Maschinenraum
VOLLE KRAFT VORAUS DURCH DIE TECHNIKWELT
Ich fürchte, man kann es nicht mehr hören. Und will es nicht mehr lesen. Oder die Sachlage gar ernsthaft diskutieren. Fast täglich trudeln Hinweise, Belegstücke, ja glasklare Beweise dafür ein, dass wir pauschal verdächtigt, abgehört und bespitzelt werden. Vollkommen ungerührt, ungeniert und ungeachtet der hiesigen Gesetzeslage.
So tauchte diese Woche ein Dokument auf, das ein besonderes Interesse des amerikanischen Geheimdienstes NSA an Kunden des österreichischen Internet-Providers UPC – Domain: chello.at – belegt. Der Datenverkehr von Nutzern dieses Anbieters wird mit einem Spionageprogramm namens Upstream direkt von den Knotenpunkten der Glasfaserkabel abgesaugt. UPC selbst weiß davon offiziell nichts, verwahrt sich aber – zumindest verbal – gegen diesen Angriff auf die unternehmeri- sche Integrität und Reputation. „Wir setzen“, so ein Statement aus der Firmenzentrale, „ständig alle erforderlichen Schritte, um unser Netzwerk zu sichern“.
Letztendlich ist man aber macht- und hilflos. So macht- und hilflos wie unsere Volksvertreter. Die Politik – wenn man noch an das Primat der Demokratie und damit einer gewählten, verantwortungsbewussten Repräsentanz der Bevölkerung durch Politiker glaubt – scheint entweder komplett die Augen zu verschließen, längst resigniert zu haben. Oder von der Wühlarbeit der US-Schattenkrieger zu profitieren. Gewöhnung, Abstumpfung und kollektive Verdrängung greifen perfekt. Die Bürger, weithin desinteressiert an komplexen Themen der Digitalsphäre, scheinen sich mehr und mehr mit dem Gedanken zu arrangieren, dass das alles ganz normal und alltäg- lich ist. Die üblichen Verdächtigen – Datenschützer, Oppositionspolitiker und Verschwörungstheoretiker – nörgeln rum, Juristen und Staatsanwälte schweigen beredt, der Journalismus übt sich in der Folklore des Abwägens und Abwiegelns. Und alles läuft stillschweigend weiter wie gehabt. Wie werde ich meiner Enkeltochter einst erklären, dass wir uns alle so verhalten haben und nicht anders?
Denn es ist absehbar, wohin dieser Gleichschritt der Ignoranz führt: direkt in den Abgrund. Ach, Sie meinen, „Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten“? Ich bitte dringend darum, nachzuforschen, wem dieser Satz zugeschrieben wird. Unter uns: Diese Recherche – etwa via Google – macht Sie gleich extra verdächtig.