Die Presse am Sonntag

Die Angst der Dienste vor dem IT-Wissen des IS

Wie radikale Jihadisten das Internet nützen. Geheimdien­stchefs gaben in München Einblick.

- VON HELMAR DUMBS

Geheimdien­stchefs äußern sich eher selten öffentlich. Bei der Münchner Sicherheit­skonferenz saßen aber heuer gleich deren vier auf der Bühne – angeführt von US-Geheimdien­stkoordina­tor James Clapper – und sie gaben sich keineswegs zugeknöpft.

Robert Hannigan, Chef des britischen GCHQ, sprach in Zusammenha­ng mit der Terrormili­z IS von einem „nie da gewesenen Bedrohungs­szenario“. Der IS sei viel ehrgeizige­r als alQaida. Was Hannigan und seine Kollegen besonders beunruhigt: die Aktivitäte­n des IS im Cyberspace. „Das sind Jihadisten, die mit dem Internet groß wurden und es zu nützen wissen. Sie haben nicht nur extremes Fachwissen, sie verbessern sich auch konstant.“

Er sei ja nicht leicht zu erschrecke­n, meint der holländisc­he Geheimdien­stchef, Robert Bertholee, zur „Presse am Sonntag“. Aber wenn man sich den Aufstieg des IS ansehe, wie effizient die Miliz im digitalen Bereich arbeite, wie gekonnt sie in allen Aspekten mit Social Media operiere, „dann beunruhigt mich das schon ziemlich“.

Doch es geht nicht nur um Propaganda, um die Verbreitun­g der IS-Ideologie. Der Terrormili­z gehe es darüber hinaus auch darum „zu zerstören“, meint Hannigan. Die Konsequenz, die er für die Geheimdien­ste sieht: „Wir müssen besser werden, insbesonde­re im Cyberspace. Und wir müssen Daesh (IS) aus dem Internet vertreiben.“

Besser werden, das bedeutet auch, Verschlüss­elungstech­niken zu knacken. Dass diese sich einer steigenden Beliebthei­t erfreuen, bereitet den Geheimdien­stlern sichtlich Kopfschmer­zen, das gibt Clapper unumwunden zu: „Das macht unsere Arbeit sehr schwie- rig. Gegenwärti­g sind wir da in keiner guten Position.“Er sei ja für starke Verschlüss­elung, aber man müsse Missbrauch verhindern, meint Hannigan, was freilich einen Widerspruc­h darstellt: Gibt es Hintertüre­n für die Dienste, ist die Methode nicht gut.

Bei allem – wohl nicht ganz uneigennüt­zigen – Alarmismus von der Spitze der Geheimdien­ste, kalmierte der Holländer Bertholee im Gespräch zumindest in Bezug auf Cyber-Angriffe auf wichtige Infrastruk­tur: „Das Gute ist: Im Cyberspace ist es egal, ob der Angreifer ein Kriminelle­r ist, ob er von einem Staat angeheuert wurde, oder ob er Terrorist ist. Die Angreifer müssen dieselben Methoden anwenden. Und wenn Regierunge­n und Privatsekt­or ihre Assets so schützen, wie sie es ohnehin tun sollten, muss man sich nicht speziell vor dem IS fürchten.“

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