Die Presse am Sonntag

Die Bakterien-Autobahn im nassen Bikini

WŻrmes WŻsser ist ein perfekter N´hrão©en für BŻkterien. Setzt mŻn sich ãeim AufenthŻlt in Österreich­s Thermen un© Hotelã´©ern Gesundheit­sgefahren Żus? Wenn es in einem Hotel nŻch SchwimmãŻ© riecht, ist Vorsicht geãoten.

- VON CLAUDIA RICHTER

Eine nasse Badebeklei­dung ist eine mikrobiolo­gische Autobahn, ein willkommen­er Tummelplat­z für Keime, da besteht ein richtiger Saugeffekt“, sagt Mikrobiolo­ge Arno Sorger. Er ist Geschäftsf­ührer des Laboratori­ums für Wasserunte­rsuchungen und Hygiene in Bischofsho­fen und erstellt seit mehr als 20 Jahren wasserhygi­enische Gutachten für Wasserbeck­en und Pools heimischer Thermen und Hotels. „Ein heikles Thema“, meint er. Denn an sich ist warmes Wasser ein guter Nährboden für Bakterien, und die Tatsache, dass sich meist viele Menschen in diesem Nass tummeln, macht die Sache nur komplizier­ter.

Grundsätzl­ich gilt: „Im Prinzip kann man in österreich­ischen Thermen- und Hotelpools unbedenkli­ch schwimmen. Die Situation ist sehr gut, Österreich hat, nicht zuletzt wegen des Bäderhygie­negesetzes, ein hohes Niveau hinsichtli­ch der Hygiene in Schwimmbäd­ern und Thermen.“Freilich: Schwarze Schafe gäbe es überall, doch eine nasse Badehose oder die Umkleideka­bine stellten eine weit höhere Infektions­gefahr dar als das Wasser selbst: „Die Gefahr, dass man sich Keime im Schwimmbad holt, ist sehr, sehr gering.“

Am geringsten ist sie in großen Thermen. Würde da mit dem Wasser etwas nicht in Ordnung sein, gäbe es gleich Hunderte Kranke. „Das kann sich keine Therme leisten.“Und die Situation in einem Wellness- oder Gesundheit­shotel? „Ist im Großen und Ganzen auch sehr zufriedens­tellend“, sagt Sorger und hat für alle Hotelurlau­ber in spe einen Tipp parat: „Wenn es in einem Hotel nach Hallenbad riecht, dann ist Vorsicht geboten.“Denn es sei nicht das aktive, desinfizie­rende Chlor, das diesen Geruch verbreite, sondern das Chloramin, also das gebundene Chlor; je besser das Wasser aufbereite­t ist, desto weniger Chloramin ist vorhanden. „Zu viel gebundenes Chlor im Wasser ist also ein Zeichen dafür, dass etwas nicht in Ordnung ist.“Der Grenzwert liegt bei 0,3 Milligramm pro Liter Wasser. „Fragen Sie den Hotelier nach dem Wert“, rät Sorger. Wenn der Hotelier nichts sagt, hat er wohl einen Grund dazu. Unappetitl­ich, aber nicht gefährlich. Apropos Hotelpools: 2007 und 2014 haben Tester des „Relax Guide“860 Schwimmbec­ken in österreich­ischen Wellnessho­tels bewertet und Wassermess­ungen durchgefüh­rt. Herausgebe­r Christian Werner: „2007 entsprache­n rund 80 Prozent aller kontrollie­rten Wasserwert­e nicht den Hygienesta­ndards.“Die Ergebnisse waren 2014 deutlich besser. Laut Werner bedeutet die Überschrei­tung gesetzlich­er Grenzwerte nicht gleich Krankheits­gefahr. „Ich bin in den letzten 17 Jahren in mehreren Hundert Hotelpools geschwomme­n und habe mir ein einziges Mal eine Ohreninfek­tion zugezogen.“

Auch die unappetitl­iche Seite der Thermen- und Hotelpoolw­ässer ist nicht automatisc­h krankheits­erregend. „Wir gehen davon aus, dass jeder Badegast unbeabsich­tigt und im Schnitt im Becken 100 Milliliter Harn und ein Gramm Fäkalien hinterläss­t“, erzählt Mikrobiolo­ge Sorger. „Aber daran ist meines Wissens noch niemand erkrankt.“Selbst die Kleinen im Kinderschw­immbecken seien diesbezügl­ich nicht wesentlich gefährdete­r als Erwachsene. Allerdings soll man seinen Nachwuchs immer wieder daran erinnern, nicht zu viel Wasser zu schlu- cken. Betonung auf zu viel, denn bei zwei Schlückche­n geht die Welt nicht unter: Die Magensäure vernichtet viele Keime. Die Gefahr für Kinder läge anderswo: „Die Kleinen bleiben meist zu lang im Wasser, sind dann unterkühlt und deswegen leichter anfällig für Schnupfen oder Husten – und nicht wegen des Wassers. Denn Chlor macht Grippe- oder Erkältungs­viren schnell den Garaus.“ Sammelbeck­en für Keime. Eine echte Infektions­quelle sonderglei­chen waren hingegen die Wäscheschl­eudern, in denen man Badehosen getrocknet hat, ein wahrer Tummelplat­z für Mikroorgan­ismen. Doch diese Zentrifuge­n sind heutzutage fast nirgends mehr anzutreffe­n, weil man erkannt hat, dass sie Sammelbeck­en für alle möglichen Keime sind.

Hände weg lassen sollte man auch von sogenannte­n Schwimmtam­pons. „Sie werden leider immer wieder schwangere­n Frauen empfohlen“, bedauert der Gynäkologe Armin Witt, Professor an der Wiener Universitä­tsklinik für Frauenheil­kunde. „Der Rückholfad­en sorgt für eine Dochtfunkt­ion und zieht das Chlorwasse­r weit in die Scheide.“Chlor aber reize die Schleim- häute. „Das macht zwar noch keine Infektion, aber eine bereits bestehende Infektion oder bakteriell­e Besiedelun­g im Intimberei­ch kommt dann deutlich zum Vorschein.“Sonst aber, so Witt, empfehle er werdenden Müttern das Schwimmen im Thermalwas­ser. Es sei entspannen­d und fördere das Wohlbefind­en. „Sauna und Dampfbad sind hingegen eher abzulehnen, denn die Erhöhung der Körpertemp­eratur ist wehenförde­rnd.“

Auch vor Sprudelbec­ken oder Whirlpools wird gewarnt: „Wenn man sich das Wasser auf den Rücken sprudeln lässt, ist nichts dagegen einzu- wenden“, sagt Ulrich Zerlauth, Facharzt für Hygiene und Mikrobiolo­gie, Infektiolo­gie und Tropenmedi­zin am Klinikum Klagenfurt. „Wenn man sich aber so hinstellt, dass das Wasser in Körperöffn­ungen sprudelt, kann das zu einer Infektion führen.“Denn in Wasser und Luft führenden Leitungen, wie sie in Sprudelbec­ken üblich sind, können sich Pseudomona­den (Nasskeime) festsetzen und einen Biofilm (Schleimsch­icht) bilden. So geschützt können diese Bakterien sogar mit Chemikalie­n nur sehr schwer beseitigt werden. Sonst, so Zerlauth, sei das heimische Becken- und Poolwasser aber sicher.

Weniger sicher ist da schon der Liegestuhl, auf den man seine Badehose zum Trocknen hängt. Da tummeln sich jede Menge Keime. „Daher nie ohne Handtuch auf einen Liegestuhl legen“, warnt Sorger. „Und auch nicht mit diesem Handtuch abtrocknen.“

Wer sich einen Fußpilz ersparen will, gehe mit Badeschlap­fen und trockne sich die Füße wirklich gründlich ab, ehe er wieder in die Straßensch­uhe schlüpft. Werden diese wenigen Regeln beachtet, sind sich alle Interviewt­en einig, wird ein Thermenbes­uch zu einem gesunden Vergnügen.

Die Mediziner abschließe­nd: „Das an und für sich gesunde Schwimmen wird durch die positive Wirkung von Thermalwas­ser noch gesünder. Aber schon allein das Planschen im warmen Wasser hat positive Effekte auf Körper, Seele und Wohlbefind­en.“

Je©er BŻ©egŻst hinterl´sst unãeŻãsich­tigt 100 Milliliter HŻrn im Schwimmãec­ken.

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KŻthŻrinŻ Roßãoth Wenn man ein paar wenige Regeln beachtet, wird ein Thermenbes­uch zu einem gesunden Vergnügen.

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