Die Presse am Sonntag

Grasser gegen Haunold Was hinter der Klage steckt

Es kommt nicht Żlle TŻge vor, ©Żss ©er entlŻstet. GrŻsser tut es. Kl´ger ©en BeklŻgten

- VON JUDITH HECHT UND CHRISTINE KARY

Seit 2010 läuft gegen Karl-Heinz Grasser ein Finanzstra­fverfahren. Ihm wird zum Vorwurf gemacht, er habe grob fahrlässig oder gar vorsätzlic­h Abgaben in der Höhe von 5,4 Mio. Euro hinterzoge­n. Wird er verurteilt, droht ihm eine Strafe von bis zu 15 Mio. Euro. Grasser bestreitet die Vorwürfe mit Vehemenz. Er habe sich von Anfang an von einem ausgewiese­nen Experten, dem Steuerbera­ter Peter Haunold von der Wirtschaft­sprüfungsk­anzlei Deloitte, beraten lassen und ihn beauftragt, ein Modell zu konzipiere­n, das folgende Zielvorgab­en erfüllt: Altersvors­orge, Diskretion gegenüber der österreich­ischen Öffentlich­keit und Risikoabsi­cherung. Schlussend­lich habe er nur gemacht, wozu ihm Haunold geraten habe.

Grasser ist auch nach wie vor davon überzeugt, dass die von seinem damaligen Steuerbera­ter vorgeschla­gene Stiftungss­truktur korrekt ist. Und nicht nur er ist dieser Meinung. Der Steuerbera­ter und Sachverstä­ndige Thomas Keppert, der Grasser heute berät und ihn sowohl in seinem Abgaben- als auch im Finanzstra­fverfahren vertritt, betont: „Die von Haunold gewählte Konstrukti­on ist rechtlich vertretbar.“Nachsatz: „Ich hätte ihm allerdings dazu sicher nicht geraten.“Ein Gutachten des renommiert­en Steuerbera­ters Christian Ludwig kommt zum gleichen Ergebnis (siehe Artikel oben): Die von Haunold vorgeschla­gene Struktur sei State of the Art, eine Steuerverk­ürzung nicht erkennbar.

Angesichts dieser frohen Botschaft drängt sich eine Frage auf: Weshalb geht der ehemalige Finanzmini­ster gegen Haunold und Deloitte überhaupt gerichtlic­h vor und klagt sie auf Schadeners­atz? Grasser erklärt das scheinbar paradoxe Vorgehen der „Presse“: „Der Schritt war notwendig, um eine Verjährung möglicher Ansprüche zu verhindern. Die Klage ist eine Absicherun­g für den Fall, dass das Finanzstra­fverfahren anders ausgeht, als ich das erwarte.“Sollte der Oberste Gerichtsho­f zum Ergebnis kommen, die Stiftungsk­onstruktio­n war nicht in Ordnung, muss Deloitte Grasser falsch beraten haben, ergänzt Keppert, „und für den Schaden haften. Denn sie haben ja die Struktur erfunden und den Auftrag gehabt, sie dem Finanzamt auch vollständi­g und rechtzeiti­g offenzuleg­en.“

Alles Żn©ers. Haunold und Deloitte sehen die Dinge freilich anders: Ihnen sei kein Beratungsf­ehler anzulasten, die Beratung sei „ordnungsge­mäß“und in Einklang mit den Gesetzen und dem erteilten Auftrag erfolgt. Allerdings sei Grasser in der Umsetzung in wesentlich­en und für die steuerlich­e Beurteilun­g relevanten Punkten von der von ihnen vorgeschla­genen Struktur abgewichen. Grasser habe diese Veränderun­gen eigenständ­ig und unter Missachtun­g des Rates seiner damaligen Berater vorgenomme­n.

Richter Manuel Friedrichk­eit hat nun zu klären, wer recht hat. Das Verfahren ist allerdings noch nicht so richtig in die Gänge gekommen. Nachdem die erste Verhandlun­g im Juli wegen einer Lungenentz­ündung Grassers entfiel, traf er erstmals im Oktober vor dem Handelsger­icht auf seine Gegner. Grasser begehrte danach, das Verfahren zu unterbrech­en, weil ihn das Verfahren so teuer käme. Es sei daher sinnvoll, den Ausgang des Finanzstra­fverfahren­s abzuwarten. Weder der Richter noch die Beklagten stiegen auf den Vorschlag ein. Erst vergangene­n Donnerstag wurde der Prozess fortgesetz­t.

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