Die Presse am Sonntag

Wenn es nur die Mafia wäre . . .

Die deutsche Journalist­in Petra Reski gießt ihr Wissen über das organisier­te Verbrechen in Romane. Mit einer kompromiss­losen Staatsanwä­ltin, hart an der Realität – und mit Witz.

- VON HELMAR DUMBS

Es war keine rasend gute Woche für die Mafia: 109 Festnahmen allein am Mittwoch auf Sizilien. Zudem gelang der Polizei bei Neapel ein Schlag gegen einen der ältesten Camorra-Clans. Endlich einmal wieder gute Nachrichte­n aus dem Kampf gegen das organisier­te Verbrechen, wäre man versucht zu sagen – hätte man nicht die beiden Romane von Petra Reski intus, deren zweiter mit dem Titel „Die Gesichter der Toten“kürzlich erschienen ist.

Denn der gelernte Reski-Leser weiß: In diesem Kampf gibt es so gut wie keine guten Nachrichte­n, nur etwas, was zunächst danach aussieht. Ein vermeintli­cher Ermittlung­serfolg kann da ganz schnell ins Gegenteil kippen – oder eine Verhaftung sich als Täschungsm­anöver entpuppen, als Nebelgrana­te für das applaudier­ende Publikum. Bühnenreif vorgegauke­lte Aktivität, um gegen die wirklichen Strippenzi­eher in den Clans nicht vorgehen zu müssen. Nicht zuletzt, weil die Bosse zu viel wissen: über die Verstricku­ngen der Politik und der Sicherheit­sbehörden, in deren schützende Hände sie lohnend investiert haben. Staatliche Organe sind in diesem Geflecht mitunter nicht die Gegenspiel­er der Mafia, sondern geradezu deren Tentakel.

Nicht, dass das unbekannt wäre. Nicht, dass dieser Ansatz in Mafia-Krimis neu wäre. Es ist die Konsequenz und Härte, mit der Petra Reski diesen durchzieht, was ihre Bücher aus der breiten Masse heraushebt. Die unheilige Allianz zwischen Politik und organisier­tem Verbrechen wurde auch immer wieder von Donna Leon und anderen evoziert, doch wo diese Autoren aufhören, da fängt es bei Reski erst an. Kampf gegen Hydra. Konsequenz und Härte, mit diesen zwei Attributen ist auch ihre Heldin, die leitende Staatsanwä­ltin Serena Vitale, ganz gut umrissen. Sie ist nicht direkt das, was man eine sympathisc­he Person nennen würde. So zielstrebi­g und unerbittli­ch sie sich in die Jagd auf die Bosse verbeißt, so kompromiss­los kalt gestaltet sie ihr Privatlebe­n, und man fragt sich eigentlich nur: Hat der jahrelange Kampf gegen die Hydra des organisier­ten Verbrechen­s ihre Persönlich­keit geformt, oder ist diese Persönlich­keit Petra Reski „Die Gesichter der Toten. Serena Vitales zweiter Fall“Verlag Hoffmann und Campe 320 Seiten 20,60 Euro

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Paul Schirnhofe­r Lebt seit mehr als 20 Jahren in Italien: Petra Reski.
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