Mit dem Betonporsche in die Antimoderne
Außerhalb Wiens wird’s heuer spektakulär! Provokant in Salzburg, pipifein international in Bregenz.
Tasten wir uns von Osten vor, erste Station Kunsthaus Graz, letzte noch von Peter Pakesch kuratierte Saison. Die Highlights sind eine Einzelausstellung von Constantin Luser ab 26. Februar und „Geknetetes Wissen“, die Kunst der Keramik u. a. mit Ai Weiwei und Edmund de Waal (ab 24. 9.).
Zweite Station Niederösterreich: Im Essl-Museum geht’s ab 8. April um Sex in der Kunst seit 1945, „Body and Soul“; eine große Personale wird im zweiten Halbjahr folgen, ist aber noch nicht fixiert. Die Kunsthalle Krems steht vor ihrem Umbau, zeigt vor Schließung aber noch ab 12. 3. eine Gruppenschau über Malerei im Raum und eine Einzelausstellung von Stefan Sandner.
Jetzt aber gen Westen, erster BahnStopp Linz, Lentos. Das Jahr wird hier mit einem Blick ins Archiv des deutschen Kuratoren-Urgesteins Ren´e Block begonnen, Titel: „Ich kenne kein Weekend“. Beendet wird das Jahr mit einer Retrospektive auf einen anderen älteren Herrn, Gottfried „Betonporsche“Bechtold. Zeit, den Vorarlberger einmal ge- nauer unter die Lupe zu nehmen (ab 21. 10.). In der ironischen Mitte der beiden glänzt eine Personale Ingeborg Strobls, der „Antithese zum GrößerFetter-Schneller-Diktat des Kunstmarkts“. Die 1949 in Schladming geborene Konzeptkünstlerin war einst Mitglied der „Damen“und kann zur ersten feministischen Künstlerinnen-Avantgarde Österreichs gezählt werden.
Stopp zwei, Salzburger Museum der Moderne. Hier gibt Direktorin Sabine Breitwieser den Menschen heuer Zuckerbrot und Peitsche – erst ToulouseLautrecs Plakatkunst (ab 12. März), dann, zur Festspieleröffnung, wagt sich hier endlich einmal jemand an eine These: „Anti:Modern. Salzburg zwischen Tradition und Erneuerung inmitten von Europa“(ab 23. 7.). Breitwieser untersucht mithilfe internationaler Künstler die „vielleicht provokante, aber weitverbreitete These“, dass Salzburg antimodern sei. Gezeichnet werden soll ein „differenziertes Bild der Moderne in (Zentral-)Europa“, untersucht werden soll, ob in der „westlichen Region Öster- reichs ein weltoffenes und der modernen Kunst aufgeschlossenes Denken vorhanden war oder dieses durch die politische Propaganda in den 1930erJahren verschüttet wurde“. Und zwar in Kunst, Literatur, Tanz, Musik, Wissenschaften. Ende des Jahres, ab 26. 11., wird wieder sicheres Terrain betreten, mit einer Walter-Pichler-Retrospektive, ebenfalls von Breitwieser kuratiert, ihr wird wohl nicht fad werden heuer.
Das Kunsthaus Bregenz wartet heuer mit einem hochkarätigen internationalen Schaulauf auf, beginnend mit den feinen Musikinstallationen der schottischen Turner-Preisträgerin Susan Philipsz (ab 30. 1.). Ein Shootingstar der US-Kunstszene, Theaster Gates, wird ab 23. April wohl die große Sperrholz-undSecondhand-Verwandlung des coolen Zumthor-Baus einleiten. Den Sommer bestreitet der Ägypter Wael Shawky mit politisch und kostümtechnisch opulent ausgestatteten Filmen. Das Ende wird dann wieder konzeptuell-kühl mit den Slogans von Lawrence Weiner. Das Ticket gen Westen ist schon gebucht. sp