Spielraum
EIN STEILPASS IN DIE TIEFE DES SPORTS
Die Geschichten, die aus der Fifa-Tüte purzeln, nerven allmählich. Aber einige zeigen, wie es um den Weltverband im Fußball tatsächlich bestellt ist. Ein Nachfolger von Joseph S. Blatter muss gefunden werden, am 26. Februar steigt die Wahl in Zürich.
Wie es um das Demokratieverständnis möglicher Kandidaten bestellt ist, zeigt der Fall Salman bin Ibrahim al-Chalifa. Der Scheich gilt als einer der Favoriten, erst vor wenigen Tagen hat er aufhorchen lassen. Er fordert für die Kür eines neuen Präsidenten weiterhin die Einigung aller Fifa-Mitglieder auf einen Kandidaten. „Wenn es eine Wahl gibt“, sagte der Präsident der asiatischen Konföderation AFC, „dann wird es einen Verlierer geben. Es wäre das Beste für die Fifa, wenn wir einen klaren Hinweis haben, wer gewählt werden wird.“
Einigkeit zu erzielen, dürfte bei dieser schwerwiegenden, weitreichenden Wahl allerdings nicht so leicht werden. Eigentlich sollten alle afrikanischen Länder den umstrittenen Scheich Salman bei der Wahl unterstützen. Mehrere afrikanische Fußballverbände zeigen jedoch bislang daran wenig Interesse, der Wahlvorgabe ihres Kontinentalverbandes CAF unter der Führung von Issa Hayatou zu folgen. Innerhalb der afrikanischen Fußballfamilie tobt ein Streit, es ist mittlerweile sogar von Abtrünnigen die Rede. Die Exekutive der CAF unter der Führung Hayatous hat noch nach einer Sitzung in Ruanda verkündet, die 54 afrikanischen Verbände würden al-Chalifa unterstützen. Die Ansage war von begrenzter Halbwertzeit, denn der Präsident des südsudanischen Fußballverbandes, Tschabor Goc Alrei, erklärte postwendend, den Schweizer Gianni Infantino unterstützen zu wollen. Jeder Wähler dürfe seine eigene Entscheidung treffen, die Maßgabe der CAF, Scheich Salman zu wählen, sei keineswegs verpflichtend, so der Südsudanese.
Sein Ansatz klingt demokratisch, ob aber auch die Verwirklichung in Zürich mit freiem Willen umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Dennoch, nicht mehr jeder scheint blind dem höchst umstrittenen Hayatou zu folgen. Die Macht des Mannes aus Kamerun ist offenbar geschrumpft. Das gibt Hoffnung, es könnte tatsächlich ein Umdenkprozess im Fußballweltverband eingesetzt haben. Dennoch, Scheich Salman gilt vor Uefa-Generalsekretär Gianni Infantino als aussichtsreichster Kandidat – trotz Warnungen und Verweisen auf Menschenrechtsverletzungen der Regierung Bahrains und des Herrscherhauses, dessen Mitglied al-Chalifa ist.
Und die anderen Anwärter? Es sind Prinz Ali bin al-Hussein aus Jordanien, der Franzose Jer´omeˆ Champagne und Tokyo Sexwale aus Südafrika. Es ist wie bei jeder Wahl – es muss ja auch Verlierer geben. In diesem Punkt sind sich alle einig.