Die Presse am Sonntag

Culture Clash

FRONTNACHR­ICHTEN AUS DEM KULTURKAMP­F

- VON MICHAEL PRÜLLER

Culture Splash. Eine Begebenhei­t am Rande in Duisburg zeigt, wie man Muslime am besten nicht für unsere Kultur gewinnt.

Mehrere Leser haben mir mitgeteilt, sie hätten mich bei einem Widerspruc­h, zumindest einer Inkonseque­nz ertappt. Vor zwei Wochen habe ich hier nämlich beklagt, dass die Kultur des Westens ihren Biss verloren hat. In der vorigen Woche habe ich hier meine Freude darüber bekundet, dass die deutschen Kopftuchve­rbote für Lehrerinne­n wackeln. Was denn nun, wurde ich gefragt: Mit den Kopftuchve­rboten hätte die europäisch­e Kultur doch einmal Flagge gezeigt.

Ich möchte die – wie ich denke – Stimmigkei­t meiner Überlegung­en an einer Begebenhei­t demonstrie­ren, die sich kürzlich in Duisburg, der Perle des Ruhrgebiet­es, abgespielt hat. Etwa zwölf Prozent der Duisburger sind Muslime, und so gab es die Bitte an die Stadt, in den öffentlich­en Bädern regelmäßig­e Benutzungs­zeiten nur für Frauen einzuricht­en (gibt’s übrigens in vielen Wiener Bädern). Sogleich entstanden Bürgerinit­iativen gegen dieses Ansinnen, Unterschri­ftenlisten kursierten.

Schließlic­h erteilte die Stadt eine Absage: Man habe die nötigen Ressourcen nicht. Große Erleichter­ung bei den Gegnern: Zu Wasser bleibt Duisburg hundertpro­zentig gemischtge­schlechtli­ch! Was etwa in der Sauna durchaus noch europäisch ist, nämlich Geschlecht­ertrennung, konnte im Schwimmbec­ken als muslimisch­er Überfremdu­ngsversuch gerade noch abgewehrt werden.

Hat es was gebracht? Jene muslimisch­en Frauen, die wegen der Treue zu ihrer Religion oder dem ihrer Kultur entspreche­nden Schamgefüh­l nicht gleichzeit­ig mit Männern baden wollen, werden jetzt zuhause bleiben und nicht in einem geschützte­n Raum Kontakt zu Frauen der Mehrheitsg­esellschaf­t knüpfen und sich an sie gewöhnen können. Soviel zur Integratio­n

Es wird auch die muslimisch­e Zuwanderun­g nicht vermindern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Immigratio­nsdruck sinkt, wenn sich in der islamische­n Welt herumspric­ht, dass es mit dem Baden in Duisburg doch nichts wird. Das einzige Resultat ist eine Vertiefung des Eindrucks, dass Sensibilit­äten dann nicht berücksich­tigenswert sind, wenn sie etwas mit dem Islam zu tun haben. Das schafft Bürger zweiter Klasse.

Ich orte hier einen wenig ruhmreiche­n Stellvertr­eterkrieg. Weil man die Terroriste­n nicht erwischt und nicht gegen IS und andere Mörderband­en ausrücken kann, versucht man den Kulturkamp­f wenigstens im Hallenbad zu gewinnen. Nur: Dort lässt sich gar nichts gewinnen, sondern bloß etwas verlieren. Nämlich die Achtsamkei­t und Rücksichtn­ahme auf die, die anders sind – und das ist einer der westlichen Werte, die ich gern verteidigt und nicht für einen billigen Scheinsieg geopfert sähe. Der Autor war stv. Chefredakt­eur der „Presse“und ist nun Kommunikat­ionschef der Erzdiözese Wien.

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