Die Südsteirische Weinstraße: 60 Jahre jun
Dass die Steirer gern feiern – und ebenso gern auch ihre Gäste daran teilhaben lassen – darf inzwischen als bekannt vorausgesetzt werden. Heuer haben sie aber noch einen ganz besonderen Grund dafür, begeht doch ihre Südsteirische Weinstraße das 60-JahrJubiläum. Dabei erfreut sie sich einer enormen Vitalität: Von bescheidensten Anfängen über die Jahre und Jahrzehnte zu einem Anziehungspunkt für genussorientierte Individualtouristen geworden, hält man inzwischen bei 180.000 Gästenächtigungen pro Jahr. Das klingt jetzt nach jeder Menge Trubel und an manchen Tagen erlebt man den auch; andererseits findet man hier aber nach wie vor stille, idyllische Plätzchen und wer sich den Luxus leisten kann, unter der Woche unterwegs zu sein, erlebt die Süd- steiermark durchaus von ihrer beschaulichen und kontemplativen Seite.
Das Tor zur Welt
Was der Bau der Weinstraße für die Region bewirkt hat, können wir uns heute kaum mehr vorstellen. Die Menschen in der Südsteiermark führten ein sehr bescheidenes und – damals eher unfreiwillig – abgeschiedenes Leben. Mit der Errichtung der Weinstraße sollte hier der Fortschritt Einzug halten, aber auch die Möglichkeit geschaffen werden, dass Touristen – damals vor allem aus Graz – bequem mit dem Auto anreisen könnten. Viele Höfe entlang der Straße bekamen so überhaupt erstmals eine Zufahrt und im Gefolge des Straßenbaus hielt auch das Telefon verstärkt Einzug. Nicht jeder war von dieser neuen Errungenschaft begeistert, wie Robert Knaus, ein Zeitzeuge, der anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums der Weinstraße vom ORF interviewt worden war, berichtete: „Einer sagte: Wenn ich telefonieren will, gehe ich zu meinem Nachbarn hinüber, zum Zweytick-Luis – dann kriege ich ein Glasl Wein auch gleich!“Und auf die Frage, ob es denn früher auf der Weinstraße nicht viel ruhiger war, meinte Knaus damals trocken: „Von der Ruhe kann man nicht leben!“Maria Jakope, ebenfalls als Zeitzeugin befragt, machte klar, das es hier um mehr ging als nur einen Weg: „Mit der Straße wurde das Tor zur Welt geöffnet, zur Bildung, zur Kultur – man kann sich gar nicht vorstellen, was so eine Straße alles bedeutet.“Und sie fand: „Zum Großteil ist es ja geblieben, wie es war, es ist nur alles viel schöner geworden, man hat sehr viel aufgebaut.“
Entschleunigen beim Autowandern
Genau das ist eine der Stärken der Südsteirischen Weinstraße, denn was gebaut wurde, fällt tatsächlich nicht unangenehm auf, weil man entweder an die Tradition angeknüpft oder stilsicher moderne Kontrapunkte gesetzt hat. Und dass der Charakter von Region und Mensch und selbst die Gemütlichkeit hier erhalten geblieben sind, hat nicht zuletzt mit der Straße selbst zu tun. Die ist über weite Strecken ein zwar asphaltierter, aber immer noch enger, winkeliger Pfad geblieben, der zur Entschleunigung nicht nur einlädt, sondern sie geradezu erzwingt. Kein Wunder, dass ich, obwohl ich doch seit vie-