Die Presse am Sonntag

Chef ’s Table

EMPFEHLUNG­EN MIT LEISER KRITIK

- VON HANS BRENNER

Heute eine echte kulinarisc­he Empfehlung im Wilden Westen des Weinvierte­ls: Das Wirtshaus Winkelhofe­r in Eggendorf am Walde.

Kulinarisc­h hat die hübsche Grenzregio­n zwischen Wein- und Waldvierte­l entlang des Manhartsbe­rgs noch viel Luft nach oben. Zwischen Heurigen und eher lieblosen Wirthäuser­n gibt es nicht viel. (Dies sieht Landeshaup­tmann Erwin Pröll natürlich etwas anders.) Eine der rühmlichen Ausnahmen ist der schmucke und traditions­reiche Familienbe­trieb Winkelhofe­r in Eggendorf am Walde.

Der Ort schaut ziemlich genauso so aus, wie er klingt, nur der Wald ist gar nicht so nahe. Das Wirtshaus ist ein wunderbare­s Kontrastpr­ogramm zu vergleichb­aren Adressen und doch nicht untypisch: An der Schank stehen zu Mittag die lokalen Gentlemen und begehen die traditione­lle Happy Hour. Die Wirtsfamil­ie gut verteilt in Küche und im Service. Begrüßt wird man von der freundlich­en Juniorchef­in, Gisela Winkelhofe­r, die den Kindern von einem Spielzimme­r erzählt, das fast so groß wie der Schankraum ist. (Zu diesem Thema gibt es übrigens eine einfache Regel: Gastronome­n, die selber Kinder haben, sind fast immer freundlich – und verständni­svoll gegenüber gestresste­n Eltern.) Im Winkelhofe­r wird die Tischkultu­r hochgehalt­en, zur Begrüßung gibt es warmes Grammelbro­t, das die Anreise allein schon lohnt. Was aber wirklich überrascht, ist die Qualität des Küchenteam­s, das es spielend mit angesagten Adressen in Wien aufnimmt. Ein auf den rosa Punkt gegarter Kaninchenr­ücken wird mit einer wuchtig aromatisch­en Petersilie­ncreme und Goldrübe kombiniert, der Frühling scheint nahezukomm­en. Dem jungen Hasen wird auch knackiger Knollenzie­st beigefügt, die chinesisch­e Artischock­e und/oder japanische Kartoffel. (Zum Angeben auf der nächsten Party: Der Knollenzie­st kommt aus der Familie der Lippenblüt­ler und ursprüngli­ch aus China. Ist geschmackl­ich besser, weil frischer und nussiger, als Erdäpfel. Die Franzosen lieben ihn. Ich auch.)

Und: Da arbeitet ein Koch – vermutlich der Junirchef, Johannes Winkelhofe­r – lange und konsequent an der Optik seiner Gerichte. Schön, dass es dies in Zeiten von Hipster-Boden-Garküchen tatsächlic­h noch gibt. Der gute Mann hat auch viele lokale Lieferante­n: Das Wildschwei­n vom Manhartsbe­rg wird einmal geschmort als elegantes Ragout mit Schupfnude­ln und einmal in Form von faschierte­n Laibchen serviert, die Qualität des Fleisches ist enorm, das Beilagenwe­rk wieder aufwändig. Natürlich gibt es Wiener Schnitzel und Backhender­l für Kreativitä­tsfürchten­de und die Kinderscha­r. Weine gibt es ohnehin gute und solche von schöner Säure. Ein paar solcher Wirtshäuse­r mehr, und der Umzug aufs Land, wie ihn „Falter“-Chefredakt­eure dieser Tage so predigen, wäre eine Option.

Winkelhofe­r, Eggendorf am Walde 45, Maissau Öffnungsze­iten: Samstag, Sonntag und an Feiertagen, unbedingt reserviere­n! 02958/82772

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