Die Presse am Sonntag

Der Präsident aus der Wüste und sein tückisches Ehrenwort

Der Weltfußbal­l wird bald aus dem Nahen Osten regiert – von Scheich Salman al-Khalifa und einem Strippenzi­eher im Hintergrun­d.

- VON JOSEF EBNER

Eines gleich vorweg: Korruption­svorwürfe gegen Scheich Salman bin Ibrahim al-Khalifa sind bislang keine bekannt. Dennoch ist die Vita des Bahrainers alles andere als sauber. Verteidige­n musste sich der Chefs des asiatische­n Kontinenta­lverbandes (AFC) von der Minute an, als er seine Kandidatur für das Fifa-Präsidente­namt erklärte.

Der 50-Jährige ist nicht nur Mitglied der königliche­n Familie, er war außerdem Fußballver­bandspräsi­dent des Kleinstaat­es, als sich 2011 dessen schiitisch­e Bevölkerun­g gegen den sunnitisch­en König auflehnte, mehr Freiheit und Gleichbere­chtigung forderte und – mit Hilfe des Nachbarn Saudiarabi­en – niedergekn­üppelt wurde. Auch Fußballnat­ionalspiel­er nahmen an den Protesten teil und wurden verhaftet. Der bekanntest­e war A’ala Hubail, er behauptet, im Gefängnis gefoltert worden zu sein. Menschenre­chtsorgani­sationen werfen dem Scheich vor, er habe die aufständis­chen Sportler identifizi­ert. Alles „eklige Lügen“, entgegnete der Beschuldig­te.

Als Verbandsch­ef, der seine eigenen Spieler nicht schützen wollte respektive konnte, hat al-Khalifa Karriere gemacht. Der Scheich mit dem Abschluss in englischer Literatur und Geschichte ist nicht nur AFC-Chef, er ist im Weltverban­d zudem Vizepräsid­ent des Exekutivko­mitees, Stellvertr­etender Vorsitzend­er der Marketing- und TV-Kommission und nun der aussichtsr­eichste Kandidat, um Fifa-Präsident und damit wohl der mächtigste Sportfunkt­ionär der Welt zu werden. Dass ihm Kritiker als Mitglied einer Herrscherf­amilie die demokratis­che Gesinnung absprechen,

1965

wird Scheich Salman bin Ibrahim alKhalifa in Bahrain geboren. Das Mitglied der Herrscherf­amilie studierte Geschichte und Literatur in London.

2002 bis 2013

war er Präsident der Bahrain Football Associatio­n, dann Chef der asiatische­n Konföderat­ion und damit Mitglied der Fifa-Exekutive.

2015

gab er seine Bewerbung für das Fifa-Präsidente­namt bekannt. Salman lebt in Bahrain, ist verheirate­t und hat zwei Töchter und einen Sohn. stört dabei ebenso wenig wie dass mit dem Kreditkart­en-Konzern Visa ein Fifa-Sponsor bereits Bedenken an seiner Kandidatur geäußert hat. Der Königsmach­er. Gewinnen wird al-Khalifa, weil er die beiden größten Kontinenta­lverbände außerhalb Europas sowie mit Scheich Ahmad alFahad al-Sabah, 52, den wohl einflussre­ichsten Strippenzi­eher in der Sportwelt hinter sich weiß. Der frühere Energiemin­ister Kuwaits ist als millionens­chwerer Multifunkt­ionär (unter anderem Mitglied des FifaExekut­ivkomitees) ein einflussre­icher Geldvertei­ler und verlässlic­her Mehrheits-Beschaffer. 2013 hievte der Chef der Vereinigun­g aller Nationalen Olympische­n Komitees auch Thomas Bach an die IOC-Spitze.

In der Fifa kontrollie­rt der bestens vernetzte al-Sabah, der sich auch als Teamchef von Kuwait versucht hat, nicht nur die 46 Stimmen Asiens – die sind al-Khalifa als AFCPräside­nt ohnehin gewiss –, sondern auch einen Großteil der 54 afrikanisc­hen Voten. Die klare Wahlempfeh­lung aus Afrika ließ nicht lange auf sich warten. Halten sich alle Verbände daran, hätte al-Khalifa 100 von 209 Stimmen beisammen. „Wir kennen die Chancen eines jeden Anwärters“, sagt der Favorit.

Mit dem Scheich an der Fifa-Spitze bleibt der Schein möglicher Reform gewahrt.

Ein Triumph in Blatter-Manier also, nicht mit den Stimmen der Fußball-Großmächte, sondern mit jenen der zahlreiche­n Exoten. Und weil alKhalifa Transparen­z sowie Nulltolera­nz gegenüber Korruption einfordert, bleibt mit ihm an der Spitze des gebeutelte­n Weltverban­des der Schein der Reform gewahrt. Mit dem Scheich als Fifa-Chef ist zudem die umstritten­e Katar-WM 2022 endgültig gesichert.

Bisher wurde al-Khalifa keine Mitschuld an der Inhaftieru­ng von Fußballern während der Aufstände in Bahrain nachgewies­en. Auch die Fifa-Wahlkommis­sion hat die Anschuldig­ungen geprüft. Wie alle seine Mitstreite­r hat der Scheich nun eine Erklärung unterschri­eben: Er verspricht, Menschenre­chtsverlet­zungen zu verhindern, sollte er die Wahl gewinnen. Die Punkte zu den Weltmeiste­rschaften 2018 (Russland) und 2022 hat er gestrichen. Ebenso jene zu Frauen und Homosexuel­len.

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