persönlich zurück nach Deutschlan­d bringen könne. Jelena Pantic,´ Nives Kovacec Meine Eltern sind nicht aus den „typischen Migrations­gründen“nach Österreich gekommen – was ja auch nicht schlimm wäre. Aber trotzdem höre ich oft, sobald meine Wurzeln thematisie­rt werden, dieses „Polen! Putzfrau, Autos stehlen, Baustelle“-Klischee. Das alles wäre mir ja an sich egal. Aber wehe, man macht auch nur annähernd ähnliche Witze über Österreich­er . . . Aleksandra Tulej kommen sind, bis zu jenen, die erst während der Schulzeit oder sogar noch später zum ersten Mal österreich­ischen Boden betreten haben.

In Österreich steckt hinter dem Begriff aber meist auch eine negative Konnotatio­n, wird Migration häufig als Defizit erlebt. Und die Menschen mit Migrations­hintergrun­d werden vor allem als Problem wahrgenomm­en.

Die Maßstäbe, die an Migranten angelegt werden, sind oft andere als jene für die autochthon­e Bevölkerun­g. Und es gibt Dinge, die man als Migrant einfach nicht tun sollte – oder bei denen man damit rechnen muss, dass man dafür kritisch beäugt wird. Ein Streifzug durch Erfahrenes und Erlebtes. Erwähnt man als Migrant auch nur den Begriff „Rassismus“, hört man schnell, dass es einem hier wohl viel zu gut geht. Und dass sich die Österreich­er in dem Land, aus dem der Migrant kommt, ja auch nicht „aufführen“können, wie sie wollen. In seiner eigenen Mutterspra­che spricht man in Österreich nicht. Besonders dann, wenn es eine osteuropäi­sche ist. Hören Österreich­er etwa eine französisc­he oder spanische Konversati­on mit an, schwärmen sie meist davon, wie schön die jeweiligen Sprachen doch sind, und preisen die kulturelle Vielfalt an. Betreten jedoch zwei Serben die U-Bahn und unterhalte­n sich in ihrer Landesspra­che, ist es fürchterli­ch. „Wie viele Ausländer es doch schon gibt“, hört man dann. Und auch, dass „sie uns Österreich­er bald ganz verdrängen“werden. Tamara Tomanic Für viele klingt mein Nachname italienisc­h. Ich bekomme oft zu hören: „Oh, eine Italieneri­n, wie toll ist das denn?“Sobald ich aber erwähne, dass ich ja eigentlich aus dem Kosovo komme, kommt meistens ein enttäuscht­es „Oh“. Oder sogar noch besser: „Du siehst aber gar nicht so aus.“Elona Kamberi Im Gymnasium hatte ich immer sehr gute Noten in Deutsch. Nur ein Mal bekam ich eine schlechte Note auf eine Deutschsch­ularbeit – gleichzeit­ig hatte ein türkischst­ämmiger Mitschüler eine bessere Note auf seine eigentlich schlechte Arbeit. Da „Deutsch ja nicht seine Mutterspra­che ist, und dafür hat er das schon gut gemacht“, war die Begründung der Lehrerin. Allerdings: Er ist in Österreich geboren. Ich hingegen kam erst im Alter von sieben Jahren nach Österreich. Als ich meine Lehrerin darauf ansprach, meinte sie nur: „Ja aber du kannst ja eh gut Deutsch.“Aleksandra Tulej Ich hatte einmal bei einem Seminar auf der Uni zwei Rechtschre­ibfehler in der Abschlussa­rbeit. Das Feedback des Professors war: „Ein Wahnsinn, nicht einmal Studenten können Deutsch.“Meine gesamten Deutschken­ntnisse wurden also infrage gestellt. Auch meine Studienkol­legin, die Österreich­erin ist und deren Name auch so klingt, hatte drei Fehler. Bei ihr hieß es allerdings: „Ja, das kann einem passieren.“Elona Kamberi Einmal habe ich im AKH nach der Abteilung für „Psychother­apie“gesucht. Ich habe allerdings das Schild falsch gelesen – und habe bei der „Physiother­apie“angeklopft. Als das Missverstä­ndnis schließlic­h aufgeklärt war und ich die Tür wieder hinter mir zuzog, hörte ich die Krankensch­wester ziemlich unfreundli­ch sagen: „Wenn diese Leute doch nur lesen könnten!“Ich bin mir nicht sicher, ob sich „diese“auf Menschen mit Migrations­hintergrun­d bezogen hat . . .

 ?? KŻthŻrinŻ Roßãoth ?? Wir hätten da noch ein paar Dinge zu sagen . . . Einige der Praktikant­en, die maßgeblich an der aktuellen »Presse am Sonntag« mitgewirkt haben.
KŻthŻrinŻ Roßãoth Wir hätten da noch ein paar Dinge zu sagen . . . Einige der Praktikant­en, die maßgeblich an der aktuellen »Presse am Sonntag« mitgewirkt haben.

Newspapers in German

Newspapers from Austria