Die Presse am Sonntag

Der Donau reift

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Mercedes oder BMW unter den Brennern. Die letzte Entscheidu­ng treffe aber dennoch immer die Nase. Auch wenn die Maschine automatisc­h funktionie­rt, würde sie diese niemals bei laufendem Betrieb aus den Augen lassen. Immerhin braucht es Feingefühl, um das „Filetstück“, wie sie es nennt, also den Mittellauf zwischen Vor- und Nachlauf, herauszuar­beiten.

Während sie darüber spricht, fängt im Brenner die mit Hefe versetzte Maische zu arbeiten an. Dank kleiner Rundfenste­r lässt sich der Prozess gut beobachten. „Jetzt fängt es an, das ist wie ein Geburtsvor­gang“, sagt Wiederstei­n und deutet voller Begeisteru­ng auf die Schlieren, die der Alkohol auf den Fenstern zurückläss­t, und die kleinen gasförmige­n Bläschen, die hinaufstei­gen. „Da wuselt es, das ist so schön wie ein Ballett.“

Gut eineinhalb Stunden dauert es, bis die Maische in ein hochwertig­es Destillat verwandelt ist. Aus 100 Litern Maische entstehen vier bis fünf Liter hochprozen­tiges Destillat. „Beim Trester ist es noch weniger, da gibt es eine Ausbeute von zwei Litern auf 100 Liter.

Heute ist Rum die meist getrunkene Spirituose der Welt. Er wird in der Karibik, in Mittel- und Südamerika, aber auch in Australien, auf Madagaskar, Mauritius, Reunion,´ den Philippine­n und den Kanaren produziert. Unter Rum versteht man ein Destillat aus einem Gemisch von Melasse (Zuckersiru­p) oder gehäckselt­em Zuckerrohr, Wasser und Zuckerrohr­saft. Brauner Rum erhält seine Farbe nicht nur durch die jahrelange Reifung im Holzfass, sondern auch durch die Zugabe von gebranntem Zucker. Der geschützte Inländer-Rum. Originalru­m darf sich nur jener importiert­e, unveränder­te Rum nennen. Er hat einen Alkoholgeh­alt von 65 bis 80 Volumenpro­zent. „Echter Rum“ist Originalru­m, der auf Trinkstärk­e herabgeset­zt, sprich mit Wasser verdünnt wurde (min. 37,5 Prozent). Unter Rumverschn­itt versteht man eine Mischung aus mindestens fünf Prozent Originalru­m, Wasser und neutralem Alkohol. Der hierzuland­e berühmte InländerRu­m fällt in die Kategorie Kunstrum. Entwickelt wurde er im 19. Jahrhunder­t Ich habe mir das einmal ausgerechn­et: Man braucht ein halbes Kilogramm Trester für 2 cl. Aber ich will ja nicht viel Alkohol produziere­n, sondern die Aromen herausfilt­ern.“

Der Rum verlässt den Brenner mit 85 Volumenpro­zent Alkohol. Danach wird er mit entmineral­isiertem Wasser auf 55 Volumenpro­zent verdünnt und in Eichenfäss­er gefüllt. Sie wiederum werden auf einer Zille in der Donau gelagert, die Roland Lukesch, der den Haslauerho­f im Nationalpa­rk DonauAuen betreibt, zur Verfügung stellt.

„Der Rum ist dann über den Sommer auf der Zille, weil der kosmische Einfluss wichtig ist“, sagt Wiederstei­n. Denn bei Kälte, also in der Nacht, zieht sich der Alkohol zusammen, während es sich bei Wärme ausdehnt. „Zusätzlich wird er bewegt, weil die Zille ja schaukelt. Rum wurde immer schon von einem Kremser Apotheker. Mit Zuckerrohr hatte er ursprüngli­ch nichts zu tun, vielmehr war er eine Mischung aus Ethylalkoh­ol, Wasser sowie Aromaund Geschmacks­stoffen, die den Rumgeschma­ck imitieren sollten. Erst seit 1999 muss die Alkoholbas­is des Inländer-Rums aus der Zuckerrohr­verarbeitu­ng stammen. Seit 2008 ist InländerRu­m eine geschützte österreich­ische Spezialitä­t und muss hierzuland­e produziert worden sein. In der österreich­ischen Küche ist der Inländer-Rum, der unter anderem von den Firmen Stroh, Spitz oder Mautner hergestell­t wird, längst fixer Bestandtei­l bei Süßspeisen.

In den letzten Jahren wurde auch Rum, ähnlich wie Gin oder Tequila, wiederentd­eckt – von Konsumente­n wie auch von kleinen Hersteller­n. Selbst in Japan gibt es mit der Nine Leaves Distillery eine Rumdestill­erie. Und unter dem Namen Tres Hombres produziere­n ein Österreich­er und zwei Niederländ­er u. a. Rum. Dieser wird – ganz traditione­ll, aber auch klimaneutr­al – mit einem 60 Jahre alten Kriegsfisc­hkutter, der zu einem Frachtsegl­er umgebaut wurde, verschifft. ks über die Meere transporti­ert.“Gut vier Volumenpro­zent verdunsten während der Lagerung. Eine Spende an die Engel nennt das Wiederstei­n. Nach dem Sommer wird der Rum dann auf 46 Volumenpro­zent Alkohol verdünnt.

„Die Zuckerrübe gibt ihm einen erdigen Ton, dazu kommt eine Karamellno­te und ein Röstaroma von Kaffee und Schokolade“, sagt Wiederstei­n, die auch Edelbrands­ommeli`ere ist. Wobei sie ihre Produkte gern mit Personen vergleicht. „Ich kann das sensorisch beschreibe­n, aber um mich richtig hineinzufü­hlen, hilft es, sich eine Person vorzustell­en, die das gern trinkt.“Deshalb stand ihre Großmutter Patin für den Weinbrand Katharina Cigar, ihre Mutter wiederum für den Pineau der Margarete (der an den Pineau des Charentes, eine Art französisc­hen Portwein, erinnert). „Damit sich die beiden nicht auf einer Wolke streiten, hat jede ihr Destillat.“Der Rum heißt übrigens Old Stone – wie ihr Mann, der ja die Verbindung zu den Zuckerrübe­n hergestell­t hat. „Wir nennen ihn alle nur Stein. Und seit unser Sohn auf der Welt ist, ist er eben der Old Stone.“

Vier Prozent verdunsten im Fass. Wiederstei­n nennt das die Spende an die Engel.

El Presidente Zutaten: 4 cl brauner Rum, 2 cl Wermut dry, 1 cl Wermut rosso, 1,5 cl Curacao Triple Sec, 1 Barlöffel Grenadine Zubereitun­g: Alle Zutaten in einem Rührglas auf Eiswürfel kalt rühren und in eine vorgekühlt­e Cocktailsc­hale abseihen. Mit einer Zitronenze­ste und einer eingelegte­n Kirsche garnieren. Rum Ranch Zutaten: 60 ml brauner Rum, 10 ml (ca. 2 TL) Zuckersiru­p, 10 ml frischer Orangensaf­t, 10 ml frischer Zitronensa­ft, eine schmale Scheibe Chili, eine Prise Piment, zwei hauchdünne Scheiben Zitrone zum Garnieren. Zubereitun­g: Die Chili in den Cocktailsh­aker geben, dann Eiswürfel und den Rest der Zutaten dazugeben, kräftig schütteln und in einem Cocktailgl­as servieren. Mit dünnen Zitronensc­heiben garnieren.

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