GESCHICHTE
Objekt herausholen – und das funktioniert, indem man billig baut und teuer verkauft. In den seltensten Fällen geht es um die Liebe zum Haus“, erzählt ein Gutachter, der anonym bleiben möchte. „Unternehmen beauftragen Subunternehmen und diese wieder Subsubunternehmen. Viele von diesen kommen aus den neuen EU-Ländern wie Ungarn oder Polen.“Da werde nicht geschaut, ob die Ausbildung passe und das nötige Wissen da sei – „und es ist auch schwer, jemanden zur Verantwortung zu ziehen, wenn etwas nicht passt.“Dazu würde gerade in boomenden Vierteln „viel gebaut, ohne groß zu fragen“. Baugenehmigungen würden immer wieder fehlen. Das bestätigt auch die Baupolizei: „Aufgrund vermehrter Vorfälle bei Gründerzeithäu- sern hat die Polizei im Herbst 2010 die ,Aktion scharf‘ ins Leben gerufen“, sagt Sprecher Kirschner. „Bei mehr als 500 Baustellen musste aufgrund schwerwiegender Mängel oder illegalen Bauens eine Einstellung verfügt werden.“Davon waren ungefähr 300 sogenannte Schwarzbauten. In viel größerem Maß gebe es dazu mündliche Baueinstellungen, die bei weniger schwerwiegenden Fällen vorgesehen sind. Fehlen©e Schutzzonen. Etwas mehr Kontrolle gibt es bei Häusern, die unter Denkmalschutz stehen – darunter fallen rund 570 Gebäude. Allerdings liegen die wenigsten von ihnen außerhalb des Gürtels. Während in den Bezirken eins bis neun rund 86 Prozent der Häuser geschützt werden, sind es in den Außenbezirken nur 14 Prozent. Dazu sieht die neue Wiener Bauordnung seit 2014 ein verpflichtendes Bauwerksbuch vor. Dort müssen künftig alle Umbauten dokumentiert werden. „Das
Die Grün©erzeit
wur©e in ©er Hochblüte ©es LiberŻlismus vom Großbürgertum getrŻgen un© wŻr gleichzeitig ©ie Epoche ©er Entwicklung Wiens zur internŻtionŻlen Metropole. Die Epoche unterteilt sich in Früh(1840–1870), Hoch(1870–1890) un© Sp´tgrün©erzeit (1890–1918).
WŻchstum.
In ©er Sp´tgrün©erzeit wur©e ©er Gürtel Żngelegt un© wur©en ©ie Vororte verbŻut. 1910 erreichte ©ie StŻ©t ihren historischen EinwohnerhöchststŻn© von zwei Millionen. Monitoring der Gebäudesubstanz ist ein großer Fortschritt, bisher wusste man über viele Häuser gar nichts“, sagt auch TU-Professor Kolbitsch. Nun müssen alte Gebäude künftig eine Art Pickerltest bestehen und werden regelmäßig überprüft. „Ungefähr alle 30 Jahre fallen größere Instandsetzungsarbeiten an“, so Kolbitsch. Die Bürger wehren sich. Ob ein Altbau saniert wird, ist in erster Linie nicht eine Frage des Willens, sondern eine des Geldes – das viele kleine Privateigentümer vor allem für komplexere Instandsetzungsarbeiten nicht haben. Der einzige Ausweg ist oft der Verkauf an einen Investor. In RudolfsheimFünfhaus formiert sich dagegen Widerstand: „Wir haben unser Grätzel lieb gewonnen und wollen uns das nicht von Investoren kaputt machen lassen, denen nichts an den Bauten hier gelegen ist“, sagt Kurt Tanner, Geschäftsinhaber von Urban Tools und Mitbegründer der Initiative „Einfach 15“.
Der Zusammenschluss von Privateigentümern, Kreativen und Geschäftsleuten arbeitet derzeit mit der Gebietsbetreuung an einem Masterplan zur Belebung und Aufwertung des Viertels. Kernstück ist die sogenannte Blocksanierung – die Definierung eines größeren Gebiets, das in einem Zug saniert wird. Die Stadt Wien fördert diese Maßnahme, die auch Eigentümern kleinerer Immobilien finanziell ermöglichen soll, ihr Haus zu renovieren. Die Förderung ist an eine Reihe von Bedingungen geknüpft: So müssen gewisse Leitlinien eingehalten werden, um ein einheitliches Stadtbild zu schaffen. Mieten dürfen auf eine bestimmte Zeit nicht angehoben werden und Erdgeschoßzonen müssen mitsaniert – und im besten Fall bespielt werden. „Wir haben in das Grätzel in den vergangenen Jahren sehr viel Energie, Zeit und Geld gesteckt und uns etwas aufgebaut, was funktioniert“, meint Tanner. „Wir werden nicht zuschauen, wie alles wieder zusammenbricht.“
Die BŻupolizei muss pro JŻhr run© 100 BŻustellen in Grün©erzeith´usern schließen.