CHRISTOPH LEITL
Präsident der Wirtschaftskammer Österreichs stoppt wurde. Nun darf die OMV sich wieder freuen, brachte man doch am Freitag in Sankt Petersburg einen neuen Deal mit Gazprom auf Schiene, diesmal räumlich getrennt und fünf Tage vor dem Politikerbesuch: Der Ölkonzern wird künftig mit knapp 25 Prozent an einer gemeinsamen Gasförderung in Sibirien beteiligt. Im Gegenzug dazu soll Gazprom Anteile an der Ölförderung der OMV in der Nordsee erhalten.
Für Fischer ist die Vertretung heimischer Wirtschaftsinteressen ein wesentlicher Motor seines außenpolitischen Handelns. Deutlich wurde dies auch im Iran, wo der Bundespräsident als erster Staatschef eines EU-Landes seit Verhängung der internationalen Sanktionen im vergangenen September eintraf. Dass Staatschef Hassan Rohani diese Woche seinen Besuch in Wien in letzter Minute platzen ließ, war da umso ärgerlicher. Während Wien gesamteuropäische Positionen nicht unbedingt mit Verve verfolgt, ist man bei der Durchsetzung bilateraler Interessen umso energischer. Dies führte zuletzt Reinhold Mitterlehner in Moskau vor. Der Vizekanzler agierte als Wirtschaftslobbyist, der die EU-Sanktionen gegen Russland lieber heute als morgen abschaffen würde. Die heimische und die russische Businesselite applaudierten. Politische Themen. Im Präsidentenamt spricht man von einem zweitägigen Arbeitsbesuch am 5. und 6. April, bei dem politische Themen im Vordergrund stehen werden. Der Bundespräsident wird im Vieraugengespräch mit Putin, für das eine Stunde anberaumt ist, über aktuelle Themen wie den Krieg in Syrien, den Ukraine-Konflikt und natürlich die bilateralen Beziehungen parlieren. Ebenso wird er Premierminister Dmitrij Medwedjew und den Vorsitzenden der Staatsduma, Sergej Naryschkin, treffen. Naryschkin befindet sich auf der EUSanktionsliste.
Mehrere Minister sind in Fischers Gefolge: Außenminister Sebastian Kurz, Justizminister Wolfgang Brandstetter und Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter sowie Digital-Staatssekretärin Sonja Steßl. Abkommen werden nicht unterzeichnet. Für die diesmal fehlende Wirtschaftsdelegation springt Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl ein. Leitl ist der wohl lauteste Stimmungsmacher gegen die Sanktionen und rennt damit in Moskau offene Tü- ren ein. Leitl nennt die EU-Sanktionen im Gespräch mit der „Presse“„unsinnig“und gibt sich als professioneller Brückenbauer und Gesprächstherapeut in Businessdingen. Bei Putins Auftritt in der Wirtschaftskammer umgarnte er den russischen Präsidenten derart, dass es diesem fast zu viel wurde. Die „sensible“russische Seele. Als Bekräftigung für sein Argument kann der Wirtschaftskammerchef auf die negative Handelsbilanz verweisen: Um 39 Prozent sind in den ersten drei Quartalen 2015 die Exporte österreichischer Betriebe nach Russland gesunken. Im Länderranking der Bedeutung für den Außenhandel ist das Land von Platz elf auf 15 gerutscht. „Wer die russische Seele kennt, weiß, dass die Zerstörung des Vertrauens das Schlimmste für sie ist“, sagt Leitl mit Pathos.
Folgt man Leitls Logik, dann trägt die Sanktionspolitik der EU die Hauptschuld an Russlands Wirtschaftsmisere. Doch lässt das außer Acht, dass das Straucheln der russischen Wirtschaft zum geringeren Teil den Sanktionen zu verdanken ist. Der Großteil der Proble-