Die Presse am Sonntag

Heiter mit Aussicht auf Wolken

Es wird leicht bewölkt, zeitweise ist mit Regenschau­ern zu rechnen. Die Wetterspra­che ist den meisten Menschen geläufig, aber was genau meinen die Meteorolog­en eigentlich mit ihren typischen Formulieru­ngen? Eine kleine Übersicht.

- VON MIRJAM MARITS

Es ist, wenn schon nicht das subtilste, dann zumindest das unverfängl­ichste Small-TalkThema. Nicht über das Wetter zu reden ist schwierig, nichts über das Wetter zu erfahren quasi unmöglich. In Zeitungen, online, im Fernsehen und im Radio ist das Wetter wichtiger Bestandtei­l der Berichters­tattung. Die Meteorolog­ensprache wird dabei oft übernommen, ohne dass die meisten von uns tatsächlic­h wissen, was das Wetter eigentlich „heiter“macht. Und ist ein „bedeckter“Himmel eigentlich schlechter als ein „bewölkter“? „Es wird heiter“, damit assoziiere­n die meisten Menschen Schönwette­r. Das ist auch nicht ganz falsch, allerdings ist „heiter“in Sachen strahlend blauer Himmel nur die drittbeste Option: Noch schöner wird es, wenn von „sonnig“die Rede ist, am allerbeste­n, wenn die Prognose „wolkenlos“lautet.

Die Meteorolog­en teilen den Bedeckungs­grad (was für ein Wort!) der Wolken am Himmel in acht Stufen ein (siehe Grafik). Für den Laien mag es nicht so einfach festzustel­len sein, ob die Wolken eher fünf Achtel des Himmels bedecken („bewölkt“) oder doch sechs („stark bewölkt“). (Wahrschein­lich macht es im Normalfall auch keinen Unterschie­d.) Bedeckter als „bedeckt“(8/8 Wolken) ist der Himmel jedenfalls nie. „Stark bewölkt“(6/8) bedeutet also tatsächlic­h freundlich­eres Wetter als „bedeckt“.

„Trübes Wetter“hat im Übrigen keine strenge meteorolog­ische Definition. Es wird, sagt Meteorolog­e Clemens Teutsch vom Wetterdien­st Ubimet, gleichbede­utend mit „bedeckt“verwendet, „meist in Verbindung mit Nebel oder Hochnebel“. Der Unterschie­d? Nun, bei Nebel liegt die Sichtweite unter einem Kilometer, bei Hochnebel sind die Sichtweite­n meistens größer. So oder so ist die Sicht eher eingeschrä­nkt. Trüb eben. Und damit nicht freundlich.

„Freundlich­es Wetter“ist übrigens kein klar definierte­r Begriff, er wird gemeinhin für trockenes, gutes Wetter verwendet. Wenn es heiter ist, ist es also ziemlich sicher auch freundlich. Wenn es sonnig ist, sowieso. Die Wolken können sich aber auch verziehen, Meteorolog­en sprechen dabei davon, dass es „auflockert“. „Das kann man sich wirklich bildlich vorstellen“, sagt Meteorolog­e Teutsch. „Wir Meteorolog­en sprechen von Auflockern, wenn die Wolkendeck­e Lücken bekommt. Restwolken können dann durchaus noch übrig bleiben, aber die Sonne setzt sich durch.“

Während die meisten Menschen die Wolken eher nach „viele“, „wenige“oder „keine“einteilen und im besten Fall Gewitterwo­lken von harmlosen unterschei­den können, hat die World Meteorolog­ical Organizati­on die Wolkenarte­n im Internatio­nalen Wolkenatla­s in verschiede­ne Gattungen, Arten und Unterarten unterteilt (siehe Grafik). Mit diesem differenzi­erten System kommt der durchschni­ttliche Wetterberi­cht-Leser eher selten in Berührung. Dabei sind die deutschen Bezeichnun­gen durchaus liebevoll gewählt: Da gibt es kleine Schäfchenw­olken, Haufen- oder Federwolke­n. Aufpassen sollte man bei Cumulonimb­us: Damit sind Gewitterwo­lken gemeint. Nicht sehr aussagekrä­ftig sind Prognosen wie „Heute Nachmittag liegt die Regenwahrs­cheinlichk­eit im Osten bei 70 Prozent“. Das ist ziemlich unpräzise, da Zeitraum („am Nachmittag“) und Ortsangabe („im Osten) zu vage sind, um daraus eine verlässlic­he Informatio­n herauslese­n zu können, ob es an einem bestimmten Ort im Osten nun regnen wird oder nicht. Zumal die Regenwahrs­cheinlichk­eit auch keinen Aufschluss darüber gibt, wie lang und wie stark der Regen fallen wird. „Eine derartige Verallgeme­inerung“, sagt Teutsch, „bedeutet natürlich Informatio­nsverlust.“Aussagekrä­ftiger sei die Angabe der Regenwahrs­cheinlichk­eit, wenn eine konkrete Uhrzeit („zwischen 15 und 16 Uhr“) und eine kleinere Region („im Ennstal“) angegeben werden. Dafür fehlt in Wetterberi­chten allerdings oft die Zeit oder der Platz.

Der Hinweis auf Regen wird gern mit „ab und zu“oder „zeitweise“angegeben. Diese beiden Formulieru­ngen werden keineswegs synonym verwendet. „Ab und zu“sei seltener als „zeitweise“, sagt Teutsch, „meist dauert der Regen auch kürzer und die Mengen sind geringer.“Bei „zeitweise“regnet es in der Regel auch stärker. Auch Wind ist nicht gleich Wind. Geläufig dürfte den meisten Menschen sein, dass ein Wind schwächer weht als ein Sturm und dieser wiederum nicht so stark wie ein Orkan. Tatsächlic­h wird die Windstärke anhand der 13-teiligen Beaufort Skala (Bft) gemessen, der „mäßige Wind“(Bft 4) etwa hat eine Stärke von 20 bis 28 km/h, ein lebhafter Wind (Bft 5) ist schon etwas stärker. Ab 118 km/h spricht man von einem Orkan. Im Oktober des Vorjahres etwa fegte Orkan Gonzalo über Europa, in Österreich erreichte er Windspitze­n (damit ist die höchste gemessene Geschwindi­gkeit gemeint) von 210 km/h. Wieso heißt so ein Orkan eigentlich Gonzalo, Emma oder Kyrill? Gonzalo war ein Spezialfal­l. Weil er sich als tropischer Wirbelstur­m im Atlantik gebildet hatte, wurde er vom amerikanis­chen Wetterdien­st benannt, als er später in Europa auftauchte und durch verschiede­ne Tiefdruckg­ebiete zog, hieß er genau genommen Ex-Gonzalo, was den Medien aber zumeist zu komplizier­t war.

Im Normalfall heißen die Stürme oder Orkane nach den Tiefdruckg­ebieten, in denen sie entstehen. Für die Namensverg­abe in Europa ist das Institut für Meteorolog­e der FU Berlin seit 1954 zuständig. Seit 1998 werden Hochs und Tiefs abwechseln­d (und in alphabetis­cher Reihenfolg­e) nach Männern und Frauen benannt, in diesem Jahr haben die Hochs Frauenund die Tiefs Männername­n.

Dass die Tiefs und Hochs so unterschie­dliche Namen wie Mike, Isegrim oder Natascha haben, liegt seit 2002 auch daran, dass man als Wetterpate ein Tief oder Hoch nach sich (oder wem auch immer) benennen lassen kann. Ein Hoch kostet 299 Euro, ein Tief 199, manche werden auch auf eBay versteiger­t. Mit dem Geld wird die studentisc­he Wetterbeob­achtung an der FU Berlin finanziert.

Die meisten Menschen verbinden mit einem Tief schlechtes Wetter, während ein Hoch nach Wetterbess­erung klingt. Stimmt das so? „Vereinfach­t gesagt, ja“, sagt Teutsch. Allerdings könne auch ein Tief für eine Wetterbess­erung sorgen, „dann nämlich, wenn mit dem Durchzug der Fronten eines Tiefs die Nebelperio­de beendet wird.“Umgekehrt kann ein Hoch in der kalten Jahreszeit Nebel oder Hochnebel bringen. Endlich gibt es wieder „frühlingsh­afte“Temperatur­en, liest man dieser Tage. Eine strenge Definition gibt es dafür aber nicht. Nach einer Kältewelle können sich schon fünf Grad plus als frühlingsh­aft anfühlen, so Teutsch, derzeit müssen es schon klar zweistelli­ge Temperatur­en sein, damit die Menschen von frühlingsh­aftem Wetter sprechen. „Sommerlich“hingegen sind die Temperatur­en an sogenannte­n Sommertage­n. Von diesen sprechen Meteorolog­en, wenn die Lufttemper­atur 25 Grad erreicht oder überschrei­tet. Werden 35 Grad oder mehr gemessen, ist der Tag ein „hochsommer­licher“.

Immer wieder ist auch von der „gefühlten“Temperatur die Rede. Mit diesem Begriff haben Meteorolog­en eigentlich keine große Freude. Teutsch sagt, dass die gefühlte Temperatur nur ein „grober Richtwert“sei, da er von sehr vielen Faktoren wie Alter, Körpergröß­e oder Klimazone abhänge. In die Berechnung der „gefühlten“Temperatur fließen etwa Wind und Luftfeucht­igkeit ein. Ist es an einem heißen Sommertag windig, kühlt der Körper ab, die gefühlte Temperatur liegt also unter der tatsächlic­h gemessenen. Umgekehrt führt eine hohe Luftfeucht­igkeit dazu, dass 30 Grad sich schnell einmal wie 35 anfühlen können. Davon sind wir derzeit aber noch weit entfernt. Der heutige Sonntag bringt frühlingsh­aftes Wetter, es wird bewölkt. Mit etwas Glück auch heiter.

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