Der Dönerkönig aus Berlin
Mit seinem Unternehmen gehört Remzi Kaplan zu den größten Produzenten von Dönerspießen in Europa. In einem längst gesättigten Markt gilt er als »Imbissmillionär«.
Remzi Kaplan schaut auf seine Leute, deswegen die Verspätung. Eben hat er einen Mitarbeiter zum Flughafen gefahren, der wegen eines Todesfalles in die Türkei fliegen musste, und nun, vor dem Büro, erkundigt er sich besorgt bei seinem Fleischlieferanten, ob er denn schon lang auf ihn warte. Der Lieferant winkt ab, alles kein Problem. „Es ist so“, sagt Remzi Kaplan und betritt das zitronengelbe Haus in Berlin-Gesundbrunnen, das von einem riesigen Tiger aus Plastik bewacht wird, „ich war selbst auch einmal Arbeiter. Man muss schauen, dass es den Mitarbeitern gut geht.“
Kaplan – Türkisch für Tiger – ist ein kleiner Mann mit Schnauzer, der zu den Größten der Branche zählt. Mit „Kaplan Dönerproduktion“gehört er zu den Top fünf der Fleischspießhersteller in Europa. Er beliefert Imbissstuben in Frankreich, Österreich und Griechenland, ja bis hin nach Saudiarabien, Kuwait und in die Vereinigten Arabischen Emirate. Insgesamt vier Produktionsstätten gehören zu seinem Unternehmen. Davon befindet sich eine in Holland, wo er sein Unternehmen begonnen hat und sein Bruder die Herstellung überwacht.
„Holländisches Fleisch ist viel heller“, sagt Kaplan, der seine Spieße mit Kalb, Rind und Geflügel bearbeiten lässt. Nicht ohne Stolz erzählt er davon, dass der Döner unter allen Fast-FoodSpeisen zu den gesündesten zähle. „Warum? Da das Essen vor Ihren Augen frisch zubereitet wird.“Derzeit beläuft sich der Dönerkonsum in Deutschland laut Kaplan auf 400 Tonnen täglich. Berlin ist die unangefochtene Hauptstadt des Fleischspießes, zumal die Imbissversion dieses türkischen Tellergerichts hier erfunden wurde. Von einem Gastarbeiter wohlgemerkt. Ein Kind einer Gastarbeiterfamilie ist auch Kaplan. Er folgte 1970 seinen Eltern nach, die bereits vor ihm aus der anatolischen Provinz Yozgat nach Deutschland gekommen waren. Mit einer weiterführenden Schule konnte der junge Remzi Kaplan nicht viel anfangen, dafür machte er sich schnell selbstständig. Qualität statt Zahlen. Vor der Wiedervereinigung war er als Greißler und Fleischhändler tätig. Nach dem Fall der Mauer pflanzte er als einer der ersten in eine leere Ecke Ostberlins einen Dönerimbiss hin. Das war 1990. Im selben Jahr begann Kaplan mit der Spießproduktion. Seitdem ist sein Unternehmen stetig gewachsen. Nicht sprechen will der Unternehmer aber von Zahlen, von Umsatz oder verkauften Spießen. „Warum auch?“, fragt Kaplan. „Wichtig ist, dass das Produkt hochwertig ist.“
Deutsche Medien haben ihn schon als „Imbissmillionär“betitelt. Aber ein
Remzi Kaplan
wurde 1960 in der Türkei geboren. Seine Eltern kamen als Gastarbeiter nach Deutschland, der junge Kaplan folgte ihnen 1970 nach.
1990
gründete Kaplan seine Dönerspießproduktion, heute hat er vier Niederlassungen in Deutschland und Holland. Er gehört zu den größten Produzenten in ganz Europa. Millionär sei er nicht, sagt Kaplan. Ein Dönerkönig, wie ihn die Medien ebenfalls nennen, doch, das sei er schon. Dabei wurde sein Unternehmen vor rund neun Jahren von einem Gammelfleischskandal erschüttert. Die Vorwürfe, sagt Kaplan, seien haltlos gewesen. „Jeder, der möchte, kann unangemeldet kommen und unsere Produktion besichtigen.“Sein Ruf habe durch den Skandal zwar eine Schramme erhalten, aber langfristig habe es seinem Unternehmen nicht geschadet. Das spreche eben für sein Produkt.
Der Dönermarkt ist in Deutschland bereits seit geraumer Zeit gesättigt. Yunus Ulusoy, Ökonom am Zentrum für Türkei-Studien in Essen, geht von rund 15.000 Beschäftigten in Deutschland aus, die in der Branche tätig sind. Der Markt sei in sich zwar beweglich – ein Imbiss schließt, ein anderer übernimmt oder eröffnet an einem anderen Standort neu –, aber insgesamt „sind die Wachstumsphasen eher vorbei, wenn es um Verkaufsstände geht“. Selbst die Zuliefererindustrie kann nicht mehr mit großer Expansion im Land rechnen. Aber auch wenn die Standorte großteils ausgeschöpft sind, kann sich der Döner selbst noch kreativ weiterentwickeln. Unternehmer versuchen es mit Zutaten wie Brie und Ruccola. Vor hippen Geschäften wie Mustafa’s Gemüsekebab in Berlin-Kreuzberg bilden sich endlose Schlangen. Viele Versuche, große Franchiseketten zu etablieren, sind gescheitert. „Wenn Sie den gesamten Markt durchdringen wollen“, sagt Ulusoy, „brauchen Sie entweder Kapital oder ein tolles Marketing, Zeit und Geduld, und selbst dann ist es schwierig.“Zumal in Ballungsräumen wie Berlin ein regelrechter Imbisspreiskampf tobt.
Davon scheint Kaplan, der sein Unternehmen gemeinsam mit seiner Familie betreibt, nicht viel zu spüren. Er hat sich rechtzeitig einen Platz im heiß umkämpften Markt gesichert. Und so, wie es aussieht, wird ihm so schnell kein anderer den Berliner Thron streitig machen.