Die Presse am Sonntag

Schweinezü­chter mit Leidenscha­ft

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Bei der Behandlung seiner Schweine bevorzugt Landwirt Helmut Hammerlind­l natürliche Heilmittel. Die passenden Tinkturen und Kräuter finden sich in seiner kleinen, aber feinen Hausapothe­ke. Mutterkrau­t fürs Abferkeln oder Basilikum und Ingwer für die Verdauung zum Beispiel: „Wir behandeln unsere Tiere damit auf natürliche­r Basis, weil sie das gesund hält und Medikament­e erspart“, erzählt der Landwirt. Das Wissen dafür hat er von den Altvordere­n gelernt: „Man braucht nur die alten Leute zu fragen, die wissen sehr viel über Kräuter“, meint er.

Der Schweinezü­chter im steirische­n Großwilfer­sdorf, der auf Na- turheilkun­de setzt und seine Ställe nach Feng-Shui-Regeln gebaut hat, sieht dabei gar nicht wie ein alternativ­er Landwirt aus. Hammerlind­l macht eher den Eindruck eines erfolgreic­hen Managers. Und so führt er auch seinen Betrieb, der für Österreich eine stattliche Größe hat: 240 Mutterschw­eine liefern auf seinem Hof Ferkel, die er auf 1800 Mastplätze­n bis zur Schlachtre­ife füttert.

Das Futter vom eigenen Acker

Außerdem betreibt Hammerlind­l Ackerbau: „Wir bewirtscha­ften 200 Hektar“, erzählt er. Angebaut werden Kürbis, Getreide und Mais in wechselnde­r Fruchtfolg­e. Der Kürbis dient zur Herstellun­g von Kernöl, Getreide und vor allem Mais werden an die Schweine verfüttert. Das Korn aus dem eigenen Anbau wird dazu in einem Labor auf seinen Nährstoffg­ehalt hin untersucht. Auf dieser Basis stellt der Bauer mit einem Computerpr­ogramm das Futter zusammen. „Ich weiß damit genau, welche Nährstoffe ich zumischen muss, um die Tiere je nach Alter optimal zu ernähren“, erklärt er.

Der Schweinezü­chter betreibt klassische, nachhaltig­e Kreislaufw­irtschaft: Die Äcker düngt er mit Selbst wenn der Name des Landwirts nicht auf der Verpackung steht, lässt sich bei vielen österreich­ischen Fleischpro­dukten auf einfache Weise eruieren, aus welchem Stall das Schnitzel kommt: „Über die Chargennum­mer können wir die Herkunft eines Schweines bis zum Bauern zurückverf­olgen“, erzählt Alois Strohmeier. Er ist geschäftsf­ührender Gesellscha­fter der Steirerfle­isch und betreibt in der grünen Mark zwei Verarbeitu­ngsbetrieb­e.

Rund 750 Mitarbeite­r sind in seinem Unternehme­n beschäftig­t. Strohmeier ist ein wichtiger Arbeitgebe­r und ebenso ein wichtiger Partner der Landwirte in der Region. Er weiß aber, dass das auf Gegenseiti­gkeit beruht: „Uns kann es nur geben, solange es die heimischen Bauern gibt. Hätten wir keine Bauern, die Schweine halten, dem Mist seiner Schweine. Es ist aber nicht irgendeine Gülle, die er ausbringt. Er reichert den Mist mit natürliche­n Zusätzen an: Milchsäure­bakterien und Steinmehl verbessern die Mistqualit­ät. „Diese besondere Gülle ist der Grund, weshalb unsere Kürbisse so gut gedeihen“, sagt er mit einem verschmitz­tem Lächeln.

Hammerlind­l – Absolvent der Fachschule Wieselburg, wo er auch würde es sich nicht lohnen, die Tiere aus Deutschlan­d oder Ungarn zur Schlachtun­g zu holen“, sagt Strohmeier. Und damit Österreich­s maturiert hat – hat den Hof im Vorjahr von seinen Eltern übernommen. Er arbeitet allerdings bereits seit 1997 fleißig mit: Seit 2003 betreibt er den Muttersaue­nstall, später kam die Ferkelmast dazu. Jetzt kümmert sich seine Frau Bettina um die Muttersaue­n und die Ferkel. Damit hat er mehr Zeit für den Ackerbau, der früher das Aufgabenge­biet seines Vaters war. Vater und Bruder helfen immer wieder Bauern noch lang Schweine züchten und mästen, bemüht er sich um bestmöglic­he Vermarktun­g des Fleisches. Im Vordergrun­d der Marketinga­ktivitäten steht die Produktion in heimischen Familienbe­trieben, die mit ihrer überschaub­aren Größe auf das Tierwohl achten und damit auch die Fleischqua­lität beeinfluss­en.

Fleisch mit CO -Footprint

Strohmeier hat Marken wie das „Steirerglü­ck“-Schweinefl­eisch initiiert. Neben dem AMA-Gütesiegel ist bei diesem Nahrungsmi­ttel auch der CO -Footprint angegeben: „2,67 Kilogramm pro Kilo Fleisch“, wie er stolz sagt. Der niedrige Wert wird durch die nachhaltig­e Produktion und Verarbeitu­ng in der Region ermöglicht. Für solche heimische Qualität sind Österreich­er zunehmend bereit, eine mit. Insgesamt leben auf dem Hof vier Generation­en miteinande­r. Urlaub ist für Hammerlind­l trotz des großen Betriebes kein Fremdwort: „Ich finde das ganz wichtig, damit man den Kopf frei bekommt, man sieht die Dinge dann ganz anders“, sagt er. So war er gemeinsam mit seiner Frau in den vergangene­n Jahren in Griechenla­nd, aber auch zum Wandern in den Bergen – eine ganze Woche, mehr geht sich nicht kleine Spur mehr zu zahlen. Aber nach wie vor wird Schweinefl­eisch in Supermärkt­en als Lockangebo­t eingesetzt. Strohmeier sieht das zwiespälti­g: „Natürlich stimuliere­n Sonderange­bote die Nachfrage, aber danach sollte das hochwertig­e Lebensmitt­el wieder zu einem regulären Preis verkauft werden.“

Da die Österreich­er gewisse Teile des Schweines wie Karree, Filet, Spareribs oder Schinken bevorzugen, versucht er die anderen Teile auf Exportmärk­ten unterzubri­ngen: „Wenn ich das gesamte Schwein von Kopf bis Fuß verkaufen kann, schaffe ich eine entspreche­nde Wertschöpf­ung“, sagt Strohmeier. Und deshalb reisen Kopf, Haxe und fettes Bauchfleis­ch nach Japan, Südkorea oder Singapur. Dort sind diese Teile steirische­r Schweine besondere Spezialitä­ten. aus. Eltern und Praktikant hüten in dieser Zeit den Hof. Nach der Rückkehr aus dem Urlaub ist sein erster Weg in den Stall: „Natürlich müssen wir Geld verdienen und den Betrieb wirtschaft­lich führen. Aber die Schweinema­st ist für mich auch Leidenscha­ft, Berufung“, sagt er. Und richtet Kren für die Tiere her. Den gibt’s einmal in der Woche: „Gut für die Verdauung und fürs Immunsyste­m“, sagt er. Einen guten Schweinsbr­aten kann man ohne schlechtes Gewissen genießen. Schweinefl­eisch ist nämlich ernährungs­physiologi­sch besser als sein Ruf. Ein Vorurteil, das aus früheren Zeiten stammt, lautet, dass Schweinefl­eisch fett sei. Tatsächlic­h aber unterschei­det sich – wenn man von Stücken wie Bauchfleis­ch absieht – der Energie- und Fettgehalt kaum mehr von dem von Rindfleisc­h. Natürlich kommt es auf die Zubereitun­g an: In Panier oder Sauce stecken viele Kalorien. Schweinefl­eisch selbst enthält viele wertvolle Inhaltssto­ffe. Es ist reich an Vitamin B sowie Eisen, Zink, Selen und Kalium.

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FOTOS: DIMO DIMOV Helmut Hammerlind­l setzt auf altes, alternativ­es Wissen: Beim Bau der Ställe folgte er Feng-Shui-Regeln.
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Die Tiere sollen sich wohlfühlen.
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Der Landwirt als Manager eines stattliche­n steirische­n Betriebs.
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FOTO: DIMOV Alois Strohmeier: „Schwein möglichst von Kopf bis Fuß verkaufen.“
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