Mit einem Schlag auf der großen Bühne
Neben Bernd Wiesberger spielt dieses Jahr überraschend auch Golfprofi Lukas Nemecz auf der European Tour. Den Steirer, 26, erwartet eine sportliche wie finanzielle Herausforderung, Rat hat er sich beim erfolgreichen Landsmann geholt.
Bislang zählte der Jänner für Lukas Nemecz aus sportlicher Sicht zu den ruhigen Monaten. Bei Kälte und Schnee war in der Heimat an Golf nicht zu denken, auch die Challenge Tour, Europas zweithöchste Spielklasse, startet traditionell erst im März in die Saison. Doch im vergangenen November hat sich die Jahresplanung des 26-jährigen Steirers auf einen Schlag verändert, in der Tour School in Girona löste er überraschend das Ticket für die European Tour. Zu den ersten Gratulanten zählte Österreichs Nummer eins, Bernd Wiesberger, der sich damit nach zweijährigem Soloauftritt heuer wieder über rotweiß-rote Verstärkung freuen darf.
Beim Jahresauftakt in Südafrika bekam Nemecz diese Woche die Herausforderungen der Bewährungsprobe auf höchstem Niveau erneut zu spüren. Trotz Steigerung am Freitag verpasste er bei den South African Open bei Johannesburg wie schon bei seiner Premiere Anfang Dezember in Australien den Cut. Der Profi vom GC Murhof zeigt sich überwältigt vom professionellen Setting: „Das ganze Drumherum von den Zuschauern bis zur Behandlung der Spieler ist einfach etwas ganz anderes. Daran muss man sich erst einmal gewöhnen.“
Für den Verbleib auf der European Tour muss sich Nemecz in den Top 110 der Geldrangliste klassieren, im Vorjahr lag diese Grenze bei rund 250.000 Euro. „Ich weiß, dass ich dafür Top-Ten-Platzierungen schaffen muss. Aber ich will mich ja auch verbessern und auf der Tour etablieren und nicht ein lustiges Jahr verbringen.“Die Zahlen auf dem Platz auszublenden, das sei die große Kunst. „Man darf nicht denken: ,Ein Bogey könnte mich jetzt 4000 Euro kosten.‘ Das hemmt, und die Tourkarte schafft man ohnehin nur, wenn man vorn mitspielt.“Die nächste Chance dazu erhält Nemecz kommende Woche bei den Joburg Open. Doppelte Herausforderung. Obwohl ein Neuling auf der Tour, fühlt sich Nemecz auf dem Golfplatz zu Hause. Durch seine Eltern kamen er und sein jüngerer Bruder, Tobias, seit dem Vorjahr als Profi auf der Challenge Tour unterwegs, schon in jungen Jahren zum Spiel mit dem weißen Ball. Der Faszination durch die hohe soziale Komponente bei den gemeinsamen Runden und die gleichzeitig vielfälti-
Lukas Nemecz
wurde am 17. August 1989 geboren. Als Amateur kürte er sich 2009 zum Vizeeuropameister, 2011 belegte er den zweiten Platz im European Nations Cup. Im Herbst 2012 wechselte er ins Profilager und schaffte im November in der Tour School die Qualifikation für die European Tour. gen individuellen Möglichkeiten entsprang im Teenageralter der ProfiTraum. Als Amateur kürte sich der Steirer 2009 zum Vizeeuropameister, 2011 belegte er den zweiten Platz im European Nations Cup und wagte im Herbst 2012 den Wechsel ins Profilager – auch finanziell ein Sprung ins kalte Wasser. „Es ist sehr schwierig, als Österreicher im Golf Fuß zu fassen. Der Sport hat hier allgemein keinen so hohen Stellenwert wie in anderen Ländern, abseits von Fußball und Skifahren noch weniger“, findet Nemecz.
Die Qualifikation für die European Tour markiert nun den vorläufigen Höhepunkt der Karriere. Dass ihm ausgerechnet jetzt der große Wurf gelungen ist, erklärt sich Nemecz kurioserweise auch mit seinen schlechten Leistungen im vergangenen Jahr. „Wer wenig Cuts schafft, hat viel Zeit zu trainieren“, meint der 26-Jährige schmunzelnd. „Ich habe viel an meiner Technik gefeilt und dadurch rechtzeitig zur Form gefunden.“Seine Stärken sieht er im langen Spiel, für ihn gelte es jetzt, besonders an der mangelnden Konstanz zu arbeiten, damit „es an schlechten Tagen ein bisschen besser wird“.
Nicht nur sportlich, auch finanziell lässt der Aufstieg die Anforderungen wachsen. Flüge nach Australien oder Asien, Hotels, Caddie – ein Jahr auf der European Tour schlägt je nach eigenen Ansprüchen mit 100.000 bis 150.000 Euro zu Buche. Nemecz sieht sich von Sponsorenseite zwar gut aufgestellt, klar ist aber auch: „Ich muss natürlich damit rechnen, Preisgeld zu gewinnen. Das ist auch das Ziel, sonst habe ich keine Berechtigung, Profi zu sein.“ Von Wiesberger lernen. Wertvolle Tipps und Ratschläge hat sich Nemecz bei Wiesberger geholt. „Er kennt den ganzen Profizirkus, die Plätze und weiß, worauf es ankommt“, erzählt die heimische Nummer sieben in der Weltrangliste. „Sein wichtigster Ratschlag ist sicher der, dass es immer noch um den Sport geht. Nur weil ich jetzt auf der European Tour bin, muss ich nicht alles ändern. Ich muss weitermachen wie bisher und schauen, wie ich mich kontinuierlich verbessern kann.“
Auch bei der Caddie-Suche – in Australien half noch Freundin Viki aus – hat Wiesberger vermittelt, in Südafrika geht Nemecz mit dem Franzosen Basile Dalberto auf Runde. „Die Wahl des Caddies ist eine sehr wichtige. Jetzt schaue ich einmal, wie er arbeitet, und worauf es mir ankommt“, sagt der Steirer, der als Coach weiterhin auf Nationaltrainer Fred Jendelid vertraut, obwohl ihn der Schwede nicht zu den Turnieren im Ausland begleiten kann. „Es wird sicher schwieriger, aber mit den heutigen Kommunikationsformen ist es möglich.“
Exotenstatus hat Nemecz als rotweiß-roter Profi keinen mehr, dank Wiesbergers großer Erfolge und der guten, wenn auch gescheiterten RyderCup-Bewerbung hat sich Österreichs Standing im Golfsport entwickelt. „Mittlerweile verwechseln sie uns nicht mehr mit Australien“, scherzt Nemecz, der sich auf gemeinsame Turnierauftritte mit dem erfolgreichen Landsmann freut. „Prinzipiell wird natürlich jeder sein Ding durchziehen, aber gemeinsame Proberunden und am Abend zusammensitzen werden es sicher gemütlicher machen“, sagt der Steirer. Das unumstrittene Highlight bleibt für Nemecz aber das Heimturnier in Atzenbrugg im Juni. „Bislang war es immer eine Zugabe. Jetzt als European-Tour-Spieler vor Heimpublikum dabei zu sein ist etwas ganz Besonderes.“Damit es kein einmaliges Erlebnis wird, gilt es daher, fleißig Preisgeld zu sammeln.
»Ich will mich verbessern und auf der Tour etablieren, nicht ein lustiges Jahr verbringen.« »Man darf nicht denken: ›Ein Bogey könnte mich 4000 Euro kosten.‹ Das hemmt nur.«