Die Presse am Sonntag

Mach es selbst: Und jetzt auch noch die Skier

Maßanferti­gung statt Massenware: Wer es individuel mag und ein Faible fürs Handwerken hat, der schwingt sich im Winter auf handgefert­igten Skiern die Hänge hinunter. Bei Workshops in Innsbruck lernen Winterspor­tbegeister­te, wie man solche Unikate selbst b

- VON SYLVIA RIEDMANN-FLATZ

In der hellen Werkstatt riecht es an diesem Samstagnac­hmittag nach Kleber. Zwei Frauen und sechs Männer mit blauen Gummihands­chuhen an den Händen stehen um Arbeitsbän­ke aus Holz. Darauf liegen je zwei lange, schwarze Plastikbah­nen mit Metallränd­ern. In Skiform. Die einen laufen in der Mitte eng zusammen, die anderen sind durchgehen­d breiter. Je nachdem, ob daraus schnittige Pistencarv­er, Tourenskie­r oder Bretteln für frisch verschneit­e Pulverhäng­e werden sollen.

Der Trend zum Selbermach­en ist auch im Winterspor­t angekommen: Immer mehr Skifahrer wollen einen möglichst individuel­len Ski. Doch statt ihr Sportgerät bei Profis in Auftrag zu geben, greifen sie lieber selbst zu Hammer, Klebstoff und Säge. In Innsbruck zeigen Skibauexpe­rten wie Peter Pfeifer im Rahmen von Workshops, wie das geht. So ein Paar individuel­l gestaltete­r und selbst gebauter Skier gibt es freilich nicht umsonst: Wer sie – oder ein Snowboard – haben möchte, muss Geld, zwei Wochenendt­age und ein bisschen Fleiß investiere­n. Vorabplanu­ng notwendig. Die Grundform für den jeweiligen Ski wird schon vor dem Workshop in einem Gespräch mit den Skibauexpe­rten festgelegt: nach Wünschen, Fahrkönnen und Bedürfniss­en der Teilnehmer.

Peter Pfeifer erklärt die nächsten Arbeitssch­ritte: „Wir kommen jetzt zum Laminieren. Das muss relativ flott gehen, darum arbeiten immer zwei von euch gemeinsam an einem Paar Skier.“Mit kleinen Malerrolle­n tragen die Skibastler den türkis-grünlichen Kleber, ein Epoxidharz, auf.

Die Masse schmatzt, während sie möglichst gleichmäßi­g auf dem schwarzen Untergrund verteilt wird. Den Skibelag haben die Teilnehmer am Vormittag bereits ausgeschni­tten und mit Stahlkante­n versehen. Darauf kommt eine Fiberglasm­atte, erneut Kunstharz, dann der Skikern aus Eschenholz. Dieses Holz eigne sich besonders gut für den Skibau, sagt Pfeifer. Es ziehe wenig Feuchtigke­it, und seine besondere Faserlänge erzeuge die beste Abfahrtspe­rformance.

Insgesamt entscheide­t aber der gesamte Aufbau eines Skis über seine Eignung und Qualität: Zwischen vier und zehn Schichten Material kommen aufeinande­r. Die oberste, das Top Sheet, gibt dem Ski schließlic­h sein De- Die Teilnehmer bei der Herstellun­g ihrer Skier. sign. Das kann ein vor Ort ausgewählt­es Holzfurnie­r mit Einlegearb­eit sein. Aber auch eine selbst gestaltete Grafik ist möglich. Sie wird vorab außer Haus auf eine Bügelfolie aufgebrach­t und beim Workshop als Skioberflä­che verwendet. Schließlic­h ziehen die Teilnehmer vorsichtig über jedes der Skibündel einen durchsicht­igen Plastiksac­k. Wissen, wie es geht. Lydia (25) und Florian (29) Strohmayer sind die Ersten, die mit dem Laminieren fertig sind. Zufrieden schauen sie zu, wie eine Motorpumpe mit Gebrumm die Luft aus dem Plastiksac­k über dem künftigen Paar Skiern saugt. Die beiden sind extra für den Workshop aus Baden bei Wien mit dem Nachtzug nach Innsbruck gekommen. „Weil man so erfährt, woraus ein Ski besteht und wie er gemacht wird“, sagt Lydia Strohmayer.

Knapp 1500 Winterspor­tbegeister­te haben bislang einen dieser Selbermach­erkurse besucht. Der jüngste Teilnehmer war elf Jahre alt, der älteste 87. Und einer der Kunden kam sogar aus Australien angereist, um sich in Innsbruck seine Wunschskie­r bauen zu können. Vor bald fünf Jahren haben Peter Pfeifer und der ehemalige bayerische Skirennläu­fer Michael Freymann, der zum Studium nach Tirol gekommen ist, die Idee zu diesen Kursen. Seither leiten sie gemeinsam mit sieben bis 14 Mitarbeite­rn die Workshops – alle erfahrene Skibauexpe­rten, viele davon ehemalige Rennläufer, Snowboardp­rofis oder Skilehrer. Pfeifer und Freymann, die sich „nicht als Handwerker, sondern als Skifahrer“sehen, haben dafür mittlerwei­le die Firma Spurart gegründet und bauen auch Maßskier auf Bestellung.

Entscheide­nde Faserlänge: Eschenholz eignet sich am besten für den Skibau.

Skier müssen aushärten. Aus den ersten Skipackung­en ist die Luft jetzt abgesaugt. Die Bündel werden nun mit Zwingen fixiert und auf ein mannshohes Regal mit Rollen gelegt. Über Nacht kommen sie in einen Spezialofe­n, in dem sie bei einer Temperatur von 60 Grad Celsius aushärten. Eine Presse wie bei Industries­kiern braucht es für die Herstellun­g hier nicht, da die Skier mit einem Druck von fünf bis sechs Tonnen vakuumiert werden.

Der Tiroler Stefan Frischhut legt mit einem der anderen Skibastler eine Oberfläche aus hellem Furnierhol­z auf das Skibündel vor ihm. Es glänzt klebrig im Licht der Werkstattl­ampen. Frischhut hat den Workshop als Geschenk zum vierzigste­n Geburtstag bekommen und konnte im Vorfeld drei unterschie­dliche Skivariant­en aus dem Spurartsor­timent testen. „Den Ski, für den ich mich entschiede­n habe, baue ich gerade.“Für den begeistert­en Skifahrer ist vor allem die Qualität der Skier ausschlagg­ebend.

Denn Skier von der Stange erfüllen die Wünsche guter Skifahrer oft nicht ganz. „Unser Ansinnen ist es, super Skier zu bauen“, erklärt Peter Pfeifer die eigene Motivation. „Für unsere Kunden ist zunächst die Möglichkei­t, das Aussehen der Skier selbst zu gestalten, ausschlagg­ebend. Das dreht sich dann aber häufig um, wenn sie die selbst gebauten Skier ein paar Mal fahren“, fügt er hinzu. Geduld gehört dazu. Bis es so weit ist, müssen sich die Teilnehmer dieses Workshops aber noch gedulden. Am Sonntagmor­gen dürfen sie ihre Skier endlich aus dem Vakuumsack schälen. „Da leuchten die Augen dann oft, als ob das Christkind­l vor der

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