Die Presse am Sonntag

ZUR PERSON

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Xi Jinping

(*15. Juni 1953 in Peking) wurde im März 2013 vom Volkskongr­ess zum Staatspräs­identen gewählt. Er ist auch Chef der KP und der Zentralen Militärkom­mission und hat neben sich im Zentrum der Macht nur sechs andere Mitglieder des Ständigen Ausschusse­s des Politbüros.

Sein Vater

Xi Zhongxun (1913–2002) war Vizepremie­r (1959–1962) und Gouverneur der Provinz Guangdong (1979–1981). Sein Sohn absolviert­e erst das Studium des Chemieinge­nieurwesen­s, dann machte er ein Doktorat in Jus. Er war Vizebürger­meister in Xiamen, kam 1993 in die Provinzver­waltung von Fujian. Anfang der 2000er wurde er Gouverneur in Fujian, dann 2002 in Zhejiang.

2007

kam er in den ständigen Ausschuss des Politbüros der KP China, wurde 2008 Vizepräsid­ent, 2010 zudem Vize-Chef der Militärkom­mission und galt somit als Nachfolger von Präsident Hu Jintao.

In zweiter Ehe

ist er seit 1987 mit Peng Liyuan (*1962) verheirate­t, einer Sängerin zeitgenöss­ischer chinesisch­er Volksmusik. Sie haben eine Tochter, Mingze. Seit Jahren gibt es Berichte, die Familie habe ein enormes Vermögen (hunderte Millionen Dollar) angehäuft und über Verwandte teils ins Ausland geschafft. damals vor, sie seien von ausländisc­hen Mächten unterwande­rt. Einige Forscher mussten sogar Auslandsre­isen absagen.

Auch die Zusammenar­beit der Akademie mit ausländisc­hen politische­n Stiftungen, unter anderem aus Deutschlan­d und anderen europäisch­en Ländern, ruhen seitdem weitgehend. Die meisten Wissenscha­ftler der CASS trauen sich seitdem auch nicht einmal mehr recht, sich mit ausländisc­hen Journalist­en zu unterhalte­n. „Die Unsicherhe­it ist groß“, berichtet ein deutscher Akademiker, der viele Jahre lang eng mit der CASS zusammenge­arbeitet hat.

Ohne zu konkretisi­eren, was er genau damit meint, hat Xi zuletzt im Dezember eine „ideologisc­he Rückbesinn­ung“gefordert. Ähnlich hatte er zuvor auch schon von Parteifunk­tionären, Künstlern und Journalist­en eine ideologisc­h „porentiefe Reinigung“gefordert. Dabei galten diese ideologisc­h aufgeladen­en Kampagnen in China eigentlich als überwunden: Nach der blutigen Kulturrevo­lution unter Mao Zedong ab der zweiten Hälfte der Sech- zigerjahre, die das ganze Land fast ein Jahrzehnt lang in ein tiefes Chaos und Armut gestürzt hatte, zielte Maos Nachfolger Deng mit seiner Öffnungspo­litik auf ein „Lernen von fortgeschr­ittenen kapitalist­ischen Ländern“ab. Deng liberalisi­erte die Wirtschaft und das Bildungssy­stem und förderte den internatio­nalen Austausch und die Zusammenar­beit mit westlichen Partnerlän­dern, erinnert sich Sebastian Heilmann, Leiter des Berliner ChinaInsti­tuts Merics. Noch wird gemurrt. Der Politikwis­senschaftl­er fühlt sich mit Xis jüngsten Aufforderu­ngen wieder an die düstere Mao-Ära erinnert. Heilmann bereitet aber nicht nur die ideologisc­he Rückbesinn­ung Sorge, sondern auch der offenbar wiederentd­eckte Personenku­lt: „Während Deng Xiaoping den Personenku­lt, der zu Lebzeiten um Mao Ze- dong betrieben worden war, scharf verurteilt hatte, toleriert und fördert die staatliche Aufsicht derzeit einen grotesken neuen Kult um die Person Xi Jinpings in Chinas sozialen Medien“, beschreibt Heilmann die derzeitige politische Lage in der Volksrepub­lik.

Noch trauen sich auch chinesisch­e Akademiker, Kritik gegen diese neue Linie zu äußern. Shen Kui, ein ehemaliger Dekan der Juristisch­en Fakultät an der Peking Universitä­t, greift etwa in einem Blog-Eintrag Bildungsmi­nister Yuan direkt an und weist darauf hin, dass doch schon die Idee des Kommunismu­s selbst ein ursprüngli­ch westlicher Gedanke sei. „Der Marxismus, auf den sich unsere derzeitige Verfassung beruft, und den wir bewahren müssen, die Gedanken des Internatio­nalismus, des dialektisc­hen Materialis­mus – sie sind alle im Westen entstanden und haben China beeinfluss­t.“Es gebe unzählige andere Beispiele, die China vom Westen in einem positiven Sinn übernommen habe. „Verlust der klugen Köpfe“. Andere Kollegen sprechen von einer gefährlich­en Rückwärtse­ntwicklung. Chinas Universitä­ten litten ohnehin bereits unter dem „Verlust der klugen Köpfe“, beklagt sich ein Professor der Pekinger Tsinghua Universitä­t, der aus Furcht vor Benachteil­igungen nicht namentlich genannt werden möchte.

Seit Jahren versuchen viele Studentinn­en und Studenten, ins Ausland zu gehen. Tatsächlic­h haben allein im vergangene­n Semester nach Angaben des Institute of Internatio­nal Education rund 274.000 Chinesen allein an USUniversi­täten studiert, auch nach Deutschlan­d, Großbritan­nien, Australien, Kanada und Frankreich zieht es jeweils mehrere zehntausen­d. Und das war noch vor Xis Ankündigun­gen. Dieser Trend könne sich noch verstärken, meint der Professor.

Die Führung des Riesenland­es entdeckt offenbar wieder ihre Liebe zum Personenku­lt.

Nur weg nach Schottland. Wie viele seiner akademisch­en Freunde hegt auch der Student Chen Yu mittlerwei­le ernstlich Pläne, sein Studium im Ausland fortzuführ­en. Er habe sich bereits Unterlagen der Universitä­t Edinburgh im fernen, kühlen Schottland zuschicken lassen, berichtet er. Noch westlicher geht es kaum noch.

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