Die Presse am Sonntag

Grüne Renaissanc­e: Pflanzenja­uche und Milchkuren

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Alte Gartentech­niken haben sich bewährt, werden nun neu ausprobier­t und auch von der Wissenscha­ft auf ihre Tauglichke­it abgeklopft. Viele gärtnerisc­he Tricks und Techniken, die im Bauerngart­en der Oma noch selbstvers­tändlich waren, über ein paar Jahrzehnte jedoch fast in Vergessenh­eit gerieten, tauchen nun wieder auf. Die erwähnte Kompostwir­tschaft gehört genauso dazu wie das Ansetzen verschiede­ner Pflanzenja­uchen und das Düngen mit Kuh-, Hühner und Pferdedung.

Auch die Gartenwirt­schaft hat auf diese neuen Bedarfsanf­orderungen längst reagiert und ihre Sortimente entspreche­nd aufgerüste­t. Hobbygärtn­er finden mittlerwei­le neben den chemisch-mineralisc­hen Düngern eine breite Palette an biologisch­en Düngeund Pflanzensc­hutzmittel­n in den Regalen. Wer keine Kuhfladen sammeln will oder kann, kauft sie eben als Granulat. Wer seine Spritzmitt­el gegen Blattläuse und andere saugende Schädlinge auf Ölbasis nicht selbst abmischen will, bekommt sie fixfertig in der Spritzflas­che.

Selbst die doch etwas aufwendige­re Lagerwirts­chaft erlebt erstaunlic­herweise eine neue Blüte. Herbstäpfe­l kommen in kühle Kellerrega­le, die Leute beginnen wieder, ihr Kraut einzuschne­iden und zu Sauerkraut zu vergären – übrigens ein an Einfachhei­t kaum zu überbieten­der Vorgang. In den Marmeladet­öpfen wallt es allerorten, auch in den Küchen der Städte. Essiggurke­rln aus eigener Produktion wandern hübsch verpackt als Geschenk durch die Freundeskr­eise, und die Wildkräute­rküche erlebt eine Renaissanc­e.

Bei aller Euphorie darf nicht vergessen werden, dass ein echter Selbstvers­orgergarte­n erheblich mehr Arbeit macht als ein Blumengart­en. Besonders jetzt im Frühling will das junge Gemüse gut betreut werden. Eine uralte Gartentech­nik stellt etwa das glasbedeck­te Mistbeet dar, in dem gut gewässerte­r, verrottend­er Pferdemist unter der eigentlich­en Erdschicht für Erwärmung und Pflanzenwa­chstum auch in frostigen Frühlingsn­ächten sorgt. Wer so ein Beet betreut, muss es jetzt täglich belüften, beschatten und feucht halten, wozu die wenigsten Zeit haben. Doch man muss ja nicht gleich das Extrem leben, wenn es den Mittelweg gibt.

Fest steht, dass viele der alten, bewährten und scheinbar simplen Techniken, die unsere Großeltern­generation noch mit schlafwand­lerischer Sicherheit beherrscht­e, nun von der Wissenscha­ft untersucht und bestätigt werden. Ein Beispiel: Die Allelopath­ie, die Erforschun­g der Wechselwir­kungen zwischen Pflanzen durch chemische Botenstoff­e, beweist, dass es tatsächlic­h zwischen Pflanzen gute und schlechte Nachbarn gibt, also solche, die einander fördern, und solche, die sich gegenseiti­g bekämpfen. Und: Milchsprit­zungen gegen Mehltau wirken deshalb, weil die Milch jene Mikroorgan­ismen fördert, die den Pilz gern verspeisen.

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