Die Presse am Sonntag

The Boat Race: Tradition der Schlagzahl

Der Ruderhit Oxfor© gegen CŻmbri©ge begeistert entlang der Themse, der Linzer Clemens Auersperg trägt stolz Hellblau.

- VON MARKKU DATLER

The Boat Race – es gibt viele Klassiker in der Welt des Sports und der Rudervergl­eich auf der Themse zwischen den Universitä­ten Oxford und Cambridge ist wohl einer der herausrage­ndsten. Haben die jeweils acht Mann – die Hellblauen aus Cambridge und die Dunkelblau­en aus Oxford –, in ihren Booten Platz genommen, gibt es auf den Straßen Londons kein Durchkomme­n mehr. Dann strömen die Massen zum Fluss, suchen sich zwischen Picknickgä­sten, Merchandis­ing-Ständen und auf diversen Pubterrass­en den besten Platz, um den Ruderklass­iker live zu sehen.

Am heutigen Ostersonnt­ag wiederholt sich (ab 16.50 Uhr, live Servus TV) dieses Spektakel, die 162. Auflage des seit 1829 gelebten Duells steht auf dem Programm. Und wie schon im Vorjahr ist abermals ein Österreich­er mit von der Partie im Prestigere­nnen über 6,779 Kilometer: Nach Alexander Leichter wird Clemens Auersperg diese Ehre zuteil. Der Linzer ragt aus dem kompletten Feld ohnehin heraus, er misst 2,04 Meter, bringt 90,4 Kilogramm auf die Waage und ist trotz des „Schrank-Mankos“kein Ballast für die Cambridge-Crew, im Gegenteil. Er sitzt auf Position vier und wähnt sich als „wahre Kraft im Maschinenr­aum“. Lon©on wir© »nŻrrisch«. Auersperg, dem Modellathl­eten vom RV Wiking Linz, soll gelingen, was seinem Linzer Klubkolleg­en im Vorjahr verwehrt geblieben ist: der Sieg. Als CambridgeK­apitän musste er sich geschlagen geben, in der Gesamtbila­nz führen die Hellblauen mit 81:79, einmal gab es ein Remis. Er sagt: „Wir haben mit Oxford eine Rechnung offen. Ich möchte unsere Negativser­ie beenden und als erster Österreich­er als Sieger beim Boat Race vom Wasser gehen!“

Aber, was ist dieses Rennen eigentlich und warum macht es England im wahrsten Sinn des Wortes jährlich auf ein Neues „narrisch“? Die Idee hatten 1829 Charles Merivale (Cambridge) und Charles Wordsworth (Oxford) und seitdem läuft das Rennen von Putney flussaufwä­rts nach Mortlake; Klassiker Am Ostersonnt­ag prägen nur zwei Ruderboote den Schiffsver­kehr auf der Londoner Themse. und Hotspots zwischen Putney und Chiswick Bridge sind crowded, also heillos überfüllt. Im Vorjahr wurden 250.000 oder noch viel mehr Menschen entlang der Strecke vermutet. Nach 17:34 Minuten ist das Spektakel im Vorjahr gelaufen, Leichters Lehren und Erfahrunge­n haben Auersperg geholfen, das knallharte Auswahlver­fahren zu überstehen und einen der heiß begehrten Startplätz­e im Achter mit Steuermann zu erkämpfen. Im Vorjahr war er im B-Boot unterwegs, jetzt sitzt er mitten im Geschehen. „Wir haben gemeinsam mit dem Rudern begonnen. Seine Tipps, wie man es ins Boot schafft, waren extrem hilfreich.“

Für Auersperg, einen angehenden Master in Finanz- und Wirtschaft­sgeschicht­e, erfüllt sich ein Traum. Andere loben Olympia und WM als höchstes Ziel aus, er würde gewiss Gleiches tun, doch hat er im Vierer ohne Steuermann mit Leichter, Seifriedsb­erger und Querfeld die Qualifikat­ion für Rio de Janeiro sogar recht deutlich verpasst. Doch nun ist es dieses Event in London, das begeistert und die Namen der Starter auf einem Schild im jeweiligen Bootshaus verewigt sieht. Unter der Rubrik „Won“oder „Lost“. NŻtürlich, immer Dr. House! Damit auch tunlichst jeder Griff und Schlag sitzt, wird ein halbes Jahr lang täglich eisern trainiert. Tagwache ist in Eton, abgeschott­et von neugierige­n Beobachter­n, Gegnern und Freundinne­n, um fünf Uhr früh, ab 5.30 Uhr sitzen alle in einem Boot und bis Einbruch der Dunkelheit sind gewiss fünf Stunden vergangen, in denen nur gerudert wurde. So wahrt man zumindest den Mythos in den Erzählunge­n, in denen freilich auch das karge Dasein mit dem Zusammenle­ben auf engstem Raum, dem Schlafen in (zu kurzen) Stockbette­n und auf harten Matratzen nie fehlen darf. In dieser Geschichte geht es nicht um Geld, sondern um Prestige, Ehre. In dieser Story dürfen freilich auch Stars, die diesen Klassiker bestritten haben, nicht fehlen. Matthew Pinsent etwa, der zwischen 1992 und 2004 viermal Olympia-Gold gewann, Tim Foster (Vierer ohne Steuermann, 2000 in Sydney), Luka Grubor (Achter, 2000 in Sydney) und Ed Coode (Vierer ohne Steuermann, 2004 in Athen). Und, natürlich Dr. House. Der in Oxford geborene Hugh Laurie war 1980 auf der Themse unterwegs, allerdings für Cambridge. Sieglos, wie Leichter – und Auersperg?

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