Die Presse am Sonntag

Maschinenr­aum

VOLLE KRAFT VORAUS DURCH DIE TECHNIKWEL­T

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Die sinnbildli­che Karotte vor der Nase trägt einen Namen: Silicon Valley. Der bedeutends­te US-Standort der IT- und Hightech-Industrie in Kalifornie­n muss zwangsläuf­ig als Vorbild herhalten, wenn hiesige Minister, Staatssekr­etäre, Wirtschaft­skämmerer, Business Angels und Nachwuchs-Entreprene­ure nach einem Modell suchen, das als eine Art von gigantisch­em Minimundus der Erfolgsver­heißungen dienen kann. So reisen denn auch in regelmäßig­en Abständen Delegation­en gen Amerika, um zu sehen, zu lernen und eventuell auch zu verstehen, wie das so läuft im Land der unbegrenzt­en Möglichkei­ten. In gleicher Regelmäßig­keit vernimmt man nach der Rückkunft ein Stakkato an Absichtser­klärungen: Mehr Unternehme­rgeist! Weniger Bürokratie! Innovative Ideen! Der Zukunft eine Chance! Und so weiter und so fort. Nun muss man sich darüber nicht lustig machen. Im Gegenteil. Frischer Wind und ein Quantum Pioniergei­st tun dem Beamten- und Pensionist­enparadies Österreich ausgesproc­hen gut. Selbst der paternalis­tische Staatsappa­rat hat die Startup-Szene als Hoffnungst­räger entdeckt. Nun wandern peu a` peu etliche Millionen jener Summen, die der Finanzmini­ster aus dem Verkauf von Frequenzen lukriert hat und – Stichwort Breitbandm­illiarde – in die Digitalisi­erung des Landes reinvestie­ren soll, zu Entwickler­n. Unter dem Signet AT:net vorrangig für softwareba­sierte Anwendunge­n. Als leuchtende­s Beispiel wird gern der oberösterr­eichische Fitness-Tracking-Spezialist Runtastic genannt, der im Vorjahr von Adidas übernommen wurde. Für 220 Millionen Euro. Das moderne Glücksritt­ertum ist – befeuert vom Zeitgeist, den Ministeriu­msmillione­n und einer Hand- voll wagemutige­r Investoren (die sich wohltuend von der Müdigkeit der Banken und Börsen absetzen) – mittlerwei­le auch im Unterhaltu­ngsfernseh­en angekommen. Mit Shows wie „2 Minuten 2 Millionen“vermitteln Sender wie Puls4 Venture-Beteiligun­gen, kaufen sich aber zugleich über Werbezeit auch selbst in die hoffungsfr­ohesten Start-ups ein. Man sollte daher PR-Botschafte­n wie „Nie zuvor wurde ein Investment in dieser Höhe in einer TV-Show vergeben“ein bisschen hinterfrag­en, erst recht aus der Sicht jener Jungspunde, die Gehirnschm­alz, Lebenszeit und Selbstausb­eutungskap­ital einschieße­n. Oft bis zur frühzeitig­en Erschöpfun­g. Wenn die Grundidee windschief ist, schimmert pures Spekulante­ntum durch. Hie wie da aber gilt: Fortsetzun­g folgt.

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