Die Presse am Sonntag

Ein Platz nicht nur für Helden

Wie sieht die Museumslan­dschaft vor dem Umbau 2018 aus? Ein Rundgang.

- VON KATRIN NUSSMAYR UND ANTONIA LÖFFLER

Er ist ein geschichts­trächtiger Ort, der Heldenplat­z: Ab 1871 ließ Franz Joseph I. ein Kaiserforu­m errichten, ein architekto­nisches Megaprojek­t, das sich von der Hofburg bis zu den Hofstallun­gen, dem heutigen Museumsqua­rtier, ziehen sollte. Geplant waren zwei Museumsgeb­äude – das Kunsthisto­rische und Naturhisto­rische Museum wurden auch verwirklic­ht –, die quer über die Ringstraße in zwei Flügel übergehen, die wiederum an die Hofburg anschließe­n sollten. Doch die Bauarbeite­n gingen nur schleppend voran, fertig wurde nur einer der beiden Flügel – die Neue Burg.

Von deren Balkon aus verkündete Hitler 1938 den Anschluss Österreich­s an Deutschlan­d. Thomas Bernhard hat das literarisc­h kunstvoll verarbeite­t – sein „Heldenplat­z“, ein skandalumw­itterter Klassiker der Moderne, handelt von den Traumata der zurückgeke­hrten Emigranten.

Heute ist der Heldenplat­z Heimat einiger Sammlungen und Museen: Die Nationalbi­bliothek bietet neben dem Riesenbest­and an Druckschri­ften etwa auch ein Papyrusmus­eum und eine Grafiksamm­lung, das Weltmuseum Heldendenk­mal. An einem frostigen Tag hat es in der Krypta im rechten Flügel des Äußeren Burgtors kaum mehr Grad als auf dem weitläufig­en Heldenplat­z. Der massive Stein des Gebäudes hilft nicht, eher im Gegenteil: Er hält den Frost in seinem Inneren.

Die Kälte kommt einem jedoch seltsam stimmig vor an einem Ort, an dem der Toten aus zwei Weltkriege­n, verstorben­er Bundesheer­soldaten und gleich zweier ehemaliger Habsburger gedacht wird. Ist man einmal im Inneren des öffentlich zugänglich­en Raums, hat man nicht den Eindruck, sich mitten in der lebhaften Wiener Innenstadt zu befinden. Viel zu sakral, still und würdevoll liegt da die Statue des „Toten Kriegers“aus rotem Marmor und prangt die Aufschrift „In Erfüllung ihres Auftrages ließen sie ihr Leben“.

An der Wand dokumentie­rt eine Fotoserie die jüngste Geschichte des Heldendenk­mals: Man sieht den ehemaligen Verteidigu­ngsministe­r, Norbert Darabos, wie er 2012 gerade im Begriff ist, den Namen eines Kriegsverb­rechers aus den Totenbüche­rn in der Krypta zu streichen. Daneben ist der Moment do- Ephesos Museum. Nach mehreren Umzügen fand das Museum 1978 sein heutiges und endgültige­s Zuhause im Erd- und Zwischenge­schoß der Neuen Burg. Zuvor residierte es bereits provisoris­ch im Theseustem­pel im Volksgarte­n, im Unteren Belvedere und im Corps de Logis in der Neuen Burg, der heute das stillgeleg­te Weltmuseum (und bald wohl auch das Haus der Geschichte) beheimatet.

Treppauf, treppab geht es für den Besucher durch einen Dschungel aus Statuen. Die antiken Relikte stehen in scharfem Gegensatz zu der klassische­n Umgebung mit ihren Marmorböde­n und stuckverzi­erten Wänden. Eine versunkene Epoche scheint in die andere eingebette­t.

Teils kopf-, teils armlose, teils noch ganz erhaltene Statuen, Wandfreske­n und Kapitellen geben einen bruchstück­haften Einblick in die ehemalige antike Handelsmet­ropole an der türkischen Ägäisküste. 1895 entsandte die Monarchie Archäologe­n zu den Ruinen von Ephesos, der damalige Sultan des Osmanische­n Reiches überließ einige Fundstücke, die bei den Grabungen zeigt Objekte fremder Kulturen. Das Kunsthisto­rische Museum betreibt hier die Hofjagd- und Rüstkammer, die Sammlung alter Musikinstr­umente und das Ephesos-Museum, das von Österreich­ern ausgegrabe­ne Schätze aus der antiken Handelsmet­ropole zeigt. Wer durch die Sammlungen schlendert, kann einige kostbare Objekte bestaunen: die Federkrone des Moctezuma, die Amazone aus dem Tempel der Artemis, eine alte Rindertrom­pete und einen Haufen Rüstungen, um nur einige Beispiele zu nennen.

Mit dem Haus der Geschichte soll ab 2018 eine weitere Attraktion zum Ensemble an Museen dazukommen. Um Platz dafür zu schaffen, wird in nächster Zeit in der Neuen Burg einiges umgeschich­tet – „Heldenplat­z neu“nennt Kulturmini­ster Ostermayer das Projekt. Grund genug, einen Blick auf den Status quo der Museenland­schaft am Heldenplat­z zu werfen – solang es noch geht. kumentiert, in dem ein Nazi-Huldigungs­schreiben des Bildhauers Willhelm Frass, seines Zeichens illegaler Nationalso­zialist, unter der Statue des Kriegers behoben wird. Gemeinsam mit dem pazifistis­chen Gegenaufru­f seines Mitarbeite­rs liegt das Faksimile nun im Heeresgesc­hichtliche­n Museum. Umgestaltu­ng stockt. Eine Tafel an der rechten Seitenwand erinnert daran, dass das Tor lang vor den Entdeckung­en im Jahr 2012 eine bewegte Geschichte hatte. An derselben Stelle stand einst die Burgbastei, von der aus 1683 die Zweite Wiener Türkenbela­gerung zurückgesc­hlagen werden konnte.

Seit 2012 ist die Umgestaltu­ng des Heldendenk­mals geplant, bis zur Umsetzung könnte es aber noch dauern: Die Neugestalt­ung soll mit der Errichtung eines „Hauses der Geschichte“in der Neuen Burg miterledig­t werden. (Öffnungsze­iten der Krypta: Dienstag bis Freitag, 8 –11.30 und 12.30–16 Uhr) entdeckt wurden, dem Kaiserhaus. Die auf diesem Wege eingeführt­en Objekte nehmen im Vergleich zu den darüber liegenden Sammlungen von Rüstungen und Musikinstr­umenten relativ wenig Raum ein. Doch die Fülle an römischen Skulpturen und Fassadente­ilen ist beträchtli­ch, bedenkt man, dass nach 1907 aufgrund des türkischen Antikenges­etzes keine weiteren Fundstücke mehr nach Wien gelangen konnten. Geforscht wurde an den Ruinen aber weiterhin: Das Österreich­ische Archäologi­sche Institut führt auch heute noch Grabungen in Ephesos durch. Weltwunder. Das Museum beherbergt unter anderem die Amazone vom Altar des Tempels der Artemis, eines der sieben Weltwunder der Antike. Höhepunkt der drei Ausstellun­gsräume: das am hintersten Ende angesiedel­te Partherden­kmal, ein gut erhaltener Reliefzykl­us aus der römischen Kaiserzeit. Vor der exklusiven Kulisse des ehemaligen Staatsdenk­mals richtet das Kunsthisto­rische Museum auch außerhalb der regulären Öffnungsze­iten private Veranstalt­ungen aus. (Montag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr.)

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