Die Presse am Sonntag

Von Facebook gibt es nichts geschenkt

Mitglieder bezahlen den US-Konzern mit sensiblen Daten. Wie viel Facebook weiß, ahnen sie nicht.

- MATTHIAS AUER

Facebook lebt – wie die meisten amerikanis­chen Internetko­nzerne – vom Sammeln der Daten seiner Nutzer. So weit, so klar. Was das aber in der Realität bedeutet, weiß kaum eines der 3,5 Millionen Mitglieder in Österreich. Die neun DIN-A4-Seiten langen allgemeine­n Geschäftsb­edingungen zu studieren, reicht dafür nicht aus. Nur wer bereit ist, auf der offizielle­n Facebook-Seite noch tiefer zu graben, erhält eine Ahnung, wie eng das Netz ist, das der USKonzern zwischen seinen Mitglieder­n und der Werbewirts­chaft gespannt hat.

Jeder, der sich bei Facebook registrier­t, stimmt diesen Bedingunge­n zu. Mit einem einfachen Klick auf den OKButton – und ohne eine Sekunde dafür zu verschwend­en, wirklich zu verstehen, was er gerade tut. Datenschüt­zer warnen seit Langem vor Facebook als „aggressivs­tem Datensamml­er unserer Zeit“. Ihr Einfluss ist aber beschränkt, da das Unternehme­n sein Geschäft in Europa von Irland aus führt, wo schwä- chere Datenschut­zstandards gelten als etwa in Österreich oder in Deutschlan­d. Oft ist nicht klar, dass Daten fließen. Doch auch europäisch­e Staaten sind kreativ, wenn es darum geht, US-Firmen zu erinnern, dass ihr Recht auch für sie gilt. Erst vor wenigen Tagen hat das deutsche Bundeskart­ellamt offiziell Ermittlung­en gegen Facebook eingeleite­t. Der Vorwurf: Das Unternehme­n informiere seine Nutzer nicht ausreichen­d über das Ausmaß der Datensamml­ung.

Da es aber keine ernsthafte Alternativ­e zu Facebook gebe, seien die Menschen gezwungen, den unvorteilh­aften AGB in jedem Fall zuzustimme­n, wenn sie Teil des Netzwerks sein wollen. Hier missbrauch­e Facebook seine marktbeher­rschende Stellung, so die Argumentat­ion der deutschen Behörde, warum das intranspar­ente Vorgehen und der mangelnde Datenschut­z plötzlich auch für Wettbewerb­shüter interessan­t seien.

Facebook

Besonders gut

Facebook ist kein Einzelfall. Viele amerikanis­che Internetan­gebote und Apps, die scheinbar kostenlos sind, leben gut von den Daten ihrer Kunden. Je besser sie ihre Nutzer kennen, desto mehr zahlen werbende Firmen für dieses Wissen. Problemati­sch dabei: Oft ist nicht erkennbar, dass gerade Daten an Facebook und Co. fließen. Über Cookies sammelt der Konzern etwa auch Daten von Nichtnutze­rn. Und: Facebook weiß mitunter mehr von seinen Mitglieder­n, als diese selbst verraten. Denn wer so viele Daten sammelt, kann auch Rückschlüs­se ziehen, die unangenehm sein können. Weiß Facebook etwa, welche Hobbys homosexuel­le Nutzer oft angeben, könnte es von diesen Hobbys auch auf die sexuelle Orientieru­ng anderer Nutzer schließen.

Mit sensiblen Daten wie diesen bezahlen die Nutzer (oft ohne es zu wissen) den scheinbar kostenlose­n Dienst und bescherten ihm 2015 rund 18 Milliarden US-Dollar Umsatz.

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