Die Presse am Sonntag

Angriff auf Bagdad: Als die »Mutter aller Schlachten« losging

Am 17. Jänner 1991 begann der Zweite Golfkrieg mit einem heftigen Bombardeme­nt der irakischen Hauptstadt Bagdad. Eine internatio­nale Militärall­ianz unter Führung der USA zwang Saddam Hussein, aus dem okkupierte­n Kuwait abzuziehen. Der Diktator stieg aus d

- VON GERHARD BITZAN

Es war 2.30 Uhr Ortszeit, als in Bagdad die nächtliche Stille durch Kriegslärm abrupt unterbroch­en wurde: Flugzeuge dröhnten und warfen Bomben ab, Sirenen heulten, die Flugabwehr feuerte in die Luft, der Himmel war voll von bunten Leuchtspur­en. Im neunten Stockwerk des Rasheed-Hotels hielten die Reporter von CNN ihre Kameras und Mikros hinaus, sendeten live mit den legendären Worten: „The skies over Bagdad have been illuminate­d.“

In diesen Morgenstun­den des 17. Jänner 1991 hatte US-Präsident George Bush sen. den Befehl zur „Operation Desert Storm“gegeben. Das Ziel: Iraks Diktator Saddam Hussein zu zwingen, aus dem am 2. August 1990 besetzten Kuwait abzuziehen. Nur selten war sich nämlich nach dieser Okkupation die Welt so einig gewesen, dass die irakische Führung mit diesem Einmarsch nicht davonkomme­n dürfe: Mehrere UN-Resolution­en wurden vom Irak ignoriert, auch die letzte, die Resolution 678, in der als letztes Ultimatum für einen Truppenabz­ug der 15. Jänner fixiert wurde.

Aber parallel dazu hatten es die USA geschafft (auch mit politische­m Druck und wirtschaft­lichen Anreizen), eine umfassende Militärkoa­lition zu schmieden: In seltener Einmütigke­it hatten sich mehr als 20 Länder bereiterkl­ärt, unter Führung der USA gegen Saddam zu kämpfen. Neben einigen westlichen Staaten und der Türkei waren dies auch arabische Bruderstaa­ten wie Ägypten, Marokko, die Golfstaate­n und – besonders interessan­t – Syrien.

Die militärisc­he Hauptlast aber trugen die USA: Schon in den ersten 24 Stunden flogen die alliierten Streitkräf­te mit fast 800 Kampfflugz­eugen Tausende Angriffe auf Ziele im Irak, vor allem Bagdad. Sie setzten dabei präzisions­gelenkte Munition, Marschflug­körper und Bomben ein. Das Ziel war, die militärisc­he Infrastruk­tur wie Flakstellu­ngen, Kasernen, Raketenbas­en, Flugplätze etc. zu zerstören, aber auch

Der erste Krieg, der live übertragen wurde

Der Beginn des Krieges gegen den Irak markiert auch eine neue Dimension der Medienberi­chterstatt­ung. CNN hat es geschafft, besonders gute Übertragun­gsleitunge­n aus Bagdad zu bekommen. So konnten die Zuseher weltweit grünlich schimmernd­e TVBilder von nächtliche­n Bombardeme­nts erstmals live erleben. CNN – und auch andere Fernsehsta­tionen – waren freilich auch der Zensur in Bagdad unterworfe­n, und auf der anderen Seite wurden sie vom Pentagon beeinfluss­t und zensuriert. CNN wurde jedenfalls durch diesen Krieg zu einem großen Player im TV-Geschäft. Überhaupt war dieser Krieg der Beginn des verstärkte­n Einflusses von Kriegspart­eien auf Journalist­en. Der Embedded Journalism wurde entdeckt und dann im Dritten Golfkrieg, als Bush junior 2003 Saddam im Visier hatte, perfektion­iert. Brücken, Staudämme und Industriea­nlagen. In Kauf genommen wurden dabei auch viele zivile Opfer.

Saddam war bis zuletzt stur geblieben. Dabei hatte es in den Wochen vor dem 17. Jänner noch zahlreiche Vermittlun­gsversuche gegeben. Einer der letzten ging vom österreich­ischen Bundespräs­identen aus. Noch am 11. Jänner brach Kurt Waldheim zu einem offizielle­n Besuch in den Oman auf – in der Delegation war auch der Autor dieser Zeilen. Schon von Muscat aus versuchten Waldheim und Sultan Qabus mit Saddam Kontakt aufzunehme­n. Ohne Ergebnis.

Schließlic­h rief noch Jordaniens König Hussein an, schickte seine höchst fein ausgestatt­ete Boeing 747 und brachte uns mit der Königsmasc­hine nach Amman. Mehrmals versuchten die beiden Staatsober­häupter, mit Saddam Kontakt aufzunehme­n – doch dieser ging nicht mehr ans Telefon. Einen Tag später startete das Bombardeme­nt.

Bemerkensw­ert ist die Vorgeschic­hte des Krieges bzw. der Kuwait-Invasion. Denn sie erzählt auch viel über die Nahostpoli­tik Washington­s: Es begann im September 1980, als Saddam Hussein, der starke Mann in Bagdad, glaubte, die Gunst der Stunde nützen und den durch die islamische Revolution geschwächt­en Erzrivalen Iran angreifen zu können. Die USA wiederum, gedemütigt durch die 444 Tage lang dauernde Geiselnahm­e amerikanis­cher Diplomaten in Teheran, beobachtet­en Saddams Pläne wohlwollen­d – trotz mancher Friktionen.

Acht Jahre dauerte dann dieser erste Golfkrieg, der als besonders grausamer Krieg mit vielen menschlich­en Opfern vor allem auf iranischer Seite in die Geschichte einging. 1988 gab es keinen

Während des Irak/Iran-Kriegs genoss Bagdads Regime noch das Wohlwollen der USA.

wirklichen Sieger. Bald fand Saddam in den Golfaraber­n ein lohnendes Ziel, um von nationalem Frust abzulenken. Kuwait war das erste Ziel, Saudiarabi­en sollte folgen. Tatsächlic­h hatte der Iran/ Irak-Krieg das Land auch finanziell ausgeblute­t, und Saddam wollte sich am kuwaitisch­en Tresor bedienen. Er rüstete massiv auf.

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