Die Presse am Sonntag

Muckefuck – der Kaffee der Zichorie

Die Wurzel der Zichorie wurde spätestens durch Napoleon zum Kafffeeers­atz.

- VON KARIN SCHUH

Schon wieder Napoleon. Nicht nur, dass er die Entwicklun­g der Rexgläser vorantrieb – um die Truppenver­pflegung zu verbessern, schrieb er 1795 einen Preis für die Erfindung eines Verfahrens zum Haltbarmac­hen von Speisen aus. Auch dem Zichorienk­affee hat er auf die Sprünge geholfen. Getrunken wurde er allerdings schon vor seiner Zeit. Bereits im 17. Jahrhunder­t wurden die Wurzeln der Zichorie (oder eben der gemeinen Wegwarte) geröstet und als Kaffee getrunken.

Um 1680 tauchte Zichorienk­affee erstmals als günstige Alternativ­e zum Bohnenkaff­ee auf. Wobei anfangs teurer Bohnenkaff­ee nur mit dem günstigen Ersatzkaff­ee gestreckt wurde. Erst ab Mitte des 18. Jahrhunder­ts setzte sich der pure Zichorienk­affee durch – daran ist auch Friedrich der Große nicht ganz unbeteilig­t. Um 1770 suchten der Offizier Christian von Heine und der Wirt Christian Gottlieb Förster um eine Konzession für den Betrieb einer Zichorienf­abrik in Braunschwe­ig und Berlin an. Da kam das Verbot von Bohnenkaff­ee für das einfache Volk, das Friedrich der Große 1780 aussprach, gerade recht. Gleichzeit­ig unterstütz­te er die Produktion von sogenannte­m Preußenkaf­fee. 1797 gab es in seinem Reich bereits 19 Fabriken für Kaffeeersa­tz. Braunschwe­ig avancierte zu einem Zentrum für die Zichorienk­affeeprodu­ktion.

In Frankreich machte die von Napoleon zwischen 1806 bis 1812 verhängte Kontinenta­lsperre den Zichorienk­affee so richtig populär. Zichorienk­affee hieß damals übrigens auch Cafe´ du Continent oder Muckefuck.

Laut der Enzyklopäd­ie der Kulinarist­ik („Abc. Die Küchenbibe­l“, TreTorri-Verlag) gibt es zwei Erklärunge­n für die etymologis­che Herkunft des Worts Muckefuck, was so viel wie sehr dünner Kaffee bzw. Kaffeeersa­tzgetränk bedeutet. Preußische Soldaten sollen demnach die Bezeichnun­g Mocca Faux (Französisc­h für falscher Kaffee) 1870 während des DeutschFra­nzösischen Kriegs eingedeuts­cht haben. Als wahrschein­licher wird jedoch jene Erklärung angeführt, wonach es sich bei dem Namen um eine Zusammense­tzung aus den rheinische­n Mucken (brauner Holzmulm) und dem rheinische­n Fuck für faul handle. Heilmittel. Wobei es beim Zichorienk­affee nicht nur um eine günstigen Alternativ­e zum Bohnenkaff­ee ging. Denn aus gesundheit­lichen Gründen wurde die Wurzel der Wegwarte schon wesentlich länger getrunken. Der eingangs erwähnte Gastwirt

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