DAS RISIKO
ge Gewohnheit einen Titelkampf verlor. Rousey, blond, mit lackierten Fingernägeln, ist der bestbezahlte Star der UFC (sie verdient mehr als alle Männer) und war nach NBA-Star Lamar Odom und Transgender-Ikone Caitlyn Jenner 2015 die meistgesuchte Person auf Google.
Auch in Österreich wächst die Fangemeinde dieser Sportart. Geschätzte 5000 Leute trainieren in knapp 30 Klubs, darunter (auch) Polizisten, Soldaten, Justizwachebeamte, Türsteher und Leute aus der Rotlichtszene, Biker oder Rechte. Immerhin: Er lasse keine Neonazis gegen Salafisten antreten, sagt ein deutscher Veranstalter.
Denn auch unter Muslimen gilt der „gläubige Kämpfer“als Idol, und Jihadisten fischen in diesem Milieu. Nicht umsonst haben sich mehrere Kampf- sportler unter dem Titel „Not in God’s Name“zusammengetan, um ein Zeichen gegen den Jihadismus zu setzen. Bekannt ist der Fall des deutschen Thaiboxers Valdet Gashi, der das Trainingszentrum MMA Sunna gegründet und sich dann dem IS angeschlossen hat – und gestorben ist. Auch österreichische Jihadisten wie Mirsad Omerovic, der gerade in Graz vor Gericht steht, ließen sich im Kampfsport schulen. Barbarei. Wie brutal MMA wirklich ist, darüber scheiden sich die Geister. In Deutschland wurde die Debatte schon geführt. „Schere, Stein, Papier mit Fäusten und Griffen“nennt es ein Autor der „Zeit“. Expliziter Kritiker der neuen Form des Kampfsports ist der Kabarettist und ehemalige Boxkommentator Werner Schneyder. Er hat 2009 in einem viel zitierten „FAZ“-Interview ein Verbot gefordert. Sechs Jahre später ist er der gleichen Meinung. „Wie denn nicht? Es handelt sich um ein „sportsoziologisches Faktum, dass es bei Männern ein Bedürfnis gibt, sich körperlich zu messen, auch mit Gewalt. Die Zivilisation hat es mit sich gebracht, dass man diese Gewalt kanalisiert.“So seien Ringen, Judo und Boxen mit ihren Regeln – und durch die Aufteilung der Techniken – entstanden. „Durch Wiedervereinigung aller Techniken die Brutalität zu potenzieren ist ein inhumaner Gedanke, ein Rückfall in die Barbarei.“
Dass Kämpfer angeblich selten außerhalb des Rings oder Octagons zuschlagen, lässt er nur bedingt gelten. „Auch viele Boxer haben sich ins Gefängnis geprügelt. Hans Orsolics ist x-mal in den Häfen gegangen.“Auch den Einfluss auf Zuschauer müsse man bedenken. „Nachdem man Wimbledon gesehen hat, spielt man auch die ersten zehn Minuten besser Tennis. Und wenn sich zwei Burschen im Prater ansaufen, und einer kriegt auf den anderen eine Wut, ruft er die Brutalität ab, die er bei den Martial Arts gesehen hat.“
Intensiv mit dem Thema Gewalt beschäftigt hat sich Fritz Treiber. Treiber
Kritiker
halten MMA für brutaler als Boxen und eine Grenze überschritten, weil auch auf liegende Gegner eingeschlagen wird. Befürworter sagen, es sei eine Herausforderung für Körper und Geist – und weniger gefährlich als Boxen, weil man weniger Schläge auf den Kopf erhält.
Eine aktuelle Studie
der Universität Alberta in Kanada ergab, dass MMA-Kämpfer zwar öfter als Boxer verletzt werden, aber weniger schwer. MMA-Kämpfer holen sich demnach eher Prellungen, blutige Nasen und Cuts, während sich Boxer öfter Nase und Knochen brechen oder das Bewusstsein verlieren. ist Mikrobiologe an der Uni Graz und arbeitet eigentlich in deren Geschmackslabor. Privat ist er Vizepräsident der Austrian MMA Federation, trainiert Anfänger – und hat in den vergangenen Jahren an MMA-Sportlern Untersuchungen zum sogenannten Kämpfergen angestellt. Im Schnitt tragen 70 Prozent der Bevölkerung dieses Gen in einer friedlichen, 30 Prozent in einer Gewaltvariante, die Menschen eher zu Aggressionen neigen lässt. Treibers Ergebnisse sind noch nicht publiziert, liegen aber bereits vor. Seine Erkenntnis: „Bei den Kämpfern ist das Verhältnis genau umgekehrt.“Wie man dieses Ergebnis interpretiere, stehe auf einem anderen Blatt. „Da muss man das Umfeld auf jeden Fall miteinbeziehen.“
Apropos Umfeld: Auch Treiber beobachtet, dass MMA-Kämpfer zu gut 70 Prozent ausländische Wurzeln haben und aus „ganz anderen, patriarchalischen Kulturen kommen, in denen der Kampf und die Kämpfer noch angesehen sind. Es ist etwas, mit dem man Status erreichen kann.“Umgekehrt könne man mit diesem Status auch Einfluss nehmen. Als Trainer sei auch er eine Autoritätsperson. „Ich bin älter und kann mehr.“So entstehe Vertrauen, mit der Zeit kämen die jungen Männer auch mit Fragen zu ihm. „So wird man auch zum Kulturvermittler. Im Kreis setzen geht da nicht.“Und ja, es sei schon vorgekommen, dass tschetschenische Sportler „Allahu Akbar!“gerufen hätten. Dass das nicht geht, habe dann die tschetschenische Community geklärt. „Da braucht es“, sagt er, „eine starke Hand.“