Chef ’s Table
EMPFEHLUNGEN MIT LEISER KRITIK
Heute eine echte kulinarische Empfehlung im Wilden Westen des Weinviertels: Das Wirtshaus Winkelhofer in Eggendorf am Walde.
Kulinarisch hat die hübsche Grenzregion zwischen Wein- und Waldviertel entlang des Manhartsbergs noch viel Luft nach oben. Zwischen Heurigen und eher lieblosen Wirthäusern gibt es nicht viel. (Dies sieht Landeshauptmann Erwin Pröll natürlich etwas anders.) Eine der rühmlichen Ausnahmen ist der schmucke und traditionsreiche Familienbetrieb Winkelhofer in Eggendorf am Walde.
Der Ort schaut ziemlich genauso so aus, wie er klingt, nur der Wald ist gar nicht so nahe. Das Wirtshaus ist ein wunderbares Kontrastprogramm zu vergleichbaren Adressen und doch nicht untypisch: An der Schank stehen zu Mittag die lokalen Gentlemen und begehen die traditionelle Happy Hour. Die Wirtsfamilie gut verteilt in Küche und im Service. Begrüßt wird man von der freundlichen Juniorchefin, Gisela Winkelhofer, die den Kindern von einem Spielzimmer erzählt, das fast so groß wie der Schankraum ist. (Zu diesem Thema gibt es übrigens eine einfache Regel: Gastronomen, die selber Kinder haben, sind fast immer freundlich – und verständnisvoll gegenüber gestressten Eltern.) Im Winkelhofer wird die Tischkultur hochgehalten, zur Begrüßung gibt es warmes Grammelbrot, das die Anreise allein schon lohnt. Was aber wirklich überrascht, ist die Qualität des Küchenteams, das es spielend mit angesagten Adressen in Wien aufnimmt. Ein auf den rosa Punkt gegarter Kaninchenrücken wird mit einer wuchtig aromatischen Petersiliencreme und Goldrübe kombiniert, der Frühling scheint nahezukommen. Dem jungen Hasen wird auch knackiger Knollenziest beigefügt, die chinesische Artischocke und/oder japanische Kartoffel. (Zum Angeben auf der nächsten Party: Der Knollenziest kommt aus der Familie der Lippenblütler und ursprünglich aus China. Ist geschmacklich besser, weil frischer und nussiger, als Erdäpfel. Die Franzosen lieben ihn. Ich auch.)
Und: Da arbeitet ein Koch – vermutlich der Junirchef, Johannes Winkelhofer – lange und konsequent an der Optik seiner Gerichte. Schön, dass es dies in Zeiten von Hipster-Boden-Garküchen tatsächlich noch gibt. Der gute Mann hat auch viele lokale Lieferanten: Das Wildschwein vom Manhartsberg wird einmal geschmort als elegantes Ragout mit Schupfnudeln und einmal in Form von faschierten Laibchen serviert, die Qualität des Fleisches ist enorm, das Beilagenwerk wieder aufwändig. Natürlich gibt es Wiener Schnitzel und Backhenderl für Kreativitätsfürchtende und die Kinderschar. Weine gibt es ohnehin gute und solche von schöner Säure. Ein paar solcher Wirtshäuser mehr, und der Umzug aufs Land, wie ihn „Falter“-Chefredakteure dieser Tage so predigen, wäre eine Option.
Winkelhofer, Eggendorf am Walde 45, Maissau Öffnungszeiten: Samstag, Sonntag und an Feiertagen, unbedingt reservieren! 02958/82772