Leise Novelle über Verlust
Der italienische Autor Paolo Giordano beschreibt, wie der Tod einer geliebten Person eine junge Familie auseinanderreißt. Babette hat Krebs, die patente Haushälterin liegt im Sterben. Durch ihre Krankheit ist die Kleinfamilie aus Turin, bei der sie arbeitet, plötzlich auf sich gestellt: Nicht nur hat die ältere Frau mit dem wunderbar praktischen Hausverstand den Haushalt geschmissen, gekocht und den kleinen Sohn versorgt. Sie war zugleich eine Art Ersatzmutter für den neurotischen Vater, einen frustrierten Physiker, und für dessen Frau, eine überforderte Architektin.
Durch Babettes Krankheit – und ihren Tod – fällt das einst so stabil wirkende Familiengefüge auseinander. Wärme und Fröhlichkeit verwandeln sich in Gereiztheit und Unverständnis. Der Vater versinkt in Depressionen, die Mutter entfremdet sich immer mehr, der verwirrte Sohn wird mit seiner Trauer alleingelassen.
Der Autor beschreibt mit viel Feingefühl den gnadenlosen Krankheitsverlauf: Der Erzähler, der Vater, schildert in Rückblenden den langsamen körperlichen Zerfall, Babettes Schwanken zwischen Hoffnung und Ratlosigkeit. Giordano zeigt aber auch, wie einsam es in Familien werden kann, wenn eine geliebte Person nicht mehr da ist. Zugleich zeichnet er ein sehr reales Porträt einer typisch bürgerlichen italienischen Jungfamilie in Zeiten der Wirtschaftskrise: Es sind fehlende Perspektiven und die ständigen Zukunftsängste, die das Ehepaar schließlich auseinanderreißen.
Giordano, der mit „Die Einsamkeit der Primzahlen“einen Bestseller schrieb, hat eine leise, melancholische Novelle über Verlust verfasst, die sehr lebensnah ist. basta Paolo Giordano: „Schwarz und Silber“, übersetzt von Barbara Kleiner, Rowohlt Verlag, 176 Seiten, 18,50 Euro.