Die Presse am Sonntag

Historisch­es, Royales und ein Marseiller »House of Cards«

Netflix bringt mit »Marseille« seine erste französisc­he Serie heraus. G´erard Depardieu spielt darin eine Art Marseiller Frank Underwood. Die Dänen und die Briten schauen weit zurück.

- VON ISABELLA WALLNÖFER UND ANNA-MARIA WALLNER

Konzentrie­rt drückt sich die junge Frau die große Krone auf die dunklen Locken. „It’s not as easy as it looks“, wundert sie sich über das schwierige Unterfange­n, das gewichtige Symbol des britischen Empire elegant auf dem Kopf zu balanciere­n. Der Betrachter des Trailers zur Netflix-Serie „The Crown“ist verblüfft: Claire Foy sieht der jungen Queen Elizabeth II. frappieren­d ähnlich. Das Drehbuch von Peter Morgan („The Queen“, „Frost/Nixon“) erzählt die Lebens- und Regentscha­ftsgeschic­hte der Queen, samt Liebeserle­bnissen, Intrigen und politische­n Ereignisse­n. Jede Staffel wird sich einer Dekade widmen – man darf also mit sechs Staffeln und dem Vernehmen nach drei Darsteller­innen der Monarchin rechnen. In Staffel eins u. a. an Foys Seite: Matt Smith („Doctor Who“) als Prinz Philip.

Auch Sky schmückt sich in diesem Jahr mit Kronjuwele­n: In der bildgewalt­igen History-Serie Versailles (ab 23. 2.) gibt George Blagden („Vikings“, „Les Miserables“)´ den jungen König Ludwig XIV., der sein Jagdschlos­s zum Regierungs­sitz umbaut, um Macht zu demonstrie­ren.

Apropos Netflix und Europa: Der Achtteiler „Marseille“, die erste französisc­he Produktion des US-StreamingP­ortals, gilt manchen schon vor dem ersten Trailer als französisc­he Version des Netflix-Fegers „House of Cards“. Dan Franck (Autor des Terroriste­nepos „Carlos“) hat sämtliche Episoden geschriebe­n – und mit Charakterk­opf Gerard´ Depardieu wurde die Idealbeset­zung für den skrupellos­en Bürgermeis­ter Robert Taro gefunden, der einen unerbittli­chen Wahlkampf gegen seinen jungen, aber genauso rücksichts­losen Herausford­erer (Benoˆıt Magimel, „Die Klavierspi­elerin“) führt.

Arte zeigt 2016 das jüngste Juwel aus der Serienmanu­faktur des dänischen öffentlich-rechtliche­n DR. Diesmal geht es nicht um Macht und Politik (wie bei „Borgen“) oder Kriminalfä­lle (wie bei „Kommissari­n Lund“), sondern um eine klassische Familienge­schichte: „Die Erbschaft“(im Original: „Arvingerne“, Englisch: „The Legacy“) dreht sich um das Erbe der Künstlerin Veronika Grønnegaar­d. Dazu gehört nicht nur ein Landgut, es gibt auch einige Geheimniss­e. So hat Veronika neben ihren drei ehelichen Kindern eine Tochter, die sie nach der Geburt weggegeben hat. Nun streiten sich die vier um die Erbschaft. Das ist gewohnt düster und reduziert inszeniert, erinnert da und dort an Thomas Vinterberg­s Dogma-Klassiker „Das Fest“und ist ein spannendes Familiendr­ama, das in Dänemark viele Fans fand. Zudem

seine NBC hat die geheimen Zuseherzah­len von Netflix veröffentl­icht: „Jessica Jones“kommt auf 4,8 Millionen Abrufe pro Folge, „Master of None“auf 3,9 Mio. Zum Vergleich: Das „Parks and Recreation“-Finale (NBC) hatte rund vier Mio. Zuschauer. Ähnliche Quoten hat das Pay-TV sowie die Onlinekonk­urrenz: „The Man in the High Castle“(Amazon) wurde 2,1 Mio. Mal pro Folge abgerufen. Mehr aus dem Norden: „The Team“, die groß angelegte, etwas glatte Krimikoope­ration zwischen Belgien, Dänemark, Deutschlan­d und der Schweiz geht in die zweite Runde, wird wohl aber erst 2017 ausgestrah­lt. beweist die Serie, dass Dänemark neben bekanntere­n Gesichtern wie Lars Mikkelsen, Pilou Asbæk, Sofie Grabøl˚ oder Sidse Babett Knudsen auch andere gute Schauspiel­er hat. Es gibt also neue Talente zu entdecken.

Arte zeigt in diesem Jahr auch den BBC-Sechsteile­r „Wolf Hall“. Die Vorlage stammt von der Historiena­utorin Hilary Mantel. Der Sechsteile­r, der im England des Jahres 1520 angesiedel­t ist, ist prominent besetzt: Damian Lewis, bekannt aus „Homeland“, spielt etwa König Henry VIII. Die Geschichte lehnt sich zwar an wahre Begebenhei­ten an, ist aber großteils fiktiv und dreht sich um den Aufstieg des Staatsmann­es Thomas Cromwell.

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