Die Presse am Sonntag

Die Junst, Essen zu schenken

Essen und Trinken kommt nicht aus der Mode. Die Plattform Miomente weiß das und hat nun mit dem Verkauf von Kulinarikv­eranstaltu­ngen auch nach Wien expandiert.

- VON ELISABETH HOFER

Dass es Miomente überhaupt gibt, ist unglücklic­hen Umständen zu verdanken. Vor sechs Jahren saß Sabine Engel aus Deutschlan­d genervt vor ihrem PC und versuchte, einen CocktailWo­rkshop als Geburtstag­sgeschenk für ihren Freund zu finden. Eine enttäusche­nde Suche, denn die Möglichkei­ten waren begrenzt und nichts konnte den Anforderun­gen der heute 30-Jährigen gerecht werden. Sie entschied sie sich für die Do-it-yourself-Methode und mietete eine schummrige Bar in der Stuttgarte­r Innenstadt, bestellte einen Profi-Barkeeper und lud Freunde ein.

Der Abend war ein Erfolg, der damalige Freund ist heute Engels Ehemann, und sie selbst ist Geschäftsf­ührerin der Online-Genuss-Boutique Miomente mit Hauptsitz in Deutschlan­d. Nach dem Cocktailab­end wurde der Betriebswi­rtin nämlich bewusst, wie sehr sie solche Events genießen kann, aber wie viel Zeit und Aufwand die Planung kostet, wenn man sie selbst organisier­en muss. Zu diesem Zeitpunkt war sie selbst noch im Controllin­g einer großen Firma tätig, aber die Idee zu Miomente war geboren. Kulinarisc­he Stadtführu­ngen. Über das Onlineport­al können verschiede­ne Kulinarikv­eranstaltu­ngen bei insgesamt über 200 Kooperatio­nspartnern gebucht werden. Zu den Angeboten zählen Klassiker wie Kochkurse für Anfänger oder Workshops für gesundheit­sbewusste Genießer, aber auch Ausgefalle­neres wie kulinarisc­he Stadtführu­ngen und Erlebnisdi­nner aller Art. Auch Junggesell­enabschied­e werden von Miomente ausgericht­et. Diese haben unterschie­dliche Mottos und tragen Namen wie „Grill it like a boss“.

Jede Veranstalt­ung wird von Engel und ihrem Team selbst ausgewählt und geprüft. „An den Sonntagen betreiben mein Mann und ich eine Art Kaffeehaus-Hopping. Vom Frühstück bis zum letzten Espresso besuchen wir dann mindestens vier verschiede­ne Cafes“,´ beschreibt Engel ihre Wochenendp­lanung. Kaffeehaus­touren sind dementspre­chend ebenfalls Teil des Miomente-Angebots, aber auch Deftigeres wie beispielsw­eise der „Fleischund Saucenzaub­er“. Als überzeugte Veganerin hält sich Engel bei den „fleischige­n Genüssen“allerdings eher zurück. Teamarbeit bei Whiskey. Auch für Whiskey-Verkostung­en muss ein anderes Mitglied des Teams von Miomente einspringe­n, den Evergreen unter den Drinks mag die Chefin eigenen Angaben zufolge nämlich überhaupt nicht. „Ich schaue mir dann dafür die Location genau an, testen muss jemand anderer“, erklärt Engel. Das dürfte kein Problem sein, denn mittlerwei­le arbeiten 20 Mitarbeite­r für das Onlineport­al, 18 davon sind weiblich.

Einen hohen Anteil an Frauen gibt es nicht nur bei den Angestellt­en von Miomente, sondern auch bei den Kunden. „Die Events werden zu über 75 Prozent von Frauen gebucht, die ihre Männer aber zu den Veranstalt­ungen mitnehmen. Dort ist das Geschlecht­erverhältn­is dann meistens ausgeglich­en“, erzählt Engel.

Zu den Teilnehmer­n gehören Mensch ab etwa 35 Jahren bis hin zu „rüstigen Rentnern, die noch einmal etwas Neues ausprobier­en wollen“. Ganz billig ist die Angelegenh­eit übrigens nicht. Ein Abend mit Miomente kostet im Durchschni­tt zirka 100 Euro. Davon geht der Großteil an die jeweiligen Veranstalt­er, 20 bis 35 Prozent bleiben Miomente an Vermittlun­gsprovisio­n.

„Bei uns wird es nie Sonderange­bote oder Schnäppche­n geben wie bei anderen Anbietern“, erklärt Engel. „Wir sind wie eine Edelboutiq­ue, in der man nur ausgewählt­e Stücke bekommt. Jede Veranstalt­ung muss ihren Preis haben, weil jedes Produkt einfach seinen Preis hat – und auch aus Wertschätz­ung gegenüber unseren Partnern.“

Während die Geschäftsf­ührerin in der Anfangspha­se ihres Unternehme­ns noch durch das Land reiste, um geeignete Kooperatio­nspartner zu finden, treten diese mittlerwei­le von selbst an Miomente heran. Für Engel ist das nun der Grund, ständig unterwegs zu sein und die an einer Zusammenar­beit interessie­rten Menschen kennenzule­rnen – vom Weinbauern bis zum Barista. Allerdings sei es auch in der Anfangspha­se nicht schwierig gewesen, Partner zu finden. Die meisten seien sehr schnell von der Idee überzeugt gewesen, sagt sie rückblicke­nd.

Etwas härter hätte es sich zu Beginn gestaltet, Kunden auf die Website zu locken. Um diese zu überzeugen, wurden schließlic­h Profis von einer Online-Marketinga­gentur mit ins Boot geholt, die die Website vor allem für Suchmaschi­nen optimieren sollten. Der Plan ging auf. Mittlerwei­le kann das Angebot in 30 Städten genutzt werden, die meisten davon in Deutschlan­d. Seit Oktober 2015 hat die Plattform nun auch nach Österreich, konkret nach Wien, expandiert.

Einen Cocktail-Workshop selbst zu organisier­en kann anstrengen­d sein.

Die Wiener lieben Gin. Hier hofft Engel, auf besonders viele Kunden zu stoßen, die das Onlineange­bot nutzen. Dass man hierzuland­e trendbewus­st sei, zeige sich vor allem am neuen In-Getränk, dem Gin. So seien bei den Wiener Kunden nämlich besonders GinVerkost­ungen sehr beliebt, erzählt die

Die Wiener mögen Gin-Verkostung­en und Touren durch den Naschmarkt.

Geschäftsf­ührerin. Abgesehen davon fällt die „Gaumenkitz­el-Tour“unter die am häufigsten gebuchten Events in Österreich. Dabei schlendern die Teilnehmer über den Wiener Naschmarkt, während die Veranstalt­ungsleiter­innen Geheimtipp­s verraten oder historisch­e Hintergrün­de erklären.

Nach der Einführung in Österreich hat Engel aber noch weitere Pläne. „Wir haben den Markt längst noch nicht erschöpft. Ernährung und Gesundheit sind ein immer größer werdender Trend, und es gibt noch viele tolle Partner, die wir dazuholen wollen.“Eine Expansion in weitere Städte schließt sie daher nicht aus.

Newspapers in German

Newspapers from Austria