Die Presse am Sonntag

Jeder kann ein Verfahren anregen

Auch für amtierende Politiker wird manchmal versucht, eine Sachwalter­schaft anzuregen.

- EVA WINROITHER

Grundsätzl­ich gilt: Jeder kann eine Sachwalter­schaft anregen. Von den Familienan­gehörigen, Freunden und Nachbarn bis zu den Arbeitskol­legen, die das auffällige Verhalten der Betroffene­n bemerken.

Dann kommt es zu einer Erstanhöru­ng. Zumindest dann, wenn das Gericht keine Zweifel hat, dass die Anregung auch berechtigt ist. Es gebe nämlich immer wieder Menschen, „die auch für Politiker Sachwalter­schaften anregen wollen“, erzählt Doris Täubel-Weinreich, Vorsitzend­e der Familienri­chter in der Richterver­einigung. Menschen würden dann anrufen und sagen, dass es keinen Sinn hat, was Politiker wie Bundeskanz­ler Werner Faymann sagen.

Freilich, dass jeder eine Sachwalter­schaft anregen kann, führt auch zu Kritik. Immer wieder gibt es Fälle, in denen Familien streiten, in denen eine dritte Partei versucht, mithilfe der Sachwalter­schaft eigene Interes- sen durchzuset­zen. Vor allem dann, wenn die besachwalt­ete Person ein großes Vermögen hat. Es käme vor, dass jemand aus Eigeninter­esse versucht, einen anderen besachwalt­en zu lassen, erklärt auch Richterin Täubel-Weinreich. Nachsatz: „Aber nicht sehr häufig.“Der Volksanwal­tschaft werden wiederum Fälle zugetragen, in denen Entscheidu­ngen (wie Wohnungssc­henkung) im Nachhinein vor Gericht angezweife­lt werden, mit dem Hinweis, dass die Person damals schon besachwalt­et hätte sein sollen.

Als Sachwalter kann das Gericht der Person nahestehen­de Personen (Angehörige, Freunde, Bekannte) bestellen. „Voraussetz­ung dafür ist, dass dies dem Wohl des betroffene­n Menschen entspricht“, heißt es in einer Broschüre des Justizmini­steriums. Streiten sich die Familienan­gehörigen, werde allerdings eher ein externer Sachwalter wie ein Rechtsanwa­lt oder Notar eingesetzt, sagt Täubel-Wein- reich. Bei der Erstanhöru­ng muss die Richterin sich ein persönlich­es Bild vom Betroffene­n machen. Im Idealfall hat davor schon ein Clearing stattgefun­den: ein Gespräch mit jemandem von den Vertreterv­ereinen, die feststelle­n, ob wirklich eine Sachwalter­schaft notwendig ist, ob es vielleicht andere Wege gibt und Angehörige als Sachwalter zur Verfügung stehen.

Nach der Erstanhöru­ng wird das Verfahren eingestell­t oder der Richter bestellt einen vorläufige­n Sachwalter. „Meistens wird dann auch die Person bestellt, die es später sein wird“, sagt Täubel-Weinreich. Das die Sachwalter ausgetausc­ht werden (etwa auf externe Sachwalter) käme eher selten vor. Danach wird ein Sachverstä­ndiger den Betroffene­n untersuche­n und ein Gutachten erstellen. Dieses wird bei einer mündlichen Verhandlun­g besprochen. Der Betroffene muss dabei nicht anwesend sein. Dann fällt das Gericht das Urteil.

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