Am Herd
BRANDHEISS UND HÖCHST PERSÖNLICH
Die Autos von heute sind von einer Hässlichkeit, die kaum zu übertreffen ist. Von wegen: Form follows function. Hier ruiniert die Zweckmäßigkeit die Ästhetik.
Wie ich zu Autos stehe? Das erkläre ich am besten so: Bei der Führerscheinprüfung vor zehn Jahren hatte ich erstens keine Ahnung, in welchem Automodell ich gerade saß, ich kannte nur dessen Farbe: schwarz. Das war peinlich. Zweitens, noch peinlicher, wusste ich nicht, wie der Fensterheber funktioniert. Was prinzipiell egal gewesen wäre, so etwas gehört ja nicht explizit zum Prüfungsstoff. Das Problem war nur, dass durch eine unbedachte Bewegung meinerseits beim Einstellen des Seitenspiegels plötzlich das linke Fenster runterfuhr. Im Jänner! Das wollte ich natürlich wieder rückgängig machen, also drückte ich ohne lang zu überlegen auf den Knopf unmittelbar daneben. Kam mir logisch vor. Nur leider ging dadurch das rechte Fenster auch noch auf! Da saß ich dann, zunehmend panisch, und versuchte es mit dem Knopf darunter; darunter war aber erst wieder falsch, und so saßen mein Fahrlehrer, der Prüfer und ich bei minus zwei Grad in einem Wagen mit drei sperrangelweit offenen Fenstern.
Nein, das vierte Fenster habe ich nicht auch noch runtergelassen, ich bin ja nicht blöd. Und ja, ich bin durchgefallen. Orangefarbener Mini-Cooper. Man sieht: Ich hasse Autos. Dabei war das nicht immer so. Ich mochte zum Beispiel den Mini-Cooper meiner Mutter. Der war knallorange und passte zu ihr. Und den BMW meines Stiefvaters fand ich auch schwer okay. Er war grün. Und zwar nicht moosig oder trachtig dunkelgrün, sondern lindgrün-metallis´e.´ Der funkelte in der Sonne!
Autos sind das beste Beispiel dafür, dass das Prinzip Form follows function nicht stimmt: Seit Jahrzehnten arbeiten die Ingenieure daran, dass die Schlitten windschlüpfriger werden und leiser, dass sie weniger Sprit verbrauchen und besser auf der Fahrbahn liegen, sie haben die Knautschzonen perfektioniert und die Abgaswerte. Mit dem Ergebnis, dass mittlerweile alle Autos gleich aussehen, nämlich wie arg zerdepschte Ostereier, die ein deprimierter Hase in die Finger bekommen und schwarz, grau, dunkelblau oder im originellsten Fall schlammfarben angemalt hat. Gut, hin und wieder findet sich ein rotes Ei. Aber bei einem orangefarbenen oder himmelblauen kann man sicher sein, da macht einer Werbung für Lacke.
So erklärt sich auch die Existenz automatischer Türöffner. Ich meine, die ergeben nicht den geringsten Sinn, wer soll schon Interesse daran haben, sein Fahrzeug aus zwanzig Metern Entfernung zu entsperren? Nein, diese automatischen Türöffner, davon bin ich überzeugt, wurden in Wirklichkeit erfunden, damit die Menschen unter all den grau-schwarz-dunkelblauen Depscheier-Autos ihr eigenes wiederfinden.