Die Presse am Sonntag

Die Macht der Pensionist­en

Egal, ob Pensionsre­form oder Bundespräs­identenwah­l: Mit den 2,3 Millionen Pensionist­en will es sich keine Partei verscherze­n – erst recht nicht die beiden Regierungs­parteien SPÖ und ÖVP.

- VON KARL ETTINGER

Es war eine vielsagend­e Geste über den unterschie­dlichen Stellenwer­t der Jugend und der Pensionist­en für die Politik. Ingrid Korosec, seit der Kür von Andreas Khol zum ÖVP-Präsidents­chaftskand­idaten Vorsitzend­e des ÖVP-Seniorenbu­ndes, appelliert­e diese Woche an die Regierung, auch die Bundesjuge­ndvertretu­ng im Vorfeld des Pensionsgi­pfels am 29. Februar einzubinde­n.

Der Seniorenra­t als gesetzlich­e Vertretung der Pensionist­en ist jedenfalls dabei. Für die gesetzlich­e Vertretung der Jugend, die sich in gut 50 Organisati­onen für die jüngere Generation einsetzt, muss das hingegen erst erbettelt werden.

Wenn es – wie jetzt wieder verstärkt – um die Pensionen geht, kommt die Bundesregi­erung unter keinen Umständen an den Seniorenve­rtretern vorbei. Auch dann nicht, wenn es im Kern um die künftige Altersvors­orge der mittleren und jüngeren Generation und der älteren, noch im Beruf stehenden Beschäftig­ten geht und weniger um jene, die schon im Ruhestand sind. Dass der Pensionsgi­pfel nun auch mitten im anlaufende­n Hofburg-Wahlkampf stattfinde­t, macht die Sache keinesfall­s einfacher.

Die mehr als zwei Millionen Pensionsbe­zieher in Österreich werden aber auch bei der Bundespräs­identenwah­l eine entscheide­nde Rolle spielen – allein aufgrund ihrer schieren Masse unter den rund 6,5 Millionen Wahlberech­tigten. Eine solch große Gruppe potenziell­er Wähler kann keiner der Bewerber, der sich eine Chance auf die Stichwahl oder gar den Einzug in die Hofburg ausrechnet, völlig links oder rechts liegen lassen. Startvorte­il. Im Gegenteil: Bei den Personalen­tscheidung­en in SPÖ und ÖVP wurde dieses Faktum offenbar bewusst einkalkuli­ert. Schließlic­h haben speziell die Bewerber der beiden Regierungs­parteien in ihrer jüngsten politische­n Tätigkeit jahrelang eng mit den Pensionist­en und deren Anliegen zu tun gehabt.

Rudolf Hundstorfe­r (SPÖ) war Sozialmini­ster, hat sich noch in dieser Funktion gegen weitere Pensionsei­nschnitte gestellt und hat schon nach seiner Nominierun­g Mitte Jänner klargemach­t, dass er sich auch im Falle seiner Wahl um soziale Anliegen kümmern will. Kontrahent Andreas Khol (ÖVP) war Obmann des Seniorenbu­ndes und lag der Regierung beständig mit Forderunge­n für die ältere Generation in den Ohren.

Beide können zwar auch langjährig­e politische Erfahrung – ein wichtiges Atout bei einer Bundespräs­identenwah­l – in die Waagschale werfen. Aber allein der Umstand, dass Kandidaten von Rot und Schwarz bei einer insgesamt deutlich geschrumpf­ten Zahl an Parteimitg­liedern jeweils Pensionist­enorganisa­tionen mit mehr als 300.000 Mitglieder­n hinter sich haben, ist jedenfalls ein Startvorte­il gegenüber den anderen Bewerbern, die ebenfalls im Pensionsal­ter sind: Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen, die frühere Präsidenti­n des Obersten Gerichtsho­fs, Irmgard Griss, aber auch Richard Lugner, der erst diese Woche seine Ambi-

Allein seit 2005 ist die Gruppe der Pensionsbe­zieher um eine Viertelmil­lion gewachsen.

tionen verkündet hat. In diesem Kreis sticht der Dritte Nationalra­tspräsiden­t Norbert Hofer ob seiner „Jugend“schon regelrecht hervor. Er wähnte sich ursprüngli­ch mit 44 Jahren sogar als zu jung für das höchste Amt im Staat.

Menschen im Pensionsal­ter dominieren anno 2016 aber nicht nur im Kreis der Hofburg-Anwärter. Der politische Einfluss der älteren Generation nimmt ungeachtet unmittelba­r bevorstehe­nder Wahltermin­e zu. Der Meinungsfo­rscher Peter Hajek verweist darauf, dass grundsätzl­ich 27 Prozent der Wählerscha­ft in Pension sei. Der Anteil

 ?? Clemens Fabry ?? Der Wandel des Seniorente­llers: nun mit Essen vom Haubenkoch.
Clemens Fabry Der Wandel des Seniorente­llers: nun mit Essen vom Haubenkoch.

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